Fastfood zu Hause: Starkoch Ali Güngörmüs aus München verrät, was er immer in seinem Tiefkühlfach hat
München - Er hat es geschafft. Ali Güngörmüs erkochte sich einen Michelin-Stern, ist regelmäßig im Fernsehen und betreibt in München zwei Lokale. Sein Kochwissen teilt er in Kochbüchern. Sein neuestes, Mediterran Express, enthält Rezepte, die in nur 30 Minuten auf dem Tisch stehen.
AZ: Herr Güngörmüs, können Sie sich als Profi-Koch in Menschen hineinfühlen, die abends müde sind und einfach nur möglichst schnell etwas essen möchten?
ALI GÜNGÖRMÜS: Sehr gut sogar. Genau deshalb ist das Buch entstanden. Ganz ehrlich: Ich habe auch keine Lust, eine Stunde oder mehr in der Küche zu stehen, um für mich selbst etwas zu kochen. Zeit ist das Kostbarste, was wir haben. Wenn die Leute müde aus dem Büro kommen, dann noch einkaufen gehen müssen, vielleicht noch zum Sport und dann zwei, drei Stunden kochen: Das ist zu viel. Und deshalb habe ich gesagt: Ich möchte ein Kochbuch machen, das einfach ist.
Was heißt das konkret?
Die Leute sollen nicht lange in der Küche stehen, sich aber trotzdem gut und gesund ernähren. Dafür habe ich mir überlegt: Ali, wie ist das bei dir? Ich habe nie mehr als fünf bis sieben frische Zutaten zu Hause. Ich gehe zwei Mal die Woche einkaufen und fertig. Daher kommt die Idee.
Tipps vom Münchner Starkoch Ali Güngörmüs: "Was ich immer daheim habe..."
Wie genau bringen Sie kochfaule Menschen wieder an den Herd?
Ein Kochbuch muss verständlich sein, sollte keine Riesen-Zutatenlisten haben und flexibel bleiben. Im Buch stehen ein paar Basis-Zutaten wie Salz, Zucker, Öl. Das haben die meisten zu Hause. Ansonsten kommen die Gerichte mit maximal fünf bis sieben frischen Zutaten aus. Die Leute öffnen dann ihren Kühlschrank und überlegen: Was kann ich damit kochen? Wenn dann im Rezept Brokkoli steht, sie aber nur Blumenkohl haben, dann können sie auch den nehmen. Dadurch wird das Gericht nicht schlechter. Dann kommt hoffentlich auch die Lust zum Kochen.
Haben auch Sie mal keine Lust aufs Kochen?
Ich muss ja beruflich sehr viel kochen. Aber daheim habe auch ich manchmal keine Lust. Was ich dann immer dahabe: Salat und Kirschtomaten. Die Tomaten mache ich warm zum Salat. Dann gibt es ein Brot dazu, kleine Rosmarinkartoffeln oder Mozzarella. Damit bin ich in 25 Minuten fertig.
Wie kann man noch Zeit in der Küche sparen?
Ein Tipp: schon während dem Kochprozess aufräumen. Und intelligent kochen. Einen Topf nehmen, darin blanchieren oder Nudeln kochen, je nachdem, was man macht. Und wenn das fertig ist, den gleichen Topf für das nächste verwenden.
Können Sie sich noch an die Zeit erinnern, als Sie sich nicht den ganzen Tag mit Essen befasst haben?
Ich habe meine Lehre mit 14 Jahren angefangen. Davor habe ich wie jeder andere Junge auch gerne Fußball gespielt. Um 15.30 Uhr ist mein Vater immer von der Arbeit nach Hause gekommen. Da mussten wir alle zusammen am Tisch sitzen, und dann wurde gegessen. Und wenn das Wetter zu schlecht für Fußball war, habe ich meiner Mutter in der Küche geholfen.
Ali Güngörmüs wäre beinahe im Einzelhandel gelandet
Wollten Sie deshalb Koch werden?
Deshalb nicht. Aber vielleicht war es im Unterbewusstsein immer schon da bei mir. Bis zu meinem zehnten Lebensjahr habe ich in Ost-Anatolien gelebt. Dort habe ich immer Bezug zu Lebensmitteln gehabt. Und in Deutschland habe ich dann immer wieder mal meiner Mutter geholfen, habe Zwiebeln oder Knoblauch geschält, einfache Sachen. Ich habe das gerne gemacht. Vielleicht war dadurch meine berufliche Karriere ein bisschen vorgezeichnet.
Gab es noch einen anderen Berufswunsch?
Ich habe damals noch zwei weitere Bewerbungen geschrieben. Eine als Einzelhandelskaufmann und eine als Drucker. Als Einzelhandelskaufmann habe ich eine Absage bekommen, als Drucker hätte ich anfangen können. Aber der Lack und die Farbe, das war nichts für mich. Ich bin ein Ästhet, ein Mensch, der alles anfassen muss, in der Küche, beim Einkaufen. Ich will die Lebensmittel, die Tomaten anfassen, die Frische fühlen.
Und wo haben Sie Ihre Lehre dann gemacht?
Im Wirtshaus im Rosengarten im Westpark. Dort habe ich die einfache bayerische Küche gelernt.
Sie sind türkisches Gastarbeiterkind. Was haben Ihre Eltern damals über Ihren Berufswunsch gesagt?
Das Thema Kochen war bei uns immer nur mit Frauen verbunden. Es hieß, Männer machen nur richtige Männerberufe wie Automechaniker, Elektriker, Lackierer. Eigentlich furchtbar. Jedenfalls waren meine Eltern nicht begeistert. Mama hat sich wenig eingemischt. Aber mein Papa hat gesagt: "Wir sind in einem Industrieland, Deutschland ist so toll, hier kann man doch ganz andere Berufe machen." Aber ich habe gesagt: Papa, ich will das. Ich mache das.
Und das hat er hingenommen?
Ja. Er hat gesagt: "Du musst am Ende glücklich sein. Aber eins darfst du nicht vergessen: Von deinem Einkommen musst du deine Familie ernähren können. Wenn du das kannst, dann kannst du auch als Putzkraft arbeiten." Meine Eltern haben eine klare Meinung, sind aber sehr liberal. Aber mein Ansehen innerhalb der Familie war als Koch anfangs nicht gerade hoch.
Sie haben mir einmal erzählt, dass Ihre Mama Ihr Koch-Vorbild ist. Sind Sie es andersherum jetzt auch?
Nein. Wenn ich sonntags bei Mama bin, kocht immer noch sie. Aber mittlerweile tauschen wir uns aus. Wenn ich ihr einen Tipp gebe, ist sie im ersten Moment schon stolz und fragt, ob ich ihr jetzt wohl das Kochen beibringen will. Aber dann bitte ich sie: Probier doch mal! Und manchmal sehe ich beim nächsten Besuch, dass sie es gemacht hat. Und dann kann ich sagen: Schau Mama, ein bisschen recht hab ich auch! (lacht)
Zum Beispiel?
Das sind kleine Tipps. Ihre Köfte gart sie in einer richtig schönen Tomatensoße. Tomaten haben Säure. Da habe ich ihr gesagt, gib doch ein bisschen Zucker rein oder Honig und Zimt, um die Säure wegzunehmen. Sie war skeptisch, aber dann hat sie es ausprobiert und gesagt: "Es wird wirklich runder." Aber ich muss vorsichtig sein. Ich habe auch schon den Spruch bekommen: "15 Jahre hab ich für dich gekocht. Jetzt bist du selber Koch – und plötzlich schmeckt es dir nicht mehr?" (lacht)
Einkaufstipps in München: "Dort, wo die Inhaber mit Leib und Seele dabei sind"
Haben Sie Einkaufstipps in München?
Natürlich könnte ich jetzt den Viktualienmarkt nennen. Aber das ist auch teuer. Ich selbst kaufe gerne auf Wochenmärkten ein. Es gibt aber auch tolle kleine Lebensmittelgeschäfte, zum Beispiel türkische. Grundsätzlich würde ich immer da einkaufen, wo der Inhaber mit Leib und Seele dabei ist. Wenn er sich für seine Kunden nicht zu schade ist und sich morgens selbst in den Laden stellt.
Es gibt im Kochbuch ein Moussaka-Rezept. Eine Zutat: fertige Bolognese-Soße. Haben Sie so eine wirklich schon einmal gekauft?
Das ist ja nur ein Tipp, wie du es in 30 Minuten machen kannst. Und ich sage ja nicht, man soll die billigste kaufen. Es gibt auch Soßen im Glas von kleinen Manufakturen, die schmecken gut. Man kann sie ja immer noch abschmecken. Oder man kocht selbst eine auf Vorrat, weckt sie im Glas ein und fertig.
Geben Sie es zu: Essen Sie auch manchmal Fast Food daheim?
Ich weiß nicht, ob ich das jetzt überhaupt sagen soll (lacht). Aber ich habe immer Pommes im Tiefkühlfach. Ab in den Ofen, Ketchup dazu, fertig. Ich habe auch immer Joghurt, Beeren, Parmesan, Zwiebeln, Knoblauch, Tomaten. Dann mache ich mal einen Salat, mal Gemüse. Und wenn ich richtig Hunger habe, esse ich Joghurt mit Beeren und Granola.
Ihr Kochbuch ist mediterran. Was bedeutet bayerische Küche für Sie?
Das ist eine leckere, deftige Küche. Ich esse gerne Schnitzel. Oder Pfannkuchensuppe. Toll, dass einige Kollegen die bayerische Küche jetzt etwas pfiffiger und leichter machen. Wurde auch Zeit. Aber ich esse auch gerne Weißwürste – mit Senf und frischer Brezn, herrlich! Wenn ich am Großmarkt bin, gehe ich rüber zum Wallner und gönne mir das.
Welches Rezept aus dem Buch wollen Sie unseren Lesern denn empfehlen?
Die Linsensuppe oder den Mangoldauflauf, Spaghetti mit Pimientos de Padron oder Maccheroni mit Thunfischcreme und Kapern – ich kann mich nicht entscheiden!
Sie müssen!
Dann nehme ich den orientalischen Spitzkohlsalat mit Pfirsich und Zimtcroûtons.
Rezept zum Nachkochen: Orientalischer Spitzkohlsalat mit Pfirsich und Zimtcroûtons
Zutaten:
1 kleiner Spitzkohl (ca. 800 g) Salz 1 rote Zwiebel 1 EL Weißweinessig 2 feste, aromatische Pfirsiche 1 Bund Koriandergrün 4 EL Granatapfelkerne 6 EL Olivenöl Pfeffer 2 rote Peperoni, entkernt und in Ringe geschnitten 1 EL Zitronensaft 4 Scheiben Kastenbrot 50 g Butter 2 EL heller Sesam, geröstet 1/2 TL Zimtpulver

Zubereitung:
- Den Spitzkohl vierteln, äußere Blätter und harten Strunk entfernen und die Kohlviertel in feine Streifen schneiden. Leicht salzen und kräftig durchmengen.
- Die Zwiebel schälen, in dünne Streifen schneiden und mit kochendem Wasser und etwas Essig übergießen, kurz ziehen lassen, dann in ein Sieb abgießen.
- Die Pfirsiche waschen, vierteln, entsteinen und in Scheiben schneiden. Das Koriandergrün waschen, trocken tupfen, die Blätter abzupfen und fein hacken.
- Kohl, Zwiebel, Pfirsiche und Granatapfelkerne in einer großen Schüssel mit Olivenöl, Salz und Pfeffer mischen. Koriandergrün und Peperoniringe darüberstreuen, alles mit Zitronensaft abschmecken.
- Das Kastenbrot in etwa 1cm große Würfel schneiden und in einer Pfanne in der Butter unter wenden goldbraun rösten. Zuletzt mit Sesam und Zimt bestreuen. Den Salat auf Tellern anrichten und mit den Zimtcroûtons bestreuen.
Tipp: Wer mag, bröckelt zusätzlich etwas Ziegenkäse über diesen sommerlichen Salat!
Ali Güngörmüs: Mediterran Express, DK Verlag, 24,95 Euro
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