Grünen-Politiker Bernd Schreyer aus München wegen Volksverhetzung vor Gericht – das ist das Urteil
München – Hat sich der ehemalige Münchner Stadtrat Bernd Schreyer (Grüne) der Volksverhetzung schuldig gemacht? Oberstaatsanwalt Andreas Franck, Antisemitismus-Beauftragter der bayrischen Justiz, sagt ja.
Der Grund: Schreyer hatte am 11. Juni 2023 Jahres im Rahmen der Diskussionen um das Gebäudeenergiegesetz unter anderem getweeted: "Obwohl es nie ein Heizungsverbot gab, ist es gelungen so gegen Grüne aufzuwiegeln, als seien sie die "neuen Juden" die "ausgemerzt" werden müssen, um Deutschland wieder alles Glück und Wohlstand zu bringen." Für Franck hat der Ex-Stadtrat mit dieser Aussage den Holocaust bagatellisiert.
Grünen-Politiker aus München muss sich wegen Volksverhetzung verantworten
Die Generalstaatsanwalt beantragte deshalb einen Strafbefehl. Der Ex-Stadtrat legte Widerspruch ein, so dass es am Donnerstag zum Prozess am Amtsgericht kam.
"Ihnen war bewusst, dass die öffentliche Kritik am geplanten Gebäudeenergiegesetz in keinem Zusammenhang zur systematischen Massenvernichtung von Juden im Rahmen des Holocaust steht. Gleichwohl stellten Sie eine gedankliche Verbindung zwischen der industriell durchgeführten Ermordung von etwa sechs Millionen jüdischen Menschen unter der NS-Diktatur und der Kritik am vorgenannten Gesetz her. Dabei nahmen Sie zumindest billigend in Kauf, durch die Heranziehung des Holocaust zum Vergleich mit abwertenden Äußerungen zum Gebäudeenergiegesetz die millionenfache Ermordung von Juden im NS-Terror zum beliebigen Vergleichsobjekt für jedermann zu degradieren und zu verharmlosen."
Gegen diese Auslegung wehrt sich Schreyer. In seiner Stellungnahme zu Beginn der Verhandlung stellt er heraus, dass er sich schon als Schüler gegen (Schreyer ist Jahrgang 1951) "die vorherrschende Verdrängung und das Verschweigen der NS-Zeit" engagiert habe. Auch seine Familie sei betroffen gewesen, ein Großonkel musste fliehen, ein weiterer wurde ins KZ-Theresienstadt verbracht, überlebte nur knapp, berichtet Schreyer.
Bernd Schreyer: "Tweet wurde von Rechtsextremen gekapert"
Sein Tweet war "das Gegenteil einer Verharmlosung des unvergleichlichen Holocausts", erklärt Schreyer. "Der Vorwurf des Staatsanwalts, ich hätte eine Gleichsetzung der öffentlichen Debatte und Kritik an der GEG-Novelle mit dem Völkermord an Jüdinnen und Juden im Dritten Reich vorgenommen, trifft mich sehr hart."
Schreyer hatte den Tweet nach wenigen Stunden wieder gelöscht, weil dieser von einem Rechtsextremen "gekapert" worden sei, sagt er. Doch da war es wohl schon zu spät. Der Tweet schlug hohe Wellen und Schreyer trat von seinem Posten im Stadtrat zurück. "Ich wollte damit Schaden von meiner Partei abwenden."
Amtsrichterin Sonja Öttl beklagt zwar ebenfalls die Verrohung der öffentlichen Debatte, folgt mit ihrem Urteil aber der Anklage und verurteilt den ehemaligen Stadtrat wegen Volksverhetzung zu einer Geldstrafe von 60 Tagessätzen je 100 Euro, also 6000 Euro.
Richterin vom Amtsgericht München: Schreyer hat massenhafte Ermordung bagatellisiert
Wie schon für Staatsanwalt Franck war auch für die Richterin die Verwendung des Ausdrucks "ausmerzen" in dem Tweet zentral für den Vorwurf der Volksverhetzung, da dieser den Bezug zum Holocaust herstellt und damit die massenhafte Ermordung von Juden bagatellisiere.
Schreyer aber gibt sich nicht geschlagen. Er kündigt im AZ-Gespräch an, dass er bei einer Verurteilung in Berufung gehen werde. Resignation sieht anders aus.
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