"Juden und Christen in die Hölle": Diese Stars der Salafisten-Szene kommen nach München
München - Normalerweise werden in dem Saal im Münchner Norden Hochzeiten gefeiert. Doch wenn sich hier am 9. Mai die Tore öffnen, werden die Sicherheitsbehörden genau hinschauen. Weil dann in der Heidemannstraße Stars der Salafisten-Szene zu einer "Islamischen Vortragsreihe" zu Gast sind – und das dem Vernehmen nach vor Hunderten Besuchern.
Die Fachinformationsstelle Rechtsextremismus München (Firm) hat intensiv zu dem geplanten Event recherchiert. Die Ergebnisse dieser Recherche liegen der AZ vor – und werfen ein helles Licht darauf, was da in Bayerns Hauptstadt geplant ist.
Die Firm berät Stadtpolitik und -verwaltung im Umgang mit Rechtsextremismus, hat aber auch ein Auge auf andere extremistische Strukturen, etwa islamistische. So hat sie im Herbst fundamentalistische Aussagen auf Palästina-Demonstrationen dokumentiert – und bei sieben von 13 Münchner Imamen, die einen Brief an OB Dieter Reiter (SPD) geschrieben hatten, Verbindungen zu islamistischen Strukturen oder Institutionen festgestellt (AZ berichtete).
Salafisten-Auftritt in München geplant: Wer dabei ist
Am 9. Mai soll in dem Hochzeitssaal auch der Münchner Imam Ahmad Schekeb Popal auftreten, der im Herbst Palästina-Demonstrationen organisiert hatte. Die Firm schätzte diese Demos damals als fundamentalistisch geprägt ein, verwies darauf, dass es Fotos von Popal mit einer inzwischen verbotenen Koranverteilungsgruppe gibt, er Demonstranten am 28. Oktober am Odeonsplatz mit "Kindermörder Israel"-Rufen angestachelt hatte. Popal ging auf den Demonstrationen aber auch auf Distanz zu Antisemiten, betonte in einem an die AZ gerichteten Statement, er grenze sich "tatkräftig" ab, habe etwa in einer Synagoge Workshops geleitet zum muslimischen Kampf gegen Antisemitismus – und das "mit Hunderten Lehrerinnen und Lehrern".
Nun aber gehört Popal offenbar zu den Einladern für die "Islamische Vortragsreihe", Tickets können im Vorverkauf für sechs Euro über eine Handynummer reserviert werden. Angekündigt sind dort unter anderem Marcel Krass, ein deutscher Konvertit aus Hannover und bundesweiter Star der Salafisten-Szene, Mohamad Gintasi aus Wuppertal, Said Khobaib Sadat aus Frankfurt und Ahmad Al-Khalifa, Vorstand des Muslimbruderschaft-nahen Islamischen Zentrums München. Diese vier stehen allesamt unter Verfassungsschutzbeobachtung.

Salafisten kommen nach München: Der Star der Szene hat 150.000 Instagram-Fans
Im Mittelpunkt des Nachmittags soll offensichtlich Marcel Krass stehen, von dem gleich "zwei fesselnde Vorträge" angekündigt werden. Krass hat allein auf Instagram 150.000 Fans, er gilt als fester Bestandteil der salafistischen Szene, belegt sind etwa Kontakte zu einem der Attentäter des 11. September. 2019 wurde seine Wohnung durchsucht, er arbeitet auch mit dem bekannten Salafisten Pierre Vogel zusammen.
Ahmad Al-Khalifa ist Vorstand des Islamischen Zentrums München, das vom Verfassungsschutz beobachtet wird. Seine Wohnung wurde vor Jahren ebenfalls durchsucht wegen des Verdachts auf "enge Kontakte zu Terroristen". Das Zentrum gerät immer wieder in die Medien, im Herbst sah man sich dort sogar gezwungen, vorübergehend einen Imam zu suspendieren, nachdem er die bestialische Terrorattacke von 7. Oktober mit einem Zwinker-Smiley kommentiert hatte – und dem Hinweis: "Jeder hat seine eigene Art, den Oktober zu feiern." Später erklärte er eher halbherzig, es habe sich um ein Missverständnis gehandelt.
Mohamad Gintasi ist ein salafistischer Wuppertaler Prediger. Er scheiterte 2017 mit einer Klage, nachdem ihm die Einbürgerung verweigert worden war. Die Stadt Wuppertal hatte dieses damals damit begründet, dass Material von Polizei und Verfassungsschutz auf "umfangreiche Aktivitäten im Milieu des Salafismus hindeuteten".
Der Frankfurt Prediger Said Khobaib Sadat wird auf dem Flyer für die Vorträge als "Dr. Saadat" angekündigt. Er ist seit mehr als zwei Jahrzehnten unterwegs und wird von Medien unter Bezug auf den Verfassungsschutz immer wieder als "Hassprediger" bezeichnet. Gegen ihn lag schon ein Ausweisungsantrag vor, der aber vor Gericht nicht standhielt. Report Mainz zitierte Sadat unter anderem mit den Worten "Die Juden... und die Christen... werden in die Hölle gehen mit ihren Familien. Weil sie keine Moslems sind. Weil sie keine von uns sind" und "Tod den Amerikanern. Tod den Engländern."
In dem Saal finden oft Hochzeiten statt, aber nicht nur
Bei der Firm schrillen vor dem 9. Mai alle Alarmglocken. "Die Prediger, die hier auftreten sollen, sind keine Unbekannten", sagte ein Firm-Sprecher der AZ. Es handele sich um bundesweit bekannte Führungsfiguren der islamistischen und salafistischen Szene, "bei denen zum Teil Kontakte zu Terroristen belegt sind" – und das organisiert von "einem Imam, der sich in der Vergangenheit in der Öffentlichkeit als besonders tolerant und liberal dargestellt hat".
In dem Eventsaal an der Heidemannstraße wurden auch schon in der Vergangenheit nicht nur viele Hochzeiten gefeiert. Sondern auch Veranstaltungen der islamistischen und türkisch-nationalistischen Szene durchgeführt.
Auch Marcel Krass selbst sei im August 2023 schon hier aufgetreten, heißt es von der Firm. Auf Flyern für ein Sommerfest der türkisch-rechtsextremen Grauen Wölfe sei die Location als Unterstützer mit Namen aufgeführt worden. Da es sich um keine städtischen oder städtisch geförderten Räume handelt, sind die Möglichkeiten der Stadt, hier einzugreifen, sehr begrenzt. Nach AZ-Informationen hat man im Münchner Polizeipräsidium aber schon ein sehr waches Auge darauf geworfen, was da für den 9. Mai geplant ist.