Impfauskunft an Arbeitgeber? So machen es Münchner Unternehmen

Firmen sollen nach dem Willen von Jens Spahn einsehen können, ob ihre Beschäftigten gegen Corona geimpft sind. Doch es gibt Widerstand. So handhaben es Münchner Arbeitgeber.
Basil Wegener, Leonie Fuchs, Lisa Marie Albrecht |
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Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) tendiert dazu, das Infektionsschutzgesetz so zu ändern, dass Arbeitgeber in den nächsten sechs Monaten den Impfstatus der Beschäftigten abfragen dürfen.
Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) tendiert dazu, das Infektionsschutzgesetz so zu ändern, dass Arbeitgeber in den nächsten sechs Monaten den Impfstatus der Beschäftigten abfragen dürfen. © imago images/NurPhoto

Berlin/München - Arbeitgeber in Deutschland könnten künftig den Impfstatus ihrer Mitarbeiter abfragen dürfen - derzeit ist das aber noch nicht erlaubt.

Allerdings prüft die Bundesregierung die Einführung eines Rechtsanspruchs für Arbeitgeber auf Auskunft über den Impfstatus von Beschäftigten, wie Regierungssprecher Steffen Seibert am Mittwoch in Berlin mitteilte. Eine geänderte Corona-Arbeitsschutzverordnung von Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) sieht zunächst vor, dass Auskünfte der Beschäftigten zu ihrem Impf- oder Genesenenstatus freiwillig bleiben.

Arbeitsminister Heil plädiert für pragmatische Lösungen

Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) tendiert dazu, das Infektionsschutzgesetz so zu ändern, dass Arbeitgeber in den nächsten sechs Monaten den Impfstatus der Beschäftigten abfragen dürfen.

Heil sagte: "Rechtsstaatlich handeln heißt, dass ein Arbeitgeber kein Recht auf die Aussage von Arbeitnehmern hat, was Gesundheitsdaten betrifft." Er dürfe sich auch nicht die Krankenakte angucken, weil das sehr persönliche Daten seien.

Gleichzeitig sprach sich Heil für pragmatische Lösungen aus. So sei es etwa möglich, über das Infektionsschutzrecht an besonders sensiblen Arbeitsplätzen eine Art 3G-Regel aufzustellen - also von Arbeitnehmern den Nachweis zu verlangen, dass sie genesen, geimpft oder getestet sind.

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU, links) und Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) am Rande einer Kabinettssitzung.
Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU, links) und Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) am Rande einer Kabinettssitzung. © Tobias Schwarz/AFP/POOL

Der Bundesdatenschutzbeauftragte Ulrich Kelber (SPD) hält ein rechtssicheres Arbeitgeber-Auskunftsrecht für vorstellbar - der Arbeitgeber müsse etwa nicht wissen, ob jemand geimpft, genesen oder getestet sei, nur dass eines von dreien zutreffe.

Verdi-Chef: Widerstand gegen "Impfpflicht durch die Hintertüre"

Hinter den Kulissen wird in der Koalition nun heftig über die Frage des Auskunftsrechts gerungen. Verdi-Chef Frank Werneke kündigte Widerstand gegen eine "Impfpflicht durch die Hintertüre" an. Seine Befürchtung: Wer nicht geimpft oder genesen sei, bekomme Probleme, wenn der Status erstmal beim Chef bekannt sei.

Auch die Linke-Politikerin Jutta Krellmann warnte: "Sensible Gesundheitsdaten gehen den Arbeitgeber nichts an." BDA-Hauptgeschäftsführer Steffen Kampeter hatte den Bundestag dagegen aufgerufen, die Basis für die Impfinfos zu schaffen.

Heils Verordnung legt Arbeitgebern zunächst nahe, den Impf- oder Genesungsstatus der Beschäftigten bei der Festlegung betrieblicher Infektionsschutzmaßnahmen zu berücksichtigen.

Auskunftsrecht für Arbeitgeber: Wie stehen Münchner Firmen dazu?

Mit der Verordnung gilt neu ab 10. September eine Verpflichtung der Arbeitgeber, Beschäftigte über die Risiken einer Covid-Erkrankung und Impfmöglichkeiten zu informieren. Beschäftigte sind zum Impfen freizustellen. Firmen müssen zudem ihre Betriebsärzte beim Impfen unterstützen oder durch mobile Impfteams oder Arztpraxen Angebote machen. Doch wie handhaben es Firmen und Verbände mit dem Impfen - und wie stehen sie zu einem Auskunftsrecht für Arbeitgeber?

Stadt München: "Gezielter planen"

Alexander Dietrich, Personal- und Organisationsreferent der Landeshauptstadt München glaubt, dass die Kenntnis des Impfstatus Arbeitgebern helfen würde, Schutzmaßnahmen und Informationskampagnen gezielter zu planen. Eine klare gesetzliche Regelung, die den Datenschutz berücksichtigt, würde er begrüßen, sagt er der AZ. Bisher gebe es aber mangels Rechtsgrundlage keine Impfstatus-Erfassung.

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Stadtwerke: "Werben und abwarten"

Über betriebliche Angebote haben sich bei den Stadtwerken München (SWM) bisher rund 1.500 Mitarbeiter von insgesamt 10.000 impfen lassen, heißt es auf AZ-Anfrage - über private Impfungen haben die SWM keine Daten. Man werbe im Intranet kontinuierlich für die Impfung, etwa mit Video-Anrufen der Geschäftsleitung. Ansonsten werde man die Entscheidungen der Politik abwarten.

Dehoga: "Auskunft zum Schutz"

Der bayerische Hotel- und Gaststättenverband Dehoga spricht sich - für die Rückkehr zur Normalität - für das Erfragen des Impf- oder Genesenenstatus der Belegschaft aus, so der Dehoga zur AZ. Demnach könnten dann Hygienekonzepte zum Schutz der Belegschaft entsprechend angepasst werden. Hierfür fehle die Rechtsklarheit.

Siemens: "Keine Impfpflicht"

Zur Diskussion um die Abfrage des Impfstatus wolle sich das Unternehmen nicht äußern, sagt ein Sprecher von Siemens auf AZ-Anfrage. Eine Impfpflicht oder eine anonyme Erfassung der Geimpften gebe es nicht. Im Juni sei jedem Mitarbeiter ein Impfangebot unterbreitet worden, wobei jeder selbst entscheiden konnte, ob er es annehmen möchte. Es gelten demnach die gesetzlichen Schutz-und Hygienevorschriften.

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Lufthansa: "Alles, was möglich ist"

Bei der Lufthansa will man sich nicht explizit zu einer Impfstatus-Abfrage der Mitarbeiter äußern. Der Konzern werde aber "alles Mögliche unternehmen", um auf vollständige Durchimpfung hinzuwirken, heißt es auf AZ-Anfrage. Da einige Staaten einen Impfnachweis verlangen, muss Bordpersonal schon jetzt de facto geimpft sein - eine Impfpflicht fürs Bodenpersonal plant Lufthansa nicht, heißt es.

MAN: "Monitoring und Aktionen"

MAN setze schon lang auf Impfaktionen und ein freiwilliges Testangebot, sagte Sprecher Pietro Zollino der AZ. Am Standort München seien so bereits 5.000 Impfungen durchgeführt worden. Eine Impfpflicht gebe es nicht. Es gebe aber ein anonymes Impfmonitoring für die Zahl der internen Erst- und Zweitimpfungen.

München Klinik: "Drei Tests für Ungeimpfte"

In der München Klinik weiß man gut Bescheid: Eine Sprecherin teilt mit, über die interne Impfung hätten sich mehr als 5.000 von 7.000 Beschäftigten immunisieren lassen. Zu einer Auskunftspflicht sagt sie nichts, betont aber, dass man auf Aufklärung und engmaschige Tests setze. Reiserückkehrer brauchen hier zwei zusätzliche PCR-Tests, ungeimpfte sogar drei.

BMW: "Fragen erst klären"

"Der Impfstatus unserer Mitarbeiter fällt aktuell in das Persönlichkeitsrecht", so Angela Konert von BMW zur AZ. Derzeit warte man auf die neue Arbeitsschutzverordnung, um offene Fragen, etwa zum Datenschutz der Mitarbeiter, zu klären. Dann könnten Maßnahmen folgen. Die Impfung sei "absolut freiwillig" und werde auch im Betrieb mit großer Nachfrage durchgeführt.

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  • Ludwig aus Bayern am 03.09.2021 10:43 Uhr / Bewertung:

    "Geht man beispielsweise ins Konzert, zeigt man seinen Impfstatus." Der Zweck dabei ist nach wie vor fragwürdig. Denn auch Geimpfte übertragen das Virus. Ginge es um die Gesundheit, hätte diese Praxis keinen Sinn. Aber Zwang kann man so ausüben. Und Überwachung auch.

  • Rudi 678 am 02.09.2021 15:12 Uhr / Bewertung:

    Der Arbeitgeber hat natürlich immer ein berechtigtes Interesse an den Gesundheitsdaten seiner Mitarbeiter und schon deshalb sollte der Impfstatus nicht als Einfallstor geöffnet werden.

  • Karljörg am 02.09.2021 14:34 Uhr / Bewertung:

    Was ist denn da schon problematisch? - Es gibt eine sehr gutes System, die 3 G - Regelung.
    Jeder Arbeitnehmer kann entsprechend - ohne "Daten" preis zu geben - sich damit problemlos erklären.
    ...und da Kas wär' gspitzt.

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