"Äußerst gefährlich": Warum die Bergwacht vor Wanderungen auf dem Watzmann warnt
Berchtesgaden - Frühlingshaftes Wetter? "Oben am Watzmann herrscht noch richtiger Winter", sagt Michael Renner von der Bergwacht Ramsau. Seine Mannschaft war in den vergangenen Tagen mehrfach gefordert.
Der Einsatz nach dem Tod eines 20-jährigen Rheinland-Pfälzers am Watzmann ist gerade erst abgeschlossen. Während die Wanderer die Berge wiederentdecken, sei die Ausrüstung auch dieses Mal nicht optimal gewesen, bestätigt man bei der Polizei.
Bergwacht spricht "jedes Jahr aufs Neue" Warnung vor Watzmann-Wanderung aus
Bedingt durch das frühlingshafte Wetter im Tal sind die Ambitionen groß. Die Gefahr wird dabei oft unterschätzt, wissen die Bergretter. Erst vor wenigen Tagen war ein 19-jähriger Finne an der Watzmann-Südspitze gerettet worden. Auf 2250 Metern war für ihn Schluss, bekleidet mit Turnschuhen und Jogginghose. Während andere umkehrten, war er weitergegangen.
Michael Renner kennt diese Fälle aus jahrelanger Praxis. Wetterumschwünge und unterschätztes hochalpines Gelände: "Wir sprechen dazu jedes Jahr aufs Neue eine Warnung aus", sagt Renner, selbst Bergretter und häufig in der Rolle des Einsatzleiters für die Bergwacht Ramsau aktiv. Die Warnungen treffen nicht bei jedem auf Gehör.
Auch die jungen Männer aus Rheinland-Pfalz, die zu einer Winterüberschreitung des Watzmanns aufgebrochen waren, haben die Gegebenheiten unterschätzt, heißt es auf Nachfrage beim Polizeipräsidium Oberbayern Süd. "Für hochalpines Gelände waren sie nicht entsprechend ausgestattet", bestätigt Polizeisprecher Stefan Sonntag. Hinzu kommt: Es fehlte die nötige Erfahrung für eine solch anspruchsvolle Tour, wie es aus dem Umfeld der Alpinpolizei heißt.
Schwieriges Gelände auf dem Watzmann: "Das ist wie kompakter Beton"
Renner sagt: "Die Altschneefelder sind äußerst gefährlich." Obwohl die Flächen häufig nicht steil sind, ist ein Betreten extrem riskant. "Der Schnee ist oft etliche Male angetaut und wieder gefroren. Das ist wie kompakter Beton." Mit dem Schuhwerk festen Halt zu finden? So gut wie unmöglich. Unfallschwerpunkt seien häufig Rinnen. Wer ausrutscht und keine entsprechende Ausrüstung mit sich führt, kann schnell mal "hohe Geschwindigkeiten" erreichen. Bremsen? Kaum möglich. Auch bei dem 20-Jährigen war ein Schneefeld Auslöser für den tödlichen Sturz. "Manchmal bräuchte man im hochalpinen Gelände Pickel und Steigeisen."
Laut Renner liegt die Schneegrenze aktuell bei rund 1500 Metern. Weiter oben herrschen noch winterliche Verhältnisse. Der Blaueisgletscher im Bergsteigerdorf Ramsau ist in dieser Hinsicht zwar ein Spezialfall. Als einer von vier verbliebenen Gletschern in Deutschland liegt er in einem offenen Halbrund. Aber: Momentan beträgt die Schneehöhe dort noch immer 80 Zentimeter. Anders beim Trischübel, einem 1760 Meter hohen Bergsattel im Nationalpark Berchtesgaden, zwischen Watzmannmassiv und Steinernem Meer gelegen. Dort sind es zur Zeit laut Messstelle nur neun Zentimeter. Hinzu kommt: "Auf den Nordseiten der Berge hält sich Schnee deutlich länger", sagt Renner. Eine Situation, die oft nicht bedacht wird.
Renner sagt, dass die Bergwacht sehr genau überlege, wie man in Zeiten Sozialer Netzwerke Meldungen von solchen Unfällen in die Öffentlichkeit trage. "Wir machen uns bei jedem Wort Gedanken."
Auf Sozialen Netzwerken hält sich so mancher für einen Hobby-Richter
Seit einigen Jahren stellen die Einsatzkräfte fest, dass auf Facebook und Instagram immer härter geurteilt wird. "Es scheint ein Zeichen unserer Zeit zu sein, dass jeder zu allem ein Urteil fällen muss." Da wird der Umstand einer schlechten Ausrüstung gerne mal zum Anlass genommen, einen unpassenden Kommentar abzugeben. Viele Nachrichten seien darunter, "die würde man seinem Gegenüber so niemals ins Gesicht sagen", so der gebürtige Regensburger über Hobbykläger und -richter.
Die Hauptsaison für Bergtouren beginnt im Mai. Dann öffnen auch die Hütten in den Berchtesgadener Alpen. "Wir können sehr gut damit leben, wenn wir wenig zu tun haben", sagt Renner.