"Das ist absolut gelogen": Backstage-Chef ärgert sich nach Absage über die Freien Wähler

Das Backstage sagt eine Veranstaltung der Freien Wähler mit Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger ab. Im Gespräch mit der AZ nennt der Chef der Münchner Event-Location die Hintergründe – und erklärt, dass die FW-Veranstaltung zu Beginn ganz anders angekündigt wurde.
Michael Schleicher |
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Die Plakate für die Veranstaltung im Backstage hängen in der ganzen Stadt.
Die Plakate für die Veranstaltung im Backstage hängen in der ganzen Stadt. © Michael Schleicher

München - Wer dieser Tage durch die Stadt geht, kommt nicht an ihnen vorbei, selbst wenn man es wollte: Die Plakate der Freien Wähler (FW), die im gesamten Stadtgebiet verteilt sind. Darauf groß zu sehen: Deren Chef und Bayerns Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger. Das Plakat wirbt für eine Veranstaltung mit dem stellvertretenden Ministerpräsidenten und Kultusminister Michael Piazolo, die am 29. Juni im Backstage in München stattfinden soll. Der Name der Veranstaltung: "Heizungsgesetz stoppen!"

Umstrittene Aiwanger-Aussagen auf Demo: Backstage sagt Veranstaltung ab

Doch daraus wird nun nichts: Vergangene Woche hatte das Backstage bekanntgegeben, dass die Veranstaltung abgesagt wurde. Grund dafür seien vor allem die zuletzt getätigten Aussagen von Aiwanger. Der sagte vorletztes Wochenende bei einer von Kabarettistin Monika Gruber unterstützen Demo in Erding beispielsweise, dass sich "die schweigende große Mehrheit dieses Landes" die Demokratie wieder zurückholen müsse. Kritik an seinem Auftritt folgte prompt. Vor allem die Opposition warf ihm anschließend Populismus und mangelnde Abgrenzung zur AfD vor.

Hubert Aiwanger bei seiner Rede auf der Demo in Erding.
Hubert Aiwanger bei seiner Rede auf der Demo in Erding. © Matthias Balk/dpa

Aiwanger reagierte mittlerweile auf die Veranstaltungsabsage durch die Backstage-Betreiber: "Denen ist das Thema und das Drumherum wahrscheinlich zu heiß geworden", sagt der stellvertretende Ministerpräsident auf AZ-Anfrage. "Schon krass, dass das Thema, wie man seine Wohnung warm halten darf, zu einem solchen gesellschaftlichen Streit führt."

Ein weiterer Grund für die Veranstaltungsabsage im Backstage: "Inhalt und Umfang der Veranstaltung" wurden von den Freien Wählern ursprünglich anders kommuniziert, wie es im zweiseitigen Statement der Münchner Event-Location heißt.

Backstage-Chef: Am Anfang ging es um 50 bis 100 Leute bei der Veranstaltung

Die AZ hat bei Backstage-Geschäftsführer Hans-Georg Stocker nachgefragt, was genau dahintersteckt: Kurz vor Pfingsten habe ein Mitglied der Freien Wähler aus dem ansässigen Bezirksausschuss angefragt, ob die Partei eine kleine Veranstaltung im Backstage machen könnte. "Sie hätten dafür nicht viel Budget zur Verfügung, er meinte, es würden zwischen 50 und 100 Leute werden", erklärt Stocker im Gespräch mit der AZ.

Zudem betont er, dass im Vorfeld auch nicht die Rede von einer Veranstaltung gegen das geplante Heizungsgesetz der Ampel-Regierung war. Viel mehr sei es den Freien Wählern darum gegangen, ihre Positionierung vor der Landtagswahl im Oktober darzustellen.

Laut Stocker sei noch vieles unklar gewesen – beispielsweise auch, in welcher Location im Backstage die Veranstaltung stattfinden sollte. Schriftlich geregelt war noch nichts, "formaljuristisch hatten wir auch noch gar keinen Vertrag mit den Freien Wählern", erklärt Stocker.

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Freie-Wähler-Plakate in München: "Das war schon über Pfingsten der Horror"

Schließlich sah der Backstage-Chef die Veranstaltungsplakate in der Stadt, "das war schon über Pfingsten der Horror", sagt Stocker. Und weiter: "Das war eigentlich nicht die Veranstaltung, von der ich ausgegangen bin. Ich hatte die Plakate davor nicht gesehen. Man hat gemerkt, dass der Ton bei Aiwanger schon hetzerischer wird."

Dann kam die Demo in Erding – und mit ihr Aiwangers umstrittene Aussagen. "Uns war nach Erding klar, dass da wohl ein paar mehr Leute kommen und auch Leute, die wir hier eigentlich nicht haben wollen", sagt Stocker. Und weiter: "Es hätte einen Aufstand gegeben, wenn wir gesagt hätten, die müssen draußen bleiben."

Stocker wollte die Situation anschließend mit den Freien Wählern klären, wie er erklärt. "Am Montag (12. Juni, d.Red.) habe ich bei den Freien Wählern angerufen und gesagt, dass wir das so nicht machen können. Wir waren in Kontakt mit der Landesgeschäftsführung und das Gespräch war eigentlich auch sehr gut. Es hieß, dass sich Herr Piazolo melden würde, aber er hat nicht angerufen."

Gesprächsangebot von Piazolo? "Das ist absolut gelogen"

Piazolo selbst sagte der "Süddeutschen Zeitung", dass er den Backstage-Betreibern ein Gespräch angeboten habe, dieses aber nicht angenommen worden sei. Eine Aussage, die Stocker wütend macht, denn ein Gesprächsangebot seitens der Freien Wähler habe es nie gegeben: "Das ist absolut gelogen, er stellt die Tatsachen auf den Kopf. Ich habe den ganzen Mittwoch auf einen Anruf von ihm gewartet", sagt Stocker hörbar aufgebracht. "Das finde ich echt krass, was er da jetzt sagt." Eine AZ-Anfrage von vergangenem Freitag an die Freien Wähler dazu blieb bislang unbeantwortet.

Stocker betont, dass man im Backstage eigentlich von einer ganz anderen Veranstaltung ausgegangen sei. Ihm gehe es auch nicht darum, die Freien Wähler explizit auszuladen oder sie nicht im Backstage haben zu wollen. "Wir wollen nur keine Veranstaltung auf dem Niveau von Erding – das gibt es im Backstage nicht", so Stocker deutlich.

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Backstage-Chef Stocker: Aiwanger hat zuletzt Rote Linien überschritten

Der Backstage-Chef stört sich am Auftreten Aiwangers und dessen Aussagen, ihm zufolge werden hier gerade Rote Linien überschritten. Auch mit Aiwangers Positionierung bei der Debatte um die Dragqueen-Lesung in München sei er nicht einverstanden. Viele würden sich bei Aiwanger und seinen Aussagen zuletzt extrem unwohl fühlen, sagt der Backstage-Chef – "da müsste endlich mal wer von den Freien Wählern den Mund aufmachen".

Dass es zeitnah doch noch eine Veranstaltung der Freien Wähler (mit Aiwanger und Piazolo) im Backstage geben wird, scheint aktuell recht unwahrscheinlich zu sein. Auch wenn Stocker einem Dialog unter demokratischen Voraussetzungen immer offen gegenüberstehe. Das Problem für den Backstage-Chef: Aiwanger steht zu seinen umstrittenen Aussagen. "Es hätte auch die Möglichkeit gegeben, das gemeinsam abzusagen oder sie hätten es klarstellen können. Aber es gab keine klare Positionierung von Aiwanger oder den Freien Wählern."

Gegen Ende des Gesprächs wird Stocker nochmals deutlich – vor allem das Vorgehen Piazolos ärgert ihn: "Aiwanger und Piazolo sind Maulhelden. Ich wollte nicht eskalieren, aber mir reicht es jetzt schon. Wenn da jetzt gelogen wird, dann ist das nicht mehr lustig." Ob in der Causa Aiwanger tatsächlich schon das letzte Wort gesprochen ist? Abwarten...

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Lesen Sie hier das ganze Backstage-Statement zur Veranstaltungsabsage:

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52 Kommentare
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  • Der wahre tscharlie am 20.06.2023 16:49 Uhr / Bewertung:

    Ich glaube Herrn Hans-Georg Stocker mehr, als ich den FW glaube.

  • Bongo am 20.06.2023 17:40 Uhr / Bewertung:
    Antwort auf Kommentar von Der wahre tscharlie

    „Glauben heißt nichts wissen“

  • Der wahre tscharlie am 20.06.2023 22:06 Uhr / Bewertung:
    Antwort auf Kommentar von Bongo

    Wenn ich mir die beiden Statements, bzw. Nicht-Statements durchlese, da fällt mir spontan ein Wort vom Aiwanger ein. Da haben die aber den Stocker ganz schön "hinter die Fichte geführt".

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