Förderung, Kosten, Modelle: Experten aus München beantworten AZ-Leserfragen zur Wärmepumpe
München - Es ist das Thema, das wohl wie kein anderes derzeit Immobilienbesitzer, aber auch Mieter umtreibt: Wie soll ich heizen? Und wie teuer wird das? Was ist noch Spekulation, was darf sicher angenommen werden? Die AZ hat Leserkommentare zum Anlass genommen, Experten Fragen vorzulegen.
Wie hoch sind die Anschaffungskosten einer Wärmepumpe?
Viele bemängeln, man könne die Entwicklung von Strom- und Gaspreisen nicht gut genug prognostizieren. Wie lange kann es dauern, bis eine Wärmepumpe finanziell lohnender ist als eine Gasheizung? Und soll nun ein 80-Jähriger doch auf eine Pumpe setzen?
Die Anschaffungskosten seien bei der Wärmepumpe zwar höher als bei einer Gasheizung, sagt Manuel Bahnemann der AZ. Der Wirtschaftsingenieur ist Experte für Wärmepumpen beim sogenannten Enertech-Unternehmen Octopus Energy. Das Unternehmen ist weltweit aktiv – der deutsche Sitz ist in München – und installiert seit 2022 Wärmepumpen-Komplettlösungen.

"Das Ganze rentiert sich aber in der Regel über die Betriebslaufzeit", sagt Bahnemann weiter über den Kostenvergleich von Gasheizung und Wärmepumpe, "das heißt, über die 15, 20 Jahre, die so eine Heizung anläuft, spart man stark bei den Heizungskosten und kann damit die höheren Anschaffungskosten wettmachen."Die Gaspreise würden in der Zukunft wahrscheinlich nicht sinken. Auch das Thema CO2-Bepreisung müsse man im Auge behalten. Aktuell werde weniger eingepreist.
"In der Zukunft werden wir wahrscheinlicht nicht darum herumkommen, die Umweltschäden, die durch Gas- und Ölförderung entstehen", zu berücksichtigen. Würden diese Preise immer höher, während die Strompreise wegen geringerer CO2-Belastung sinken würden, entstünde eine höhere Spanne zwischen Gas- und Strompreis.Eine Altersgrenze, ab der sich die Installation von Wärmepumpen nicht mehr lohnt, gebe es nicht, so Bahnemann. "Jedem ist natürlich selbst überlassen, ob man diese Investition machen möchte." Octopus habe viele ältere Kunden. Deren Argument sei, etwas für die Enkel tun zu wollen.
Fallen Entsorgungskosten beim Kauf einer Wärmepumpe an?
Die seien bei Octopus im Preis mit drin, sagt Bahnemann. Die Kosten seien immer gleich, ob man nun eine neue Gas- oder Ölheizung oder eine Wärmepumpe installiere.
Ob ein Schornstein entfernt wird, überlässt Bahnemann dem Kunden. Verbraucher sollten bei ihrem Installateur anfragen, wie er die Entsorgung handhabt, rät der Experte – also ob diese im Angebot inbegriffen ist. Als einzelner Posten sollte die Entsorgung inklusive Logistik und Handwerkerstunden "nicht 1000 Euro als Gesamtvolumen überschreiten".
Welche Varianten der Wärmepumpe gibt es?
Wärmepumpe ist nicht gleich Wärmepumpe. Welche Varianten eignen sich für wen? "Eine Wärmepumpe eignet sich grundsätzlich für jedes Haus in Deutschland, unabhängig vom Alter – sie funktioniert überall", sagt Bahnemann. Die für Bestandshäuser am besten geeignete Technologie ist ihm zufolge die Luft-Wasser-Wärmepumpe, die aus zwei Geräten besteht: eines innen, eines außen.
Eine andere Variante ist die Erdwärmepumpe. "Die ist teilweise sogar etwas effizienter als die Luft-Wasser-Wärmepumpe, ist aber auch deutlich aufwendiger und teurer in der Anschaffung", weil man erst einmal Erdbohrungen durchführen müsse. "Das geht auch nicht überall."
Wer nur auf die Kosten schaue, sei in der Regel mit der Luft-Wasser-Wärmepumpe besser bedient. Bei der Erdwärmepumpe müsse zudem eine bestimmte Effizienz erreicht werden, um Fördermittel vom Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (Bafa) zu bekommen.
Außerdem gibt es Luft-Luft-Wärmepumpen. "Das sind einfach nur Klimaanlagen rückwärts." Gerade im Bestand müssen aber laut Bahnemann in allen Räumen, in denen Heizkörper verbaut sind, zusätzlich noch Geräte der Luft-Luft-Wärmepumpe installiert werden, damit warme Raumluft über das Gerät zugeführt werden kann. Dagegen könnten bei der Luft-Wasser-Wärmepumpe bestehende Heizkörper genutzt werden.
Wärmepumpe in Altbauten: Gibt es Bedingungen?
Gerade bei Altbauten immer wieder ein Argument gegen die Wärmepumpe: Sind diese nicht gut gedämmt, wird der finanzielle Aufwand immens, weil der Einbau der Pumpe ohne nachträgliche Komplettdämmung nichts bringt. Bahnemann nennt auch hier die Entwicklung der Strom- und Gaspreise als Argument: "Die Glaskugel haben wir leider auch nicht", Tendenzen seien aber absehbar – der Strompreis werde aller Voraussicht nach nicht deutlich steigen, der Gaspreis dafür nicht deutlich sinken. "Der Strommix in Deutschland ist tendenziell immer grüner."
Dennoch sei eine Dämmung sinnvoll: "Immer, wenn das Haus besser gedämmt ist, hat man eine geringere Heizlast und dadurch geringere Heizkosten." Die Heizlast "ist der Wärmestrom, der von einer Heizungsanlage dem Gebäude zugeführt wird, sodass bei tiefster Norm-Außentemperatur im Winter die Norm-Innenraumtemperatur herrscht", erläutert die Informationsplattform Baunetz Wissen. Meist, so das Portal Verivox, werde sie für eine Außentemperatur von minus zehn bis minus 16 Grad Celsius berechnet.
Der Mehrbedarf an Strom, den eine Wärmepumpe hat, würde bei schlechter Dämmung noch mehr ins Gewicht fallen, erläutert Bahnemann. Aber: Auch im Altbau lohne sich die Wärmepumpe "in den meisten Fällen". Ideal sei sie mit einer Photovoltaikanlage, die durch Erzeugung eigenen Stroms Kosten senken könne. Doch was, wenn der Einbau einer Wärmepumpe und die Dämmung der Immobilie oder andere Installationen das eigene Budget übersteigen? Die Entscheidung, für welchen Posten man sich im Zweifel entscheidet, will Bahnemann den Kunden nicht abnehmen.
"Natürlich sollte ein Haus in der Zukunft auch besser gedämmt sein." Wenn nur entweder die Pumpe oder die Dämmung möglich seien, müsse man schauen, "was früher möglich ist und besser ins Budget passt". Der Wirtschaftsingenieur rät in einem solchen Fall dazu, mit einem Energieberater über einen individuellen Sanierungsfahrplan zu sprechen, der beide Posten beinhaltet.
Funktioniert die Wärmepumpe nur mit einer Fußbodenheizung?
Effizienz erreicht man mit einer Wärmepumpe eigentlich nur mit einer Fußbodenheizung, sagen viele: ein Märchen? Die Fußbodenheizung sei das bessere Heizsystem als Heizkörper, antwortet Bahnemann. Sie könne über eine größere Fläche Wärme erzeugen und dadurch Räume einfacher erhitzen. Sie funktioniere sehr gut mit der Wärmepumpe.
Die Heizungswassertemperatur oder auch Vorlauftemperatur sei bei Wärmepumpen in der Regel etwas geringer als bei Gas- oder Ölheizungen. Dadurch spare man Energie. Ein Heizungskörper, der schon 15 bis 20 Jahre alt sei, habe vielleicht nicht mehr die nötige Übertragungsfläche, um einen Raum ausreichend aufzuheizen, um die gewünschte Raumtemperatur zu erreichen.
"Das ist aber absolut kein Ausschlusskriterium." Mehr als die Hälfte der Kunden bei Octopus verfüge über Heizkörper, Beschwerden gebe es diesbezüglich nicht, so der Experte. Wichtig sei aber, dass genaue Raumdaten erfasst würden, um festzustellen, ob die Heizkörper noch ausreichend geeignet sind.
Falls nicht, gebe es die Möglichkeit, Heizkörper zu tauschen. Auch durch diese können dann Bahnemann zufolge die Heizkosten über einen längeren Zeitraum gesenkt werden und so die Investition sich noch mehr lohnen. "Die Fußbodenheizung ist besser, aber kein Kriterium."
Welche Fördermittel gibt es für die Wärmepume?
Ein AZ-Leser hat vor Förderzusagen bezahlt. Manche zahlen erst und beantragen dann. "Leider ist das ein Problem", sagt Bahnemann dazu. "Das Ganze wird als vorzeitiger Vorhabensbeginn bewertet." Wenn man erst seine Rechnungen bezahle und dann die Förderung beantrage, heiße es beim Bund, das Geld sei ja anscheinend vorhanden und Förderung nicht nötig. Wer Fördermittel einhole, bevor er einen Vertrag unterschreibt, sei auf der sicheren Seite. Bahnemann rät, mit dem Installateur zu besprechen, ob dieser die Beantragung der Fördermittel übernimmt, und falls ja, wann dies geschieht.
"Ich kann mir schon vorstellen, dass da einige Stolpersteine drin sind", sagt der Experte auf die Frage, wie schwierig die Förder-Beantragung für Laien ist. Wer dies alleine und ohne Berater mache, sollte sich vorab im Internet informieren. Sein Tipp: 2024 werde es deutliche Änderungen bei der Förderung geben. Die Fördergrundmenge würde höher werden, die Fördersumme für den Einzelnen aber nach oben gedeckelt. Die neuen Förderregeln würden im nächsten Jahr vermutlich zu höherer Nachfrage und damit möglicherweise auch zu höheren Preisen führen, gibt Bahnemann zu bedenken.
Brauche ich einen Energieberater für den Einbau einer Wärmepumpe?
Die Wärmepumpe installieren zu lassen, ohne dass jemand vorher beim Kunden zu Hause war, davon würde der Experte abraten. Es sei aber nicht zwingend nötig. Wer aber Größeres plane wie Dämmung oder neue Fenster, sollte sich an einen Energieberater wenden. Dies könne allerdings mehr kosten und länger dauern.
Eine Tätigkeit von Experten für Energieeffizienz (EEE) könne jedoch mit bis zu 50 Prozent der Kosten als Steuerermäßigung gewährt werden, informiert die Energieberatung der Verbraucherzentralen.
Gibt es noch Gründe für eine Gasheizung?
Gibt es die noch? Mit einer Wärmepumpe mache man sich unabhängig von fossilen Energieträgern, sagt Bahnemann. "Deren Preise sind in der Zukunft immer schwerer vorherzusagen." Auch für Kunden mit keinem großen Geldbeutel sei die Pumpe inklusive Förderung über einen gewissen Zeitraum finanziell sinnvoller – wenn auch im höheren Alter nicht mehr für sich selbst, dann für die nächste Generation. Wer aber jetzt eine neue Gasheizung einbaue, habe "auf einen Schlag" einen Wertverlust für die Immobilie, ergänzt Octopus-Energieexperte Domenik Brader.
Auch werde es künftig weniger Fix-, sondern häufiger Hoch- und Niedrig-Strompreise geben. Darauf lasse sich die Wärmepumpe einstellen. Aus der Praxis berichtet ein Leser dies: Als "Beitrag zum Klimaschutz" sah es Joseph B.: 2022 tauschte er seine Gasheizung mit Radiatoren von 1988 gegen eine Grundwasser-Wärmepumpe aus. Der AZ-Leser sprach mit einem Energieberater, der ihm "unter Kostenaspekten" zur neuen Gasheizung riet, und einem Heizungsbauer, der dagegen angesichts staatlicher Förderung die Wärmepumpe für vertretbar hielt.
B. erzählt der AZ, dass er im September 2022 seinen Energieberater einen Förderantrag beim Bafa stellen ließ, dessen Eingang im März bestätig wurde. Schon hier wurde eine Frist für bessere Förderung versäumt. Im November wurden demnach nach zahllosen Erinnerungen an Heizungs- und Brunnenbauer "zwei Brunnen mit 15 Metern Abstand und sieben Metern Tiefe im Garten gegraben, Rohre und Elektroleitungen neu verlegt und die Gasheizung gegen eine Wärmepumpe ausgetauscht, die den Fortbetrieb der vorhandenen Radiatoren - ohne Fußbodenheizung – ermöglichte".
Fast 74.000 Euro kostete alles, allein der Anschluss gut 2300 Euro. Auf Wärmepumpe, Gutachten und Abnahme entfielen demnach gut 20.000 Euro. Die Wiederherstellung des Gartens beglich B. selbst. Nach Bezahlung der Rechnungen hoffte er auf eine Förderung eines Drittels der Summe. Im Mai habe das Bafa ein von einem Sanitärbetrieb unterschriebenes Formblatt gefordert, dass die Pumpe nicht für industrielle Zwecke verwendet wird.
Im August sollte B., sagt er der AZ, zwei Rechnungen erneut vorlegen, weil die bisherigen nicht detailliert genug waren. B. versucht seit Wochen, seinen Brunnenbauer zur präzisierten Rechnung zu bewegen. Der Münchner bangt um die staatliche Unterstützung: "Hätte ich das alles so vor einem Jahr gewusst, dann hätte ich mich trotz Bemühen um Klimaschutz gegen Wärmepumpe und für fossile Gasheizung entschieden." Die Pumpe habe "Frustration an allen Fronten" verursacht.
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