In München fehlen zahlreiche Busfahrer: So können Geflüchtete künftig helfen

In München fehlen so viele Busfahrer, dass die Stadt den Takt ausdünnen muss. Statt bloß im Ausland wollen die Grünen auch in Asylunterkünften neue Kräfte suchen. Doch dafür muss sich noch vieles ändern.
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Ahmed Z.  hat es geschafft: Er ist aus Syrien geflohen und arbeitet als Busfahrer. Darauf hätten viele Geflüchtete Lust, weiß Sozialarbeiterin Andrea Hagen (zweite von links). Grünen-Stadträtinnen Mona Fuchs und Clara Nitsche (r.) wollen das ermöglichen.
Ahmed Z. hat es geschafft: Er ist aus Syrien geflohen und arbeitet als Busfahrer. Darauf hätten viele Geflüchtete Lust, weiß Sozialarbeiterin Andrea Hagen (zweite von links). Grünen-Stadträtinnen Mona Fuchs und Clara Nitsche (r.) wollen das ermöglichen. © Grüne

München - Dass nicht mehr Busse, Tram- und U-Bahnen in München fahren, hat einen praktischen Grund: Die Münchner Verkehrsgesellschaft (MVG) hat zu wenig Fahrer. Im Fahrdienst und in den Werkstätten fehlen aktuell laut einem MVG-Sprecher rund 300 Fachkräfte. Das sind so viele, dass die MVG den Betrieb einschränken muss. Bei den Busfahrern ist der Mangel besonders groß: Akut hat die MVG 50 Fahrerinnen und Fahrer zu wenig, 50 weitere fehlen in den kommenden Jahren, um Ersatzverkehre einzurichten und das Angebot auszuweiten.

Asylbewerber in München: "Ein Großteil bemüht sich, zu arbeiten" 

Andrea Hagen kennt einige Männer, die Lust auf den Job haben. Sie arbeitet als Sozialarbeiterin in einer  Asylbewerberunterkunft am Harras, in der rund 130 Geflüchtete leben. "Ein Großteil bemüht sich, zu arbeiten", sagt Hagen. Allerdings würden viele der Männer in recht prekären, schlecht bezahlten Jobs festhängen – im Lager, in Spülküchen, auf Baustellen.

Die Geflüchteten in ihrer Unterkunft haben gehört, dass die MVG Busfahrer sucht, und fragen sie nach den Ausbildungsplätzen, erzählt Hagen. "Aber wir raten immer davon ab, einen bestehenden Arbeitsvertrag zu kündigen." Das könne sich negativ auf den Aufenthaltstitel auswirken. Aber wie sollen die Asylbewerber eine neue Ausbildung beginnen, wenn sie ihren alten Job nicht kündigen sollen?

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Ahmed Z., der Ende 2015 von Syrien nach Deutschland geflohen ist, hat bei der MVG eine Ausbildung zum Busfahrer gemacht. Seit vier Jahren arbeitet er in dem Job – und auch er kennt noch viele andere Geflüchtete, die Lust darauf hätten, erzählt er.

Aber aus seiner Sicht gibt es noch eine weitere Hürde: Für den Bus-Führerschein ist der normale Pkw-Führerschein die Voraussetzung. Doch der koste bis zu 4000 Euro, sagt Ahmed Z.. Seinen Führerschein habe das Jobcenter bezahlt. Doch Ahmed Z. weiß: "Die Ämter machen oft Probleme. Oft muss man lange warten."

In München fehlen Busfahrer: So wollen die Grünen die Probleme lösen 

Die Grünen-Fraktion im Stadtrat hat mehrere Ideen, um all diese Probleme zu lösen. Fraktionschefin Mona Fuchs und Stadträtin Clara Nitsche haben am Dienstag den Antrag vorgestellt, den sie mit ihrem Koalitionspartner, der SPD, stellen. "Der Führerschein ist eine riesige Hürde", sagt Clara Nitsche, die auch in einer Asylbewerberunterkunft arbeitet.

Grünen-Stadträtin Clara Nitsche hofft, dass mehr Asylbewerber die Chance bekommen, in München als Busfahrer zu arbeiten.
Grünen-Stadträtin Clara Nitsche hofft, dass mehr Asylbewerber die Chance bekommen, in München als Busfahrer zu arbeiten. © Daniel von Loeper

"Viele haben zwar Lust auf den Job, aber sie fragen sich, wie sie sich den leisten sollen." Die Grünen wollen deshalb, dass es möglich wird, den Pkw-Führerschein während der Ausbildung zum Busfahrer zu machen. Außerdem soll die MVG ermöglichen, die Busfahrer-Ausbildung berufsbegleitend oder in Teilzeit zu absolvieren, so dass die Asylbewerber nicht gezwungen sind, ihren derzeitigen Job zu kündigen.

Nach der Ausbildung verdienen Busfahrer in München 3650 Euro 

Momentan dauert die Ausbildung bis zu viereinhalb Monate. Während der Ausbildung zahlt die MVG ein Grundgehalt von 2975 Euro brutto plus eine München Zulage von 270 Euro. Nach der Ausbildung kommt man durch Schichtzulagen auf rund 3650 Euro brutto. Dass die Ausbildung nicht so lange dauert und man relativ schnell Geld verdient, sei für ihn ein Grund gewesen, warum er den Job gerne machen wollte, erzählt Ahmed Zangello. Und noch einen weiteren Vorteil hatte sein Beruf für ihn: Er durfte aus seiner Asylbewerberunterkunft ausziehen. Die Stadtwerke boten ihm eine Werkswohnung an.

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Grünen-Stadträtin Clara Nitsche hofft, dass noch mehr Geflüchtete von diesen Möglichkeiten erfahren. Eine Abteilung im Referat für Arbeit und Wirtschaft kümmere sich bereits darum, um Menschen für Mangelberufe zu akquirieren – etwa in der Pflege. Diese Abteilung sei erst vor Kurzem um drei Stellen aufgestockt worden, sagt Nitsche. Sie kann sich vorstellen, dass die Mitarbeiter nun auch in Unterkünften für den Busfahrerjob werben.

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  • Fishbone77 am 09.04.2024 09:53 Uhr / Bewertung:

    Ich schaue mir in solchen Fällen im Internet Fahrplan und Strecke an, oder die Info über die jeweilige Linie, die im Bus hängt. Das geht auch mit 78 noch prima. Dass ein Fahrer manchmal mit Fragen nach Haltestellen oder Umstieg nicht alles beantworten kann, liegt wohl auch daran, dass sie in Mangelsituationen in der letzten Zeit häufig auf ungewohnten Strecken eingesetzt werden. Ansonsten habe ich bisher nicht das Gefühl gehabt, dass die Fahrer mit migrantischem Hintergrund zu schnell fahren. Eher hatte ich einmal das Vergnügen mit einem eindeutig "biodeutschen" Fahrer, der wohl aus dem Ruhestand geholt worden war: ihm hätten einige Übungsstunden gut getan, denn er kämpfte mit Anfahren und Bremsen so, dass mir leicht übel wurde. Seien wir froh um die neuen und zukünftigen Busfahrer, die sogar für alte Frauen oder Schüler stoppen und die Tür noch mal öffnen und uns sicher transportieren. Ich jedenfalls bin mit "meiner" 62 sehr zufrieden.

  • KassandraReuth am 04.04.2024 14:01 Uhr / Bewertung:

    Auf meiner Linie fahren fast nur noch ausländische Fahrer. Das hat Vor- und Nachteile.
    Sie halten nochmal schnell an, obwohl der Bus schon zu ist und sind wesentlich freundlicher und zuvorkommender als (bayerische) Grantler zu Behinderten und alten Leuten.
    Allerdings können sie häufig kein Deutsch und man hat oft das Gefühl, daß sie noch sehr unsicher im Stadtverkehr sind (was ist eine Busspur?), auch fahren sie deutlich zu schnell.
    Vielleicht, um die paar Sekunden wieder einzuholen, die sie verloren haben, weil sie die Bustür nochmal aufgemacht haben?

  • HanneloreH. am 04.04.2024 11:06 Uhr / Bewertung:

    Ich frag mich wie die Kommunikation mit den Fahrgästen funktionieren soll oder hat die MVG den Kundenservice komplett aufgegeben. Wenn man die „ neuen“ Taxler so beobachtet denkt man man ist in Kalkutta und genauso wird gefahren.
    Wenn die verantwortlichen ihre Fahrer ordentlich behandelt, sowie München gerecht bezahlt hätte, wäre das Problem nicht so gravierend.
    Bis 12/23 hat ein Fahrer 2.600 brutto erhalten das ist Unterste Schiene.

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