Ist das die Hoffnung für die Alte Akademie in München – Investoren stehen Schlange
München - Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) hat ihn persönlich kennengelernt: den Mann, der die größte Pleite aller Zeiten in seiner Heimat Österreich hingelegt hat und in zig deutschen Städten Bauruinen hinterlassen hat. 2016 war das und 2019. Einmal besuchte René Benko ihn im Rathaus – wo er nur von Chef zu Chef, also ausschließlich mit dem Stadtoberhaupt, sprechen wollte. Bei einer anderen Zusammenkunft zeigte Reiter Benko die Arkaden an der Alten Akademie – kein ungewöhnliches Zusammentreffen mit einem Großinvestor. Der OB beschreibt René Benko als "sehr beredt" – und ergänzt mehrdeutig: "Er wirkte durchaus selbstbewusst."
Um die gescheiterten Großprojekte, die der Gast von damals in Münchens bester Innenstadtlage hinterlassen hat - ging es am Mittwoch im Planungsausschuss im Rathaus. Die ÖDP/München-Liste, die Linke, der Bezirksausschuss Altstadt-Lehel und die CSU hatten in den vergangenen Monaten Anfragen zu Benkos Signa gestellt. Vor allem die Frage, wie es nun weitergeht und ob man künftig solche "Investoren-Fehlgriffe" verhindern könne, das trieb die Stadtpolitiker um.
Alte Akademie in München: "Geht nur noch darum, wer sie kauft"
Stadtbaurätin Elisabeth Merk (parteilos) antwortete nun auf die Anfragen. OB Reiter, der die Sitzung leitete, treibt noch etwas anderes um als die Immobilien und Bauprojekte in der Stadt: Es sind die Galeria-Mitarbeiter. In München gibt es noch vier Standorte: am Rotkreuzplatz, im OEZ, an der Münchner Freiheit und am Marienplatz.
Die Alte Akademie bereitet Reiter keine Sorgen. "Da geht es eigentlich nur noch darum, wer sie kauft am Schluss", sagte er. Der Freistaat hatte mit der Signa einen Erbpachtvertrag bis 2079 geschlossen. Die Projektentwicklungsgesellschaft plante, aus dem ehemaligen Jesuitenkolleg ein Gebäude mit vielen Büros, 59 Wohnungen, Geschäften und Flächen für Gastro zu entwickeln.
OB Dieter Reiter geht davon aus, dass der Käufer für die Alte Akademie bald feststeht
Mitte 2022 begannen die Bauarbeiten, im November 2023 stoppte die Signa Holding alle Projekte und meldete wenig später Insolvenz an, im Januar 2024 war auch die Projektgesellschaft zahlungsunfähig. Nun wird mit Hochdruck nach einem Investor gesucht. Ziel ist, das Projekt fertigzustellen – damit Novartis und Uniqlo, die bereits langfristige Mietverträge abgeschlossen hatten, einziehen können – sofern sie noch wollen.
An Kaufinteressenten für die Alte Akademie mangelt es offenbar nicht. "Ich krieg im Wochenrhythmus Angebote", berichtete Reiter in der öffentlichen Sitzung. "Ich gehe davon aus, dass demnächst klar wird, wer sie kauft – und der wird sie auch fertigstellen."
Baustelle in der Fußgängerzone in München steht wahrscheinlich noch viele Monate still
Stadtbaurätin Merk hatte bereits schriftlich auf die Anfragen der Rathaus-Politiker geantwortet. Daraus geht hervor, dass sie damit rechnet, dass die Arbeiten auf der Baustelle der Alten Akademie noch mindestens bis Mitte des Jahres stillstehen. Andersherum kann diese Aussage aber auch bedeuten, dass die Arbeiten bereits in der zweiten Jahreshälfte wieder aufgenommen werden könnten – wenn sich tatsächlich so schnell ein neuer Investor findet.
Laut Merk prüft der Freistaat derzeit eine Verlängerung des Erbpachtvertrags. Zu vielen Fragen rund um die Baustelle bekam sie allerdings keine Antworten vom Freistaat. Dies habe er mit "der Vertraulichkeit der Vertragsverhältnisse" begründet. Auch an den anderen millionenschweren Signa-Immobilien in der Innenstadt ist das Interesse offenbar riesig. Reiter spricht von "massenhaft Interessenten, ob das Kaut Bullinger ist – oder was auch immer". In den Händen der Signa-Insolvenzverwalter sind zudem die denkmalgeschützte ehemalige Hertie-Immobilie am Hauptbahnhof, der frühere Karstadt-Bau aus den 70er-Jahren in der Schützenstraße und die Galeria-Immobilie am Rotkreuzplatz in Neuhausen.
OB Dieter Reiter: "Die Galeria-Beschäftigten in München sind "beschi...en dran"
Laut Oberbürgermeister sei alles nur noch eine Frage der Zeit – und des Preises. Dieser habe sich "schon etwas nach unten bewegt im Vergleich zu von vor drei oder sechs Monaten". Die Situation sei zwar ärgerlich für die Stadt, weil Baustellen "an signifikanten Orten" länger stehen, aber der OB meint: "Damit kann man schon leben."
Deutlich mehr Sorgen macht sich Reiter um Galeria und die Folgen der dritten Pleite innerhalb weniger Jahre. "Die Beschäftigten sind beschi... dran, muss man ganz deutlich sagen. Sie wissen zum dritten Mal nicht, ob sie in zwei Monaten noch ihren Job haben oder nicht", sagte er im Planungsausschuss.
Bis zu 50 Prozent aller Galeria-Häuser "wackeln"
Wie bereits 2023, als der Kaufhaus-Standort zwischen Hauptbahnhof und Stachus schließen musste, werde man die Galeria-Beschäftigten ermuntern, sich bei der Stadt zu bewerben. "Wir suchen händeringend Fachkräfte und versuchen alles, um die Menschen unterzubringen", verspricht der OB. Reiter fragt sich mittlerweile – wie andere auch –, ob Warenhausgeschäfte in der derzeitigen Form noch zukunftsfähig sind. "In anderen Ländern geht alles in Richtung Malls", berichtete er am Mittwoch im Rathaus. Einkaufszentren mit mehr als einem Betreiber seien ein "weniger wackliges Konzept", so der OB. Solch ein Konzept gebe es in München schon: mit dem OEZ.
Über derartige Einkaufszentren oder Malls denke insbesondere der Insolvenzverwalter derzeit nach, berichtete Reiter: "Wenn seine Einschätzung stimmt, dann wackeln sehr viele Standorte in Deutschland. Nicht nur zehn, sondern da reden wir von bis zur Hälfte aller Standorte in Deutschland."
Die Stadt München hätte die Signa-Aufkäufe nicht verhindern können, sind sich der OB und die Stadtbaurätin einig. Keines der Signa-Objekte hatte zuvor der Stadt gehört. Für ein Vorkaufsrecht innerstädtischer Grundstücke, wie es die ÖDP und Die Linke gefordert hatten, gebe es keine rechtliche Grundlage. Dieter Reiter und Elisabeth Merk sehen ihre Aufgabe nun vor allem darin: Kaufinteressenten an die Insolvenzverwalter zu vermitteln.