Ist Anna Hanusch als Münchner Baureferentin geeignet?

Anna Hanusch, die Chefin der Grünen-Fraktion im Stadtrat, soll Baureferentin werden und hat für die Stadt viel vor. Doch es gibt Zweifel, ob sie die nötigen Qualifikationen mitbringt und der Aufgabe gewachsen ist.
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Für das Baureferat vorgeschlagen: Die Grüne Anna Hanusch.
Für das Baureferat vorgeschlagen: Die Grüne Anna Hanusch. © imago images/STL

München - Wenn Anna Hanusch, die Fraktionsvorsitzende der Grünen, Baureferentin ist, könnte sich vieles verändern.

Aus der Sonnenstraße könnte dann ein Boulevard werden, auf dem Fußgänger mehr Platz haben. Vielleicht würde in der Nähe des Sendlinger Tors das Wasser, das dort unten in der Erde fließt, an die Oberfläche geholt. Und womöglich gäbe es mehr Photovoltaik auf den Dächern, mehr Grün an den Fassaden, mehr Sitzgelegenheiten, mehr Trinkbrunnen, mehr Gestaltungswettbewerbe, bei denen sich Studenten einbringen können.

Anna Hanusch als neue Baureferentin? CSU hat ihre Zweifel

All das sind Ideen, die Anna Hanusch am Telefon nennt und die sie verwirklichen will, wenn sie die Leitung eines der wichtigsten Referate der Stadt übernimmt. Die bisherige Baureferentin Rosemarie Hingerl (parteilos) geht diesen Sommer in den Ruhestand.

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Wer ihr Nachfolger wird, entscheidet der Stadtrat Ende Februar. Die Grünen, die größte Fraktion, die gemeinsam mit der SPD die Mehrheit bilden, haben vor Wochen ihre Chefin Anna Hanusch vorgeschlagen. Doch nun werden Zweifel laut, ob sie für diese Stelle überhaupt geeignet ist. Die CSU hat sich deshalb sogar an die Regierung von Oberbayern gewandt. Diese prüft Anna Hanuschs Eignung gerade und will sich deshalb nicht äußern.

Eine offizielle Ausschreibung gab es für die Stelle nicht. Aber das war bei anderen Referenten nicht anders. Sie gelten als Minister der Stadt. Das Parteibuch entscheidet oft. Doch anders als die Minister in Berlin sind die Referenten Beamte – und zwar ziemlich gut bezahlte: Ein Referent erhält im ersten Jahr etwas mehr als 10.000 Euro im Monat.

Hat Anna Hanusch das Zeug zur Baureferentin? 

Gleichzeitig ist gesetzlich geregelt, welche formalen Voraussetzungen ein Referent haben muss. Entweder muss er die Beamtenlaufbahn durchschritten haben. So hat es zum Beispiel Rosemarie Hingerl, die jetzige Baureferentin gemacht: Sie hat bereits 1982 in der Münchner Verwaltung gearbeitet. Bevor sie 2004 die Leitung des Referats übernahm, war sie dort Stellvertreterin. Sie hat außerdem einen Abschluss als Regierungsbaumeisterin. Anna Hanusch verfügt über diesen Titel nicht.

Doch es gibt noch einen zweiten Weg, wie man es zum höchsten Beamten der Stadt schaffen kann: Mindestens drei Jahre lang muss man in einer verantwortlichen Position gearbeitet haben – und zwar dem künftigen Aufgabengebiet entsprechend. Für Manuel Pretzl, dem Chef der CSU-Stadtratsfraktion heißt das: "Abteilungsleiter gewesen zu sein, reicht nicht. Man müsste schon Geschäftsführer gewesen sein."

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Nicht genügend Erfahrung: FDP will Hanusch nicht wählen 

Aber auch das war Anna Hanusch nie. Sie arbeitete als angestellte Architektin, zuletzt in Teilzeit. Auch die FDP kündigt an, Hanusch nicht zu wählen. "Sie bringt nicht genügend Erfahrung in der Führung einer so großen Behörde mit mehr als 4.000 Mitarbeitern mit", findet FDP-Chef Jörg Hoffmann. Wird man bei den Grünen nervös?

Der Grünen-Bundestagsabgeordnete Dieter Janecek meint, dazu gebe es keinen Grund. Schließlich leitet Hanusch den Bezirksausschuss Neuhausen-Nymphenburg, wo mehr als 100.000 Menschen leben. Und sie führt die größte Fraktion im Münchner Stadtrat. Sie gilt dort als Expertin fürs Bauen – schließlich leitet sie die Stadtgestaltungskommission und spricht für die Grünen im Planungsausschuss. Ihre Partei verweist darauf, dass sie eine Einschätzung des Direktoriums eingeholt habe. Die Pressestelle widerspricht: Eine Prüfung der Kandidaten fand noch gar nicht statt, teilt es auf AZ-Anfrage hin mit.

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85 Kommentare
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  • Kadoffesalod am 27.01.2022 17:55 Uhr / Bewertung:

    Umgestaltungen wie die Idee, aus der Sonnenstraße einen Boulevard mit mehr Sitzgelegenheiten, Trinkbrunnen etc. zu machen, sind ja seit längerem groß in Mode. Die Protagonisten wollen immer Plätze schaffen, die "zum Verweilen einladen".

    Wenn ich mir dann die fertiggestellten Plätze zum Verweilen anschaue, zeigt sich immer das gleiche Bild. Egal ob in Riem, Pasing oder draußen in Landsberg.

    Tagsüber finden sich tatsächlich einige Menschen, die den Platz so zum Verweilen nutzen wie es auf den Hochglanz-Grafiken der Stadtplaner dargestellt wird.

    Damit ist nun Publikum da, welchen Autoposer und Motorradposer zeigen wie stark sie beschleunigen können und wie laut ihre Karren sind.

    In den Abendstunden nimmt das noch zu, wobei auf den Plätzen immer weniger normale Menschen und immer mehr Angehörige der Party- und Eventszene zu sehen sind. Mit entsprechender Lärmentwicklung.

    Am nächsten Tag in der Früh sieht man dann vor allem wie Müll, Dreck und Glasscherben auf dem Platz verweilen.

  • Witwe Bolte am 27.01.2022 18:30 Uhr / Bewertung:
    Antwort auf Kommentar von Kadoffesalod

    Ihre Beobachtungen über Plätze sind ein Spiegelbild der zunehmenden Verwahrlosung unserer Gesellschaft.
    Dagegen helfen keine Streetworker oder Sozialpädagogen, sondern law & order.

  • am 28.01.2022 11:14 Uhr / Bewertung:
    Antwort auf Kommentar von Kadoffesalod

    Wenn Sie Ruhe haben wollen, dann müssen Sie auf's Land ziehen. Party-Meile heißt hohe Mieten, viel Umsatz, viel Laufkundschaft. Es heißt auch Kriminalität, Drogen, Gewalt schlechte Wohn-Gegend eben. Law & Order machen das Geschäft kaputt und ändern die sozialen Probleme nicht. Dass in städt. Quartieren 'Verdrängung' stattfindet ist völlig normal. Lange haben in München Reiche mit Luxus-Sanierungen die Arbeiterschaft aus den heute angesagten 'Szene-Vierteln : Franzosen-Viertel, Westend, Glockenbach verdrängt - wo früher eine Schreinerei war ist heute 'Work-Area für Kreativ-Schaffende' und die Miete kostet das Zehnfache! Andere Viertel, die von den Neureichen aufgegeben werden hohlt sich der untere Mittelstand zurück (Teile von Schwabing). Da wo der Luxus völlig scheitert (ich meine Haupt-Bahnhof...) bleibt das Milieu dominant und Neubauten werden zur Ramsch-Ware - aus Media-Work-Area wird Billig-Wohnraum im Problem-Viertel und sie brauchen Nachts einen Bodyguard zum Zigaretten holen.

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