Interview

Ligsalz8-Mitgründer: "Bei uns bleiben die Mieten gleich"

Die Ligsalz8 ist das einzige fertige Haus in München, das zum Mietshäuser Syndikat gehört. Wie es funktioniert, erklärt einer der Gründer.
Laura Meschede |
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Die Ligsalz8 hebt sich deutlich von den Nachbarhäusern ab. Hier wird anders gewohnt als im Rest der Stadt - denn das Haus ist selbstverwaltet.
Die Ligsalz8 hebt sich deutlich von den Nachbarhäusern ab. Hier wird anders gewohnt als im Rest der Stadt - denn das Haus ist selbstverwaltet. © Daniel von Loeper

München - York Runte hat 2008 die Ligsalz8 mit aufgebaut, das erste Syndikatshaus Münchens. Ein Gespräch über selbstverwaltetes Wohnen, die Struktur des Mietshäuser Syndikats und den Immobilienmarkt in München.

York Runte (r.) mit den zwei Mitstreitern aus der Anfangszeit der Ligsalz8, Achim Rath und Sabine Herrmann.
York Runte (r.) mit den zwei Mitstreitern aus der Anfangszeit der Ligsalz8, Achim Rath und Sabine Herrmann. © imago images / Michael Westermann

AZ: Herr Runte, selbstverwaltet und günstig wohnen: Dafür, wie verlockend das in einer Stadt wie München klingt, gibt es hier ziemlich wenige Mietshäuser-Syndikats-Projekte. Woran liegt's?
YORK RUNTE: Am Münchner Immobilienmarkt, natürlich. Die Preise, die da inzwischen verlangt werden, machen Syndikatsprojekte sehr schwierig. Denn das Mietshäuser Syndikat hat ja den Anspruch, bezahlbares Wohnen zu ermöglichen. Aber wenn es Millionen kostet, ein Haus zu kaufen, dann schlägt sich das eben erst einmal auch in den Mieten nieder.

"Wir zahlen seit 2008 den gleichen Preis"

Das heißt, in München sind günstige Mieten einfach nicht möglich?
Naja, langfristig schon. Zumindest vergleichsweise. Als wir zum Beispiel 2008 in die Ligsalz8 eingezogen sind, da haben wir acht Euro Miete pro Quadratmeter gezahlt. Da meinten damals viele Leute zu uns: "Naja, superbillig ist das aber nicht." Und das stimmte auch. Aber: Bei uns sind die Mietpreise gleich geblieben. Weil wir das Haus eben dauerhaft dem Markt entzogen haben. Während um uns herum überall die Mietpreise explodiert sind, zahlen wir noch genauso viel wie am Anfang. Unsere Nachbarinnen und Nachbarn links und rechts von uns zahlen inzwischen das Doppelte.

Woher kommt die Idee der Syndikats-Häuser überhaupt?
Das Mietshäuser Syndikat ist in den 80er Jahren in Freiburg aus der Hausbesetzer-Szene entstanden. Die Hausbesetzer standen damals vor dem Problem, dass ihre Häuser einen unsicheren rechtlichen Status hatten. Um das zu ändern, wollten sie die Häuser kaufen - und zwar so, dass sie nie wieder dem Spekulationsmarkt zur Verfügung stehen würden. Dieses Prinzip hat sich bis heute erhalten.

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Alle Bewohner sind Eigentümer

Wie wird das sichergestellt?
Indem die Häuser dem privaten Eigentum entzogen werden, sodass man mit ihnen kein Geschäft mehr machen kann. Das fällt den Leuten oft schwer zu begreifen, weil die Idee, dass Häuser jemandem gehören müssen, ist so tief verwurzelt. Ich halte oft Vorträge über das Konzept, zum Beispiel vor Gemeinderätinnen und -räten und da kommt am Ende einfach immer die Frage "Wem gehören die Häuser denn jetzt?". Aber gehören ist einfach der falsche Begriff. Die Häuser "gehören" uns allen, aber wir können sie nicht verkaufen.

Das klingt schön, aber schwer vorstellbar. Rein rechtlich muss ja irgendjemand als Eigentümer der Häuser eingetragen sein - oder nicht?
Bei uns in der Ligsalz8 beispielsweise sind alle Bewohnerinnen und Bewohner Mitglied im Haus-Verein. Dieser Haus-Verein ist Mehrheitsgesellschafter einer GmbH, der das Haus gehört. Auf diese Art "gehört" das Haus seinen Bewohnern. Gleichzeitig ist die Mietshäuser Syndikats GmbH Minderheitengesellschafter des Hauses. Damit hat sie ein Veto-Recht bei Verkäufen. Das Haus ist selbstverwaltet organisiert. Das bedeutet, wir haben einen hohen Grad an Autonomie innerhalb des Hauses - und das Mietshäuser Syndikat besitzt gleichzeitig die Möglichkeit, zu verhindern, dass das Haus verkauft wird. Auf diese Art sind alle Syndikats-Häuser aufgebaut.

Und wem gehört nun die Mietshäuser Syndikats GmbH?1
Der einzige Gesellschafter der Mietshäuser Syndikats GmbH ist der Mietshäuser-Syndikats-Verein. Der Verein hat 1200 Mitglieder, darunter Einzelpersonen und Projekte. Was uns eint, ist die Überzeugung, dass Wohnen keine Ware sein sollte. Mit dem Mietshäuser Syndikat wollen wir ganz praktisch zeigen, dass es möglich ist, dass Häuser denen gehören, die drin wohnen.

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Hier gibt es Infos

Beim Miethäuser Syndikat kann jeder mitmachen. Wer ein eigenes Syndikats-Projekt starten möchte, kann sich auf der Seite www.syndikat.org informieren oder sich per Mail an bayern@syndikat.org beraten lassen. Und wer einfach nur die Idee unterstützen will, kann über eine Einlage von 250 Euro Mitglied im Verein Mietshäuser Syndikat werden und damit die Finanzierung neuer Projekte ermöglichen.

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  • AllesBesser am 18.10.2022 08:55 Uhr / Bewertung:

    Respekt. Es war bestimmt nicht einfach so ein Projekt zu realisieren. Und egal wie wohlwollend alle Beteiligten sind, es muss endlose Diskussionen und Abstimmungen zwischen den zahlreichen "Nicht)Eigentümer:innen gegeben haben, bevor das geklappt hat.

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