Kindergarten, Tramhäusl und ein paar Villen: Das sind Münchens neue Denkmäler

36 neue Denkmäler sind zuletzt in der Stadt München hinzugekommen. Die AZ stellt fünf von ihnen vor.
Myriam Siegert
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Das Pädagogische Institut von der Rückseite an der Marienstraße aus gesehen. Die Reliefs über dem Eingang zeigen Buchstaben, die Fenster sind mit hellen Steinen unterfangen.
Daniel von Loeper 6 Das Pädagogische Institut von der Rückseite an der Marienstraße aus gesehen. Die Reliefs über dem Eingang zeigen Buchstaben, die Fenster sind mit hellen Steinen unterfangen.
Klassischer 50er-Jahre-Stil: Eines der Mosaike über dem Kindergarteneingang an der Herrnstraße.
my 6 Klassischer 50er-Jahre-Stil: Eines der Mosaike über dem Kindergarteneingang an der Herrnstraße.
Zeugnis des alten Haidhausen: Das Haus Balanstraße 31.
Daniel von Loeper 6 Zeugnis des alten Haidhausen: Das Haus Balanstraße 31.
Hier hielt einst die Tram, heute der Bus.
Hannes Magerstädt 6 Hier hielt einst die Tram, heute der Bus.
Gauben, Erker, Veranda - dieses Landhaus unweit des Forstenrieder Parks hat alles.
Hannes Magerstädt 6 Gauben, Erker, Veranda - dieses Landhaus unweit des Forstenrieder Parks hat alles.
Die Villa in Thalkirchen wurde oft um- und ausgebaut. Vorne ist die frühere Veranda zu erkennen.
Daniel von Loeper 6 Die Villa in Thalkirchen wurde oft um- und ausgebaut. Vorne ist die frühere Veranda zu erkennen.

München - Über 900 Seiten umfasst die Liste der Denkmäler in München aktuell. Darin enthalten sind allerdings nicht nur Gebäude, sondern beispielsweise auch Bodendenkmäler. Regelmäßig kommen neue Objekte hinzu. Zur Entscheidung, ob Denkmal oder nicht Denkmal, braucht es freilich weit mehr als eine schöne Fassade.

Welche Eigenschaften ein Haus besitzen muss, um Baudenkmal zu sein, ist im Bayerischen Denkmalschutzgesetz (BayDSchG) definiert. "Denkmäler sind von Menschen geschaffene Sachen oder Teile davon aus vergangener Zeit, deren Erhaltung wegen ihrer geschichtlichen, künstlerischen, städtebaulichen, wissenschaftlichen oder volkskundlichen Bedeutung im Interesse der Allgemeinheit liegt", heißt es dort. Erfüllt ein Gebäude also diese Kriterien, ist es ein Denkmal, unabhängig davon, ob es in die Denkmalliste eingetragen ist.

Neue Denkmäler in München: Wie die Experten sie untersuchen

Zuständig für die Prüfung der Kriterien, also die Frage Denkmal oder nicht, ist das bayerische Landesamt für Denkmalschutz. Ist das der Fall, folgt der Eintrag in die Denkmalliste. Anschließend wir die jeweilige Kommune informiert und kann Korrekturen oder Einwände vorbringen.

Eine Denkmalprüfung kann aus verschiedenen Schritten bestehen, erklärt das Landesamt. Jedes Verfahren ist jedoch anders, und muss nicht all die folgenden Schritte enthalten.

Zunächst werden Hinweise über ein Objekt und seine bauliche Umgebung gesammelt, auch Literatur- und Archivrecherchen gehören freilich dazu. Oft erfolgt auch eine Begehung des Hauses, bei der Daten und Informationen gesammelt werden. Etwa Baualter, Baugeschichte und Umfang des historischen Baubestandes. Bauforscher untersuchen technische Details wie die Konstruktion eines Hauses, mit wissenschaftlichen Analysen, wie etwa der Dendrochronologie, mit der das Baualter eines Hauses durch Holzproben genau bestimmt werden kann.

Münchner Denkmalliste wird laufend aktuell gehalten

Die Denkmalliste ist das Verzeichnis aller bekannten Bau- und Bodendenkmäler. Doch auch Objekte, die nicht in der Denkmalliste verzeichnet sind, können Denkmäler sein.

Die Liste hat auch nachrichtlichen Charakter. Gibt es zu einem Denkmal neue Erkenntnisse, werden die in die Denkmalliste eingearbeitet. Einsehbar ist all das untergeoportal.bayern.de/denkmalatlas.

Denkmalwürdiger Kindergarten in der Herrnstraße

In der Altstadt, in der Herrnstraße 19 und 19a, finden sich zwei eher schlichte Bauten, die für Denkmalschützer aber dennoch interessant sind: das Pädagogische Institut und ein angegliederter Kindergarten. Letzterer, ein erdgeschossiger Riegelbau mit flachem Satteldach, ist gut zu erkennen an den verspielten Mosaiken von Eugène Max Cordier im 50er-Jahre-Stil über den Türen.

Das Pädagogische Institut von der Rückseite an der Marienstraße aus gesehen. Die Reliefs über dem Eingang zeigen Buchstaben, die Fenster sind mit hellen Steinen unterfangen.
Das Pädagogische Institut von der Rückseite an der Marienstraße aus gesehen. Die Reliefs über dem Eingang zeigen Buchstaben, die Fenster sind mit hellen Steinen unterfangen. © Daniel von Loeper

Das Pädagogische Institut, ist ein kubischer, vier- bzw. fünfgeschossiger Bau über quadratischem Grundriss mit klassizierendem Portal und Eingang mit Relief sowie zum Gebäudeinnenhof hin flachgeneigten Pultdach. Der mittig angelegte, ebenfalls quadratische Innenhof ist mit einem Natursteinbelag aus hellen Platten und dunklen Steinen so belegt, dass sich ein geometrisches Bodenmuster aus Kassetten und Kreiselementen ergibt. Die quadratischen Kippflügelfenster geben der straßenseitigen Fassade eine rhythmische Gliederung, die Fenster an der Fassade zur Marienstraße sind mit Fensterschürzen mit hellen Mosaiksteinchen unterfangen.

Klassischer 50er-Jahre-Stil: Eines der Mosaike über dem Kindergarteneingang an der Herrnstraße.
Klassischer 50er-Jahre-Stil: Eines der Mosaike über dem Kindergarteneingang an der Herrnstraße. © my

Zur Hoffassade finden sich dagegen unterschiedliche Fensterformen und Fenstergrößen mit zum Teil typisch für die 1950er Jahre filigranen Metallbrüstungen auf. Die beiden Gebäude entstanden 1958/59 nach einem Entwurf des Architekten Lois Knittelberger (1905-1981), 1960 wurden sie eingeweiht. Zu der Zeit war die Stadt München mit der dort angebotenen individuellen Bildungsberatung bildungspolitisch wegweisend.

Das Pädagogische Institut wurde ursprünglich 1952 als Pädagogische Arbeitsstätte e.V. gegründet und war die bundesweit erste Einrichtung dieser Art. Nachdem der ursprüngliche Standort des Instituts in der Sophienstraße zu eng geworden war, entschloss sich die Stadt, auf dem Grund der städtischen Handelsschule in der Herrnstraße 19 dieses neue Institutsgebäude zu bauen. Mit dieser Institution setzte sie Maßstäbe für die Bildungspolitik in der Nachkriegszeit. Hierfür ist das Gebäude ein sprechendes Zeugnis.

Die Villa des Erfinders

In Thalkirchen, an der Münchner Straße 22, findet sich eine Villa mit wechselvoller Entstehungsgeschichte, die nicht nur die sich verändernden Wohn- und Lebensvorstellungen veranschaulicht, sondern auch den sozialen Aufstieg ihres Besitzers. Schon vor 1858 ist an der Stelle ein querrechteckiges Wohnhaus in einer parkähnlichen Anlage nachgewiesen, doch seit mindestens 1885 kann der Ingenieur und Erfinder Hugo Helberger (1867-1934) als Eigentümer der Villa genannt werden.

Die Villa in Thalkirchen wurde oft um- und ausgebaut. Vorne ist die frühere Veranda zu erkennen.
Die Villa in Thalkirchen wurde oft um- und ausgebaut. Vorne ist die frühere Veranda zu erkennen. © Daniel von Loeper

Helberger war Pionier auf dem Gebiet der elektrischen Wärmewirkung und gründete 1893 die erste Spezialfabrik zur Herstellung "elektrischer Heiz- und Kochapparate". Er hielt etwa 40 kaiserliche bzw. deutsche Reichspatente. Das Laboratorium befand sich auf seinem Anwesen Münchner Straße 22. Seit 1901 ist die Villa als zweigeschossiges, längliches Satteldachgebäude mit weit auskragendem Mittelrisalit (ein Gebäudeteil, der aus der Gebäudefront hervorspringt) und Zwerchgiebel mit hohen Sockeln nachzuweisen.

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Charakteristisch: ihre rundbogig abgeschlossenen Sprossenfenster mit Holzklappläden mit einer Querlattung. Helberger ließ in diesen Jahren den Architekten Max Langheinrich einiges am Gebäude verändern, etwa eine große Veranda mit Stützpfosten, einen teilüberdachten Balkon und zwei säulengerahmte Zierbalkone anbauen. Außerdem zwei barockisierende Okulifenster ergänzen und das Haus um ein Geschoss aufstocken.

1914 ließ er das Gebäude vom Architekten Carl Jäger um einen L-förmigen Anbau erweitern. 1946 lässt Helbergers Witwe Anna die offene Veranda schließen, um ein weiteres Zimmer mit Kamin zu schaffen. Heute präsentiert sich die Villa mit Walmdach und drei Geschossen mit erhöhtem Sockel. Das Gebäude hat an der Hauptfassade zur Straße noch den Mittelrisalit mit Zwerchhaus und an der Südostseite die vermauerte Veranda mit Terrasse mit abgerundeter auskragender Balkonbodenplatte.

Wo einst die Trambahn klingelte

Auch die Nachkriegsmoderne ist denkmalwürdig, wie das ehemalige Trambahngebäude an der Waldfriedhofstraße 200. Der Pavillonbau mit flachem überstehendem Walmdach, offenen Warteräumen, Läden, Bedürfnisanstalt und Bedienstetenräumen stammt von 1950. Die Tramstrecke wurde 1993 mit Verlängerung der U6 zum Klinikum Großhadern endgültig stillgelegt.

Hier hielt einst die Tram, heute der Bus.
Hier hielt einst die Tram, heute der Bus. © Hannes Magerstädt

Das Landhaus nahe dem Stadtwald

Eingeschossiger Putzbau mit hohem Walmdach, zwerchhausartigen Gauben, breitem Standerker über segmentbogigem Grundriss und polygonaler Glasveranda mit Zeltdach, in Heimatstilformen", so ist das Landhaus an der Forstenrieder Allee 250 von 1922 beschrieben. Auch die Toranlage von 1925 ist ein Denkmal.

Gauben, Erker, Veranda - dieses Landhaus unweit des Forstenrieder Parks hat alles.
Gauben, Erker, Veranda - dieses Landhaus unweit des Forstenrieder Parks hat alles. © Hannes Magerstädt

Wohnen um 1900 in Haidhausen

Das Mietshaus in der Balanstraße 31 hat der Zimmermeister Alois Hatzl 1900 entworfen. Es ist ein Zeugnis der Wohnkultur dieser Zeit. Durch die hochwertige Ausstattung im Inneren, wie reiche Stuckierung zwischen Spätbarock und Neo-Rokoko, hat es auch künstlerische Bedeutung.

Zeugnis des alten Haidhausen: Das Haus Balanstraße 31.
Zeugnis des alten Haidhausen: Das Haus Balanstraße 31. © Daniel von Loeper

Der viergeschossige Mansarddachbau mit Erker und Zwerchhaus bildet eine bauliche Gruppe mit dem Haus Nr. 33. Die Fassaden mit den markanten baulichen Details des geschweiften, halbrund abgeschlossenen Zwerchhauses und des asymmetrischen Erkers sind nahezu spiegelbildliche Pendants.

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7 Kommentare
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  • Gelegenheitsleserin am 10.01.2024 11:14 Uhr / Bewertung:

    Leider hat wieder einmal der eine oder andere, der hier kommentiert, den Artikel nicht wirklich gelesen (oder verstanden?)...
    Es geht bei den Denkmälern nicht darum, dass sie besonders "schön" oder in besonders gutem Zustand sind. Es geht um ihre "geschichtliche, künstlerische, städtebauliche, wissenschaftliche oder volkskundliche Bedeutung".
    Ich nehme an, dass die meisten das im Detail genauso wenig beurteilen können wie ich - und deshalb sollten wir das lieber Fachleuten überlassen.

  • Shelly am 10.01.2024 12:47 Uhr / Bewertung:
    Antwort auf Kommentar von Gelegenheitsleserin

    Wenn diese Gebäude, wie Sie richtig sagen, "geschichtliche, künstlerische, städtebauliche, wissenschaftliche oder volkskundliche Bedeutung" haben, stellt sich die Frage, warum man die so runterkommen läßt.

  • tutnixzursache am 10.01.2024 08:10 Uhr / Bewertung:

    Lauter heruntergekommene Gebäude...

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