Wut gegen Ampel-Regierung: Monika Gruber wird zur "Heldin von Erding"
Erding - "Haut doch selber ab!", kontert Ministerpräsident Markus Söder (CSU) entsprechende Zurufe der Demonstranten auf dem Volksfestplatz in Erding am Samstagvormittag. Stimmlich kommt er dabei nur schwer gegen das Pfeifkonzert an. Die Gemüter sind sichtlich erhitzt – das heiße Wetter tut sein Übriges. Der Grund: Das geplante Gesetz zu neu eingebauten Heizungen, die zu 65 Prozent aus Erneuerbaren Energien betrieben werden sollen. Und der dabei geäußerte Unmut hatte neben Söder auch einen klaren Adressaten: die Ampel-Regierung, allen voran die Grünen. Schilder mit den Aufschriften "Stoppt die Grünen", "Grün und Rot ist Deutschlands Tod" und "Ihr zerstört unser Land" neben einem Ampel-Zeichen wurden in die Höhe gestreckt.
Monika Gruber: "Heldin von Erding und ganz Bayern"
Insgesamt waren 13.000 Demonstranten der Polizei zufolge auf dem Volksfestplatz versammelt, um die "Heizungsideologie zu stoppen", wie schon der Name der Veranstaltung angekündigt hatte. Ins Leben rief sie der Erdinger Optikermeister Franz Widmann, der von der Kabarettistin Monika Gruber prominente Unterstützung erhielt. Er selbst habe den Zug ins Rollen gebracht, aber sie habe den Zug erst auf Volldampf gebracht. Erst durch sie bahnte sich die große Teilnehmerzahl an und bayerische Spitzenpolitiker wie Markus Söder (CSU), Hubert Aiwanger (FW) und Martin Hagen (FDP) wurden auf den Plan gerufen. Die Demonstrantinnen Martina Blank und Christiane Wegner bestätigten der AZ den Gruber-Effekt: Die Kabarettistin sei für sie eine "Inspiration", an der Veranstaltung teilzunehmen und der Anstoß für einen außerparteilichen Protest. Als die Frage an die Teilnehmer gestellt wurde, wie viele das erste Mal auf einer Demonstration seien, hob die Mehrheit die Hand. Das Thema und Gruber mobilisieren offenbar.
So steht sie dann auch klar im Mittelpunkt der Veranstaltung. Die von Aiwanger als "Heldin von Erding und ganz Bayern" gepriesene Gruber moderiert und gibt in ihrer Eröffnungsrede gleich den Ton an, der sich durch den Vormittag ziehen soll: "Willkommen zu unserer Kundgebung unter dem Titel 'Saturday for Future', weil wir müssen am Samstag demonstrieren, weil wir am Freitag arbeiten müssen." Lauter Beifall. Sie beschwor die arbeitende Mitte der Gesellschaft und forderte, die Diskussion nicht den politischen Rändern zu überlassen. Die Veranstaltung richte sich nicht gegen Klimamaßnahmen per se, heißt es. Sie wolle eine "Klimapolitik mit Vernunft, Besonnenheit und Transparenz". Das, was die Grünen unter Habeck hingegen forderten, sei "mutwillige Zerstörung von Wohlstand".
Kritik an den Grünen sorgt selbst bei Söder für Beifall
"Die Mehrheit will keine Wärmepumpe, kein Elektroauto und auch nicht gendern." Damit trifft Gruber bei den Teilnehmenden ins Schwarze. Auch die späteren Sprecher ernten für ihre Aussprache gegen das Gendern und für Fleischkonsum Applaus, ebenso bei Kritik gegen die Grünen. Selbst der überwiegend ausgebuhte bayerische Ministerpräsident kann mit der Erwähnung der "grünen Philosophie zu verbieten und zu erziehen" Beifall einheimsen. Ansonsten hat der es ziemlich schwer, sich mit seinem Statement gegen das geplante Heizgesetz Gehör zu verschaffen. Selbst Gruber kann die Demonstranten erstmal nicht beruhigen. Gegen Ende seiner Rede schafft Söder es dann doch noch, seine Position mitzuteilen: Der Ausstieg aus der Atomenergie sei ein Fehler gewesen und "es fehlt der Strom, um komplett auf die Wärmepumpe umzusteigen."
Hubert Aiwanger: "Hier sind die Vernünftigen!"
Weitaus positiver wird der bayerische Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger empfangen. "Hier sind die Vernünftigen!", sagt er und macht den Gegensatz zu den "Berliner Chaoten" auf. "Die Leute würden im Winter mit dieser Politik erfrieren", so Aiwanger über den Austausch der Gasheizungen durch Wärmepumpen. "Auch die Wärmepumpe ist nicht klimaneutral", sagt er und verweist auf die Stromzufuhr durch fossile Energieträger. Sein Plädoyer für das Heizen mit Holz bekommt Applaus. Während seiner Rede wird er dem selbstgegebenen Image seiner Partei als "Anti-Grüne" gerecht: Es geht gegen den "Gender-Gaga", die sich auf die Straße klebende statt arbeitende Jugend und das Bürgergeld. Das neue Heizungsgesetz setze "dem Ganzen die Krone auf".
Aber woher der riesige Unmut über das Heizungsgesetz? Auf Nachfrage der AZ teilten einige Demonstranten ihre Gründe mit. "Der Staat hat sich nicht in meine Privatsachen und in mein Leben einzumischen", sagt etwa Ulrich Baur. Ihm zufolge reichen Abänderungen am Gesetzesentwurf nicht, sondern er muss ganz gestrichen werden. Auch für Markus Ager-Namberger ist es ein Zeichen für eine Fehlentwicklung Deutschlands. Ingrid Krammer und ihr Ehemann sorgen sich vor allem um die Finanzierung der neuen Heizung.
Gegendemonstration von Studenten
Ganz alleine demonstrieren die Gegner der "Heizungsideologie" nicht. Einige Studenten haben auf der gegenüberliegenden Seite des Volksfestplatzes ein Transparent mit der Aufschrift "Wissenschaft statt Ignoranz! Für eine energieeffiziente Zukunft!" aufgespannt. Sie hätten sich spontan über die Sozialen Medien vernetzt, sagt Mitorganisator Patrick Fuchs. Der beklagt den vergifteten Diskurs und fordert günstige grüne Energie. Er teilt aber auch die Kritik an der Finanzierung der Wärmepumpe.
Für Aiwanger ist mit der Demonstration in Erding erst der Stein ins Rollen gebracht worden. "Wir haben eine Duftmarke gesetzt und der Protest geht weiter. Das nächste Mal auf der Theresienwiese mit 100.000 Demonstranten!", kündigt auch Monika Gruber an.