"Die Gefahr ist zu hoch": Eis-Chaos hat München und Bayern weiter fest im Griff
München - Lang anhaltender gefrierender Regen hat in und um München herum für Eisglätte auf Straßen und Wegen gesorgt. Der Deutsche Wetterdienst (DWD) warnte bis Mittwochnachmittag (17. Januar) vor Glatteis mit hoher Glättegefahr durch gefrierenden Regen und schmelzenden Schnee.
Eisregen in München: Stadt fährt Sondereinsatz mit mehr als 1.000 Mitarbeitern
Bereits in den frühen Morgenstunden war leichter Schneefall schnell in gefrierenden Regen übergegangen, die Polizei empfahl, auf jegliche Fahrten zu verzichten – wer unbedingt unterwegs sein müsse, solle extrem vorsichtig fahren und zeitliche Verzögerungen einplanen.

Auch Fußgänger und Radfahrer müssten auf spiegelglatten Wegen äußerst vorsichtig sein, auf Eisflächen von Gewässern bestehe weiter Lebensgefahr, mahnte die Stadt.
Mehr als ein Drittel der geplanten Starts und Landungen am Flughafen München gestrichen
Der städtische Winterdienst des Baureferats begann bereits vor dem prognostizierten Eisregen in der Nacht von Dienstag auf Mittwoch in voller Personalstärke mit einem Sondereinsatz. Die mehr als 1.000 Mitarbeitenden und über 600 Fahrzeuge brachten Streusalz und Splitt auf Fahrbahnen, Gehwegen und Fahrradwegen aus.
"Die präventive Oberflächenbehandlung vorab ist bei Eisregen entscheidend, damit die Eisbildung möglichst reduziert wird", teilte die Stadt dazu mit und bat die Bevölkerung, "sich auf potenzielle Beeinträchtigungen durch Glätte und ungünstige Straßenverhältnisse einzustellen".
Airport München: "Erhebliche Einschränkungen im Flugbetrieb"
Mehr als ein Drittel der 650 geplanten Starts und Landungen am Münchner Flughafen wurden gestrichen, sagte eine Sprecherin am Morgen. Die restlichen Maschinen sollten nach vorläufigem Stand wie geplant starten oder landen.

Ob es dabei bleibt, hänge zunächst von der weiteren Entwicklung ab, hieß es weiter. Der Winterdienst sollte nach Angaben der Sprecherin dafür sorgen, dass eine Start- und Landebahn immer geöffnet ist. Am frühen Morgen gab es der Sprecherin zufolge bereits fünf Starts und sieben Landungen, die extremen Wetterbedingungen und der gefrierende Regen haben die Stadt weiter im Griff.
Deutsche Bahn: ICE-Züge derzeit mit maximal 200 km/h unterwegs
"Eine entsprechende Information ist an die in München operierenden Airlines weitergegeben worden. Voraussichtlich bis Mittag sind deshalb erhebliche Einschränkungen im Flugbetrieb zu erwarten. Bitte informieren Sie sich bei Ihrer Airline über den Flugstatus", teilt der Flughafen mit.
Schlimmer traf es den Frankfurter Flughafen, dort ging mittags dann nichts mehr, der Eisregen legte alles lahm. Die Flugzeuge könnten wegen des anhaltenden Eisregens vor dem Start nicht mehr sicher enteist werden, sagte ein Sprecher des Betreibers Fraport. Weiterhin landeten aber noch Flugzeuge, so dass die Parkpositionen langsam vollliefen. Es sei daher geplant, ab 15 Uhr auch keine Landungen mehr zu erlauben. Über das weitere Vorgehen werde je nach Wetterlage entschieden, hieß es.
Auch die Deutsche Bahn (DB) wappnete sich angesichts der kritischen Lage und begrenzte vorsorglich unter anderem die Höchstgeschwindigkeit der ICE auf 200 km/h, wie eine Sprecherin auf AZ-Anfrage mitteilte.
Eischaos: Deutsche Bahn rät grundsätzlich von Reisen ab
Der "starke Wintereinbruch" wirke sich auch auf den Bahnverkehr aus, es könne deutschlandweit zu Verspätungen und Zugausfällen im Regional- und Fernverkehr kommen: "Für betroffene Fahrgäste wurde deshalb am heutigen Tag die Zugbindung aufgehoben. Unabhängig davon gelten die weiteren tariflichen bzw. gesetzlichen Fahrgastrechte."
Man habe sich intensiv auf die angekündigte Wetterlage vorbereitet. "Es stehen Mitarbeitende in den betroffenen Regionen bereit, um beispielsweise Weichen zu räumen oder die Verkehrssicherung an Bahnübergängen zu gewährleisten, so die Sprecherin. "An strategisch wichtigen Punkten im Schienennetz stehen Räumfahrzeuge und schwere Loks zur Verfügung."
Nach DB-Angaben wurde der Zugverkehr zwischen Murnau am Staffelsee und Oberammergau wegen des angekündigten gefrierenden Regens und der Glättegefahr eingestellt hat, die Bahn rät grundsätzlich von Reisen ab.
Polizei und Feuerwehr München: "Keine besonderen Vorkommnisse"
Die Münchner Verkehrsgesellschaft (MVG) mahnt wegen der Glätte ebenso wie die Deutsche Bahn zu großer Vorsicht an Haltestellen und Stationen von Bussen, U-Bahn und S-Bahn. "Eisregen und Glättegefahr! Aufgrund von Eisregen und Glätte kann es im S-Bahnverkehr heute zu witterungsbedingten Einschränkungen kommen. Bitte halten Sie Abstand zur Bahnsteigkante und seien Sie vorsichtig beim Ein-/Ausstieg", hieß es.

Auf Anfrage der AZ erklärten Sprecher der Polizei und Feuerwehr, dass sich die Münchner offensichtlich auf die kritische Situation eingestellt hätten: "Es gab keine besondere Vorkommnisse." Es habe trotz der Verhältnisse nicht mehr Verkehrsunfälle gegeben als sonst. Und wenn es gekracht habe, sei es bei Blechschäden geblieben. Laut Feuerwehr gab es zehn Stürze, nach denen Fußgänger ins Krankenhaus kamen: "Für eine Millionenstadt wie München war da wenig los."
ADAC-Sprecher: "Warnungen vor Eisglätte haben offenbar gefruchtet"
Alexander Kreipl, verkehrs- und umweltpolitischer Sprecher des ADAC Südbayern, lobte den funktionierenden Winterdienst. "Es ist wirklich alles gemacht worden, was nötig war. Die meisten Straßen waren bereits in den frühen Morgenstunden gut befahrbar", sagte er im Gespräch mit der AZ. "Es ist nun einmal Winter, aber gerade Blitzeis ist natürlich sehr gefährlich."

Viele Menschen seien offenbar im Homeoffice geblieben, "die Warnungen vor Eisglätte tags zuvor haben offenbar gefruchtet". Bis dato würden die Kollegen von den Straßen "keine Auffälligkeiten" melden. Autofahrern rät Kreipl, gerade bei diesen Bedingungen vorausschauend zu fahren, Abstand zu halten, das Tempo zu reduzieren und "cool zu bleiben". Wer bei diesem Wetter keine Winterreifen aufgezogen habe, solle sein Auto auf jeden Fall stehen lassen.
DWD München: Situation entspannt sich in der Stadt schneller als im Umland
"Wenn sich der Trend so fortsetzt, wird sich das Eis-Problem bis zum Nachmittag in der Stadt erledigt haben", sagt Dirk Mewes von der DWD-Niederlassung in München der AZ. Im Umland sehe es allerdings noch etwas anders aus, insbesondere Bürgersteige und Nebenstraßen könnten weiter glatt sein. Die Belagstemperatur der Straßen liege noch bei null Grad, dort könne es glatt sein.
"In Ost- und Nordbayern wird sich das Eis noch halten, bis Donnerstag um 4 Uhr bleiben die Warnungen bestehen", so Mewes. Teilweise würde der Frost sehr tief sitzen, in manchen Regionen Bayerns herrschten im Boden in bis zu 20 Zentimetern Tiefe Minusgrade.
Der Boden müsse sich erst langsam erwärmen, doch gerade würden die tieferen Schichten immer wieder nachkühlen. "Das haben wir immer wieder mal", meint Mewes. "Vor allem, wenn es längere Frostperioden gab." Wenn dann der Schnee in den Regen übergehe und auf den tiefgefrorenen Boden treffe, gebe es Glatteisbildung. Auch im letzten Winter gab es Glatteis, manchmal komme es kleinräumiger, "in diesem Fall ist es großräumiger".
Trotz Eisregen: Tierpark Hellabrunn in München bleibt geöffnet
Der Schwerpunkt des Eischaos lag nach DWD-Angaben zunächst in Schwaben und im westlichen Oberbayern, wo am meisten Regen fiel. Er sollte sich aber im Laufe des Tages weiter nach Norden und Osten Richtung Oberfranken und Niederbayern verlagern.
In Nürnberg stellte die Stadt die Müllabfuhr wegen der "extremen Glätte" ein. "Die Gefahr für die Beschäftigten und die Verkehrsteilnehmer ist zu hoch." Wegen Glatteisgefahr schloss dann später der Tiergarten Nürnberg. "Eine sichere Besucherführung innerhalb des Tiergartens" sei nicht möglich, teilte die Stadt Nürnberg mit. Während der Zoo Augsburg ebenfalls schloss, blieb der Tierpark Hellabrunn in München geöffnet. "Die Verkehrswegesicherheit ist sichergestellt", sagte eine Sprecherin.
Schule fällt in den Landkreisen Freising, Erding und Ebersberg aus
Im kompletten Regierungsbezirk Mittelfranken sowie zahlreichen weiteren Städten und Landkreisen – im Münchner Umland sind die Landkreise Erding, Freising und Ebersberg betroffen – fiel wegen des Winterwetters der Präsenzunterricht an den Schulen aus. Erst am Vormittag wurde mitgeteilt, dass an den Schulen in Oberfranken keinen Nachmittagsunterricht geben sollte und die Schulen wegen der angekündigten Glatteisgefahr um 13 Uhr schließen sollten.
Späte Info über Schulausfall: Ebersberger Landrat entschuldigt sich
Der Ebersberger Landrat Robert Niedergesäß (CSU) entschuldigte sich für die zu späte Information über den Schulausfall in seinem Landkreis. "Die Kritik ist völlig berechtigt", schrieb er am Mittwoch auf Facebook. Die "viel zu kurzfristige Entscheidung" sei "inakzeptabel" für Schüler, Eltern, Schulen und Lehrer.

"Ich entschuldige mich dafür, obwohl ich nicht Teil dieses Gremiums bin und auch gestern nicht einbezogen wurde, was sich künftig ändern wird", schrieb er und kündigte an, dass die Abläufe in Zukunft geändert werden müssten.
Nach Angaben des Landratsamtes hatten Straßenmeisterei und Polizei erst am Mittwochmorgen gegen 6.30 Uhr Bedenken geäußert, die Straßenverhältnisse könnten zu gefährlich sein. Danach habe sich dann die "Koordinierungsgruppe Witterung" ausgetauscht und "umgehend" alle beteiligten Stellen informiert. Nach Angaben einer Sprecherin des Landratsamtes wurde die "Meldekette" dann gegen 7 Uhr in Gang gesetzt.
Grund- und Mittelschule Kirchseeon informiert kurz vor Unterrichtsbeginn über Schulausfall
Wann genau die Informationen dann bei den Schulen ankamen und auch veröffentlicht wurden, konnte das Landratsamt nicht genau sagen. "Nicht alle Busse und Kinder waren zu diesem Zeitpunkt schon unterwegs", sagte die Sprecherin des Landratsamtes – aber eben doch einige.
Bis die Information über die Schulschließungen im Landkreis aber auch diejenigen erreichten, die es betrifft, verging in jedem Fall weitere Zeit. Die Grund- und Mittelschule Kirchseeon beispielsweise informierte die Eltern erst um 7.40 Uhr – 20 Minuten vor Unterrichtsbeginn – über den Schulausfall.
Eltern machten ihrem Ärger über die späte Information in sozialen Medien Luft. Der benachbarte Landkreis Erding hatte beispielsweise schon am Vorabend darüber informiert, dass die Schule wegen der Wetterverhältnisse mit gefrierendem Regen und spiegelglatten Straßen am Mittwoch ausfiel.
Auf den Straßen in Bayern kam es am Morgen zunächst nur vereinzelt zu Unfällen. Ein Sprecher des Polizeipräsidiums Schwaben Süd/West berichtete am Mittwoch von fünf Unfällen in dem Bereich, verletzt wurde demnach niemand.
Das Landratsamt in Bad Neustadt an der Saale teilte mit, dass von Mittwochnachmittag an wegen Unwetterwarnungen vor extremem Glatteis im Landkreis Rhön-Grabfeld keine Busse mehr fahren. Der Busverkehr werde von 16 Uhr an eingestellt, betroffen seien Regional- und Stadtbusse sowie ein Angebot für flexiblen Bedarfsverkehr im östlichen Landkreis. Wann der Busverkehr wieder aufgenommen werden soll, blieb zunächst unklar.
DWD kündigt Schneefall für Donnerstag an
Im nördlichen Oberbayern krachte es vier Mal, auch hier blieb es laut Angaben eines Polizeisprechers bei Sachschäden. In anderen Teilen Bayerns blieben größere Einsätze auf den glatten Straßen den Polizeiangaben zufolge zunächst aus, etwa in Franken und Niederbayern.
Laut DWD soll es von Donnerstag an in Bayern wieder kälter werden, dann falle statt Regen voraussichtlich wieder Schnee.