MVG-Chefs erklären Lage in München: Wann fahren die U-Bahnen wieder pünktlich

Erstaunlich offen erklären die Chefs der U-Bahn, warum zur Zeit in München so viele Züge ausfallen. Bald soll sich das bessern.
Hüseyin Ince
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Oliver Glaser (li.), Leiter des MVG-Schienenbetriebs und MVG-Chef Ingo Wortmann in Fröttmaning.
Oliver Glaser (li.), Leiter des MVG-Schienenbetriebs und MVG-Chef Ingo Wortmann in Fröttmaning. © Hüseyin Ince

München – Es ist ein seltener Einblick, den die Münchner Verkehrsgesellschaft (MVG) am Dienstagvormittag der Presse gestattet, hier im Münchner Norden, direkt neben der Allianz Arena. Ein riesiges Areal, mit 1,2 Kilometern Länge und bis zu 400 Metern Breite.

Insgesamt 640 Mitarbeiter sind in der Technischen Basis der MVG täglich im Dienst, in diesem Maschinenraum des U-Bahn-Betriebs. In dem Herzstück wird geschraubt, gebohrt, geklebt, gefräst, gewaschen. Und zwar im Akkord. Das scheint auch bitternötig zu sein.

Wenn U-Bahnen gewartet werden, sind sie meist am zentralen Betriebshof an der Allianz Arena.
Wenn U-Bahnen gewartet werden, sind sie meist am zentralen Betriebshof an der Allianz Arena. © Hüseyin Ince

Denn täglich fallen derzeit bis zu zwei U-Bahn-Züge der MVG in München aus. Hauptgrund sind weiter die Brandschutzanlagen, die die Firma Wagner innerhalb eines niedrigen zweistelligen Millionen-Großauftrages in den Zügen der zweiten und dritten Generation nachrüstet. Sie sind enorm mangelhaft.

MVG in München: Bis zu hundert Fehler nach Brandschutz-Nachrüstung

"Die Züge haben nach dem Einbau bis zu hundert Fehlermeldungen", sagt Oliver Glaser, Leiter des MVG-Schienenbetriebs. Auch Ingo Wortmann ist am Dienstagvormittag vor Ort. "Es ist eine eklatante Schlechtleistung des Nachrüsters, die wir so nicht akzeptieren können", sagt er. Dennoch: "Wir entschuldigen uns in aller Form bei unseren Fahrgästen für die vielen Zugausfälle", sagen Wortmann und Glaser. Das dürfe eigentlich nicht passieren.

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Sogar die Brandbekämpfungsanlagen der neuesten Zug-Generation "C2" seien anfällig. Immerhin: "Oft lässt sich hier durch einen Neustart die Fehlermeldung korrigieren", sagt Wortmann. Dennoch müsse man bedenken, dass es keine Banalität sei, die Anlagen nachzurüsten. Eine Kunst sei das, die wenige Firmen beherrschen.

Man arbeite mit der Firma Wagner weiter mit Hochdruck daran, alle Fehlerquellen zu finden und auszubessern, sagt Glaser. Man sei überhaupt nicht glücklich mit der Situation. Diese Fehlersuche bei den nachgerüsteten Brandbekämpfungsanlagen erzeugt offenbar einen Flaschenhals, zusätzlich zur regulären Wartung der Züge. Die Waggons von den Wartungshallen zur Schiene und zurückzurangieren, sei "wie ein Tetrisspiel", sagt Glaser.

Von 356 U-Bahnen in München sind 241 verfügbar

356 U-Bahn-Züge (Fahrzeuge in Doppeltriebwagen) der ersten, zweiten und dritten Generation hat die MVG derzeit. Verfügbar sind momentan 241. Und 234 werden tatsächlich täglich eingesetzt. Das Ziel sei aber, bis zum Münchner Megasommer mit Star-Konzerten sowie Fußball-Europameisterschaft 244 bis 254 Züge täglich auf die Schiene bringen zu können, sagt Glaser.

So werden Eisenräder der U-Bahnen rundgedreht, darunter die abgefräste Metallspäne.
So werden Eisenräder der U-Bahnen rundgedreht, darunter die abgefräste Metallspäne. © Hüseyin Ince

Zu den massiven Sorgen mit den Brandbekämpfungsanlagen kommen Platzprobleme, Defekte, wie mangelhaften verbaute Frontteile, die zur Nachbesserung kommen, Fachkräftemangel, seit langem geplante Nachrüstprojekte und auch übliche Verschleißerscheinungen. Gerade die neueren Züge können nur in sehr wenigen Hallen gewartet werden, weil sie nicht so einfach geteilt werden können wie die älteren Züge.

Techniker, Maler, Maurer, Schlosser, Schreiner: Alleine hier im Norden an der Allianz Arena sind bei der MVG 15 Stellen für Handwerker offen, zu allem rund um die Wartung und Pflege von U-Bahn-Zügen eben. Ein weiteres großes Nachrüstprojekt ist, alle Züge der älteren Generation mit einem neuen Funksystem auszustatten, über das die neueren Züge bereits verfügen: mit sogenanntem Tetra-Funk.

Lebensdauer eines Eisenrades: Eine Million Kilometer – theoretisch

Was die meisten Fahrgäste nicht im Blick haben, sind regelmäßige Defekte. Wer dachte, dass Eisenräder keinen Platten bekommen können, täuscht sich gewaltig. Grund seien die wenigen Abschnitte im Freien. "Sobald es regnet, vor allem bei Nieselregen, rutschen die Räder schnell bei Bremsmanövern", sagt Glaser.

Sobald eines der Räder aber blockiere, habe es eine Flachstelle, die schnellstmöglich behoben werden muss. Also: schleunigst zur Werkstätte, sofortiger Zugausfall. Dort müssen dann die Räder mit einer "Unterflurdrehbank" wieder rundgeschliffen werden. "Das geht aber nur drei Mal", sagt Glaser.

Danach müssen die Räder komplett ausgetauscht werden, auch wenn sie noch lange nicht ihr eigentliches Lebensende bei etwa einer Million Kilometer erreicht haben. Weil das alles so aufwendig sei und man die Wartungsarbeiten so gering wie möglich halten will, fahren die U-Bahnen in den wenigen überirdischen Abschnitten bei Nässe sehr langsam.

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9 Kommentare
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  • ChrisS am 06.03.2024 19:40 Uhr / Bewertung:

    Bin früher gerne und viel mit den Öffentlichen gefahren. Aber jetzt ist es nur noch eine Zumutung. Züge sind absolut überfüllt, zu spät und die Fahrgäste ... Prolleten, Checker, usw...

    Dann doch lieber mit dem Auto.

  • Wolff am 06.03.2024 09:41 Uhr / Bewertung:

    Tja, liebe Leute, da muss man sich halt vorher überlegen, wie die Wartung funktioniert, bevor man großspurig extra lange, durchgängige Superzüge anschauft und bejubelt. Und das ist dann nur die Spitze des Management-Versagens.

    Die Fahrgäste haben regelmäßige Defekte nicht im Blick? Trifft wohl eher auf das Management zu. Denn die Leistungsfähigkeit muss man unter Berücksichtigung dieser Defekte gewährleisten können, wenn man ein Angebot zusammenstellt und nicht die Defekte auf dem Rücken der Kunden abladen.

  • wolfi2 am 07.03.2024 07:51 Uhr / Bewertung:
    Antwort auf Kommentar von Wolff

    Vor allem muss man bei einem Defekt dann gleich den ganzen "Superzug" rausnehmen, bei den alten geteilten halt nur die defekte Ganitur

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