Wie Investoren wie Benko und Co. die City in München verschandelt haben
München - Was ist aus München geworden? Touristen suchen die aufstrebende "Weltstadt mit Herz" mit ihrer blühenden Wirtschaft und dem Charme einer wohlhabenden Metropole derzeit vergebens. Ausgerechnet die besonders bekannte Achse, die vom Hauptbahnhof über den Stachus zum Marienplatz führt, lässt unweigerlich das Gefühl eines Niedergangs aufkommen.
Benko hat maßgeblichen Anteil am Verblassen des Glanzes der Innenstadt in München
Maßgeblichen Anteil an dem Verblassen des Glanzes hat der österreichische Immobilien-Mogul René Benko, der in den besten Lagen Münchens Grundstücke erworben hat, die sich nach seiner Pleite nunmehr als verrottende Bauruinen darstellen. Aber auch andere Investoren, die Deutsche Bahn und nicht zuletzt die Landeshauptstadt selbst, tragen mit Dauerbaustellen zur wachsenden Unansehnlichkeit einer einst prächtigen Metropole bei.
Das traurige Bild runden Personalengpässe und Einzelhandelspleiten ab. Schon der Hauptbahnhof präsentiert sich den Reisenden keineswegs als Willkommens-Visitenkarte, sondern als Trümmerfeld.

Eine Schönheit war das alte Gebäude sicher auch nicht, aber heute erinnert dieser zentrale Ort an ein Trümmerfeld. Reisende müssen die wenigen verbliebenen Zugänge zu den Gleisen suchen und durchqueren eine auf die Hälfte geschrumpfte und mit Imbissbuden vollgestellte Halle. Die Fertigstellung der schönen neuen Bahnhofswelt wurde von der Bahn für 2028 in Aussicht gestellt. Jetzt soll es elf Jahre länger dauern, bis das Kernstück "zum größten Teil" stehen soll.

München-Besucher sollten sich am besten sofort in die unterirdische S-Bahn oder die U-Bahn begeben, denn die früher geschäftigen Zugangsstraßen zum nur wenige hundert Meter entfernten Stachus gehören zu den Schlimmsten, was Münchens City heute zu bieten hat. Das ist hauptsächlich eine Folge des Zusammenbruchs von Benkos Signa-Unternehmen, die sich das nach dem Berliner KaDaWe zweitgrößte Kaufhaus in München unter den Nagel gerissen hat.
Aufstieg und Pleite: Immobilienmogul René Benkos Rolle im Wandel von München
Das Münchener Hertie/Karstadt-Kaufhaus reichte von Stachus bis Bahnhofsplatz und bestand aus einem riesigen, aber hässlichen Klotz, welcher mit dem prächtigen 120 Jahre alten denkmalgeschützten Hermann-Tietz-Haus (daher der Name Hertie) gegenüber dem Bahnhof verbunden war. Das Ganze steht seit längerem leer und verfällt. Es bietet nach Angaben der Anlieger der Tierwelt neue Heimstätten und zieht zwei komplette Straßenzüge sehr zum Leidwesen der dortigen Gewerbetreibenden mit in den Niedergang.
Gleich am Stachus wird es kaum besser: Die Galeria Kaufhof in dem fünfstöckigen so genannten Zechbauer-Haus an prominentester Stelle des Verkehrsknotens ist seit 2022 Geschichte. Eine Zwischennutzung mit Kunst, Gastronomie und Sport unter dem Namen Lovecraft scheiterte.

Neues Marriott-Hotel im alten Königshof wird nicht wie geplant fertig
Jetzt herrscht auch an diesem Eck Trostlosigkeit, die durch eine Großbaustelle gegenüber nicht weniger trostlos wird. Dort wird schon geraume Zeit an einem neuen Mariott-Hotel gearbeitet, das den abgebrochenen luxuriösen Königshof ersetzt. Bis Ende 2023 sollte der Bau fertig sein. Er ist es nicht.
Weiter geht es Richtung Marienplatz durch die Fußgängerzone, in der man gleich hinter dem Karlstor wieder von einer Benko-Großbaustelle begrüßt wird. Hier bot früher Karstadt Sports auf mehreren Etagen ein umfassendes Angebot für Freizeitsportler feil, doch auch das ist Geschichte. Jetzt heißt das Gebäude hinter den Gerüsten Herzog Max und soll eine "Mixed-Use"-Immobilie werden.
Gleich daneben stellt eine der schönsten Immobilien in der mit architektonischen Höhepunkten nicht eben reich gesegneten Fußgängerzone einen Blickfang dar: Karstadt Oberpollinger. Auch bei dieser Immobilie hat Benko die Finger im Spiel, allerdings nur in Gestalt einer Minderheitenbeteiligung. 51 Prozent gehören einer reichen thailändischen Familie, auf die jetzt die Beschäftigten und die Stadt ihre Hoffnungen setzen.
Filetstück Alte Akademie: Baustelle liegt brach
Wenige Meter weiter, dort wo die Neuhauser in die Kaufingerstraße übergeht, ruht die Großbaustelle der Alten Akademie. Das historische Gebäude beherbergte einst das Statistische Landesamt des Freistaats, das jedoch nach Fürth verlegt wurde, als der bayerische Finanzminister noch Markus Söder (CSU) hieß. Der verkaufte das Filetstück schon vor zehn Jahren für 230 Millionen Euro.

Es landete schließlich bei Benkos Signa Select und da liegt es heute noch: Ein langer Bauzaun und - immerhin - eine schicke Foto-Verkleidung der Fassade zeugen von den ehrgeizigen Plänen, deren Verwirklichung jetzt in den Sternen steht. Bei der Stadt hofft man, dass sich ortsbekannte Baulöwen wie die Familien der Schörghubers und Inselkammers der prominenten Bauruine annehmen.
Weiter in Richtung Marienplatz am Jagdmuseum vorbei wird es etwas freundlicher in Münchens "guter Stube", wenn man davon absieht, dass das Gros der Ladenlokale von Ketten und den unvermeidlichen Telefonläden genutzt wird. Direkt am Marienplatz steht ein weiteres Galeria-Kaufhof-Haus, dessen Beschäftigte der Zukunft auch mit etwas gemischten Gefühlen entgegen sehen, obwohl es sich um eines der umsatzstärksten Häuser handelt.
Die Betonklotz-Architektur des Kaufhauses, für das in den 1970er Jahren das reich verzierte Roman-Mayr-Haus weichen musste, wurde mit einiger Berechtigung als üble Verschandelung des Marienplatzes begriffen. Mittlerweile wären die Münchener aber wohl froh, wenn wenigstens an dieser Stelle alles beim Alten bliebe.
Oberbürgermeister Reiters Sorgen und Hoffnungen für die Stadt
Mit dem Marienhof auf der anderen Seite des 1905 im neugotischen Stil entstandenen Rathauses eröffnete sich in der Vergangenheit eine kleine grüne Oase mitten in der City. Das ist seit Jahren vorbei. Der kleine Park wich der zentralen Baustelle für die zweite S-Bahn-Stammstrecke. Deren Fertigstellung wurde inzwischen um zehn Jahre auf frühestens 2037 verschoben. Der riesige Bauzaun wird also noch einige Jahre erhalten bleiben.
Um den Reigen der Benko-Hinterlassenschaften zu vervollständigen, darf noch auf das ehemals vom örtlichen Traditionsunternehmen Kaut-Bulliger in der Rosenstraße in unmittelbarer Nähe des Marienplatzes genutzte Kaufhaus verwiesen werden, das ebenfalls hinter einem Bauzaun vor sich hin dümpelt.

Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) zeigte sich angesichts des Verfalls betroffen. Ihm blute das Herz, wenn er die Wunden an "stadtprägenden Orten" betrachte, so das Stadtoberhaupt. Zwischenzeitlich scheint Reiter aber über Informationen zu verfügen, die ihn etwas zuversichtlicher in die Zukunft schauen lassen.
Über die Innenstadt mache er sich weniger Sorgen, sagte er kürzlich im Bayerischen Rundfunk: "Da finden wir jemanden, der das kauft." Größere Sorgen macht sich der Sozialdemokrat über die Beschäftigten anderer Galeria-Kaufhäuser in den Stadtvierteln.