"Absoluter Notstand": Söder weist Verantwortung an dubiosen Masken-Deals zurück

Anfang 2020 wurden Corona-Masken gehandelt wie Gold. Die Preise kletterten in unermessliche Höhen, einige verdienten daran viel Geld. Der Ministerpräsident verteidigt sich und seine Staatsregierung.
AZ/dpa |
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Bayerns Ministerpräsident Markus Söder nimmt als Zeuge an der Sitzung des Masken-U-Ausschusses teil.
Bayerns Ministerpräsident Markus Söder nimmt als Zeuge an der Sitzung des Masken-U-Ausschusses teil. © Peter Kneffel/dpa

München - Keine Kenntnis" und "keine Erinnerung" sind wohl die Worte, die in der letzten Sitzung des Parlamentarischen Untersuchungsausschusses "Maske" im Bayerischen Landtag am häufigsten fallen. Sie wurden schon bei vorangegangenen Befragungen oft gebraucht, doch diesmal stammen sie vom prominentesten Zeugen des Gremiums – von Ministerpräsident Markus Söder.

Über drei Stunden gibt der CSU-Vorsitzende am Freitag Auskunft und es klingt nachvollziehbar, wenn er sagt, dass er mit den Details der Beschaffung von Schutzausrüstung nicht befasst war, Einzelheiten also nicht schildern könne.

Söder: "Als Ministerpräsident zählt man nicht jede einzelne Maske"

Auch nicht zu den Masken-Verkäufen an den Freistaat, für deren Vermittlung der Ex-CSU-Bundestagsabgeordnete Georg Nüsslein, der ehemalige bayerische Justizminister Alfred Sauter und Andrea Tandler, die Tochter des früheren CSU-Generalsekretärs, sechs- bis achtstellige Summen erhalten haben.

"Als Ministerpräsident zählt man nicht jede einzelne Maske, man gibt die Grundlinie vor: Leben retten", sagt Söder etwa, oder "Es wäre nicht angemessen gewesen, wenn der Ministerpräsident über Preise verhandelt hätte. Das war nicht mein Job". Für die Organisation von Schutzausrüstung seien das Gesundheitsministerium sowie das Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) zuständig gewesen.

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Stutzig allerdings macht, dass sich Söder angeblich nicht an eine SMS erinnern kann, die er laut Akten an den Staatssekretär im Gesundheitsministerium, Gerhard Eck, geschrieben hat. "Müsst ihr nehmen", heißt es darin – was von den Beamten im Gesundheitsressort als Aufforderung verstanden wurde, einem vom damaligen Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) eingefädelten Maskengeschäft zuzustimmen, obwohl es starke Zweifel an der Qualität der Mund-Nasen-Schutze gab.

Zu Beginn der Sitzung schildert Söder seine Emotionen in den ersten Monaten der Corona-Pandemie. "Das war wohl die schwerste Zeit für Bayern nach dem Zweiten Weltkrieg und die forderndste Zeit für mich." Er habe in dieser Phase oft gebetet.

Persönliche Schutzausrüstung war damals Mangelware. "Explodierende Infektions- und Todeszahlen und wenn Sie in die Lager geschaut haben, war da nichts, nada. Es herrschte absoluter Notstand", formuliert es Söder. Deshalb habe man alle Möglichkeiten genutzt – aber immer nach Recht und Gesetz. "Es gab keinen Einfluss, keine Weisung."

"Das war ein Tag des Mutmachens und der Hoffnung. Jeder hat sich gefreut wie ein Schnitzel"

Zwei Vorgänge werfen dennoch gewisse Fragen auf: Zum einen, die von Scheuer aufs Gleis gesetzte Lieferung von acht Millionen Masken aus China, die von ihm und dem Ministerpräsidenten am 7. April 2020 äußerst öffentlichkeitswirksam am Münchner Flughafen in Empfang genommen wurde. Söder erinnert sich daran in leuchtenden Farben: "Das war ein Tag des Mutmachens und der Hoffnung. Jeder hat sich gefreut wie ein Schnitzel."

Die bereits genannte SMS, ohne die das Geschäft wohl nicht zustande gekommen wäre, ist dem CSU-Chef hingegen nicht im Gedächtnis geblieben. Er schreibe viele SMS, sagt er im Ausschuss – und lösche seine Nachrichten auch immer wieder. Dass die Masken vom Flughafen nicht verkehrsfähig waren, habe er später aus den Medien erfahren.

Ein zweiter Fall lief direkt über Söders Esstisch. Die Firma von Ehefrau Karin, die Baumüller Nürnberg GmbH, offerierte, über ihre Kontakte nach China Masken zu beschaffen. Das Ehepaar sprach beim Frühstück darüber und Söder wies sein Büro an, die Telefonnummer seiner Frau an die "richtige Stelle im Gesundheitsministerium weiterzugeben", wie er sagt. Wenig später klingelte das Handy der Unternehmerin.

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"Darüber hinaus habe ich mich nicht eingemischt", beteuert Söder. Seine Frau und er achteten stets auf eine "strikte Trennung zwischen meinem Amt und der Baumüller Group". Er habe erst viel später aus den Akten erfahren, wie das Ganze ausgegangen sei: "Es gab kein Geschäft, es gab keinen Vertrag und es gab auch kein Geld." Die Vermutung, die Staatsregierung habe der Baumüller Group durch die Einführung der Maskenpflicht wenige Tage nach dem Frühstücks-Gespräch einen Vorteil verschaffen wollen, sei "absurd und Querdenkerei".

SPD-Fraktionschef Florian von Brunn nennt es im Anschluss "wenig glaubhaft, dass er sich an die eigene SMS nicht erinnern kann" und sagt, er hätte sich gewünscht, dass Söder die politische Verantwortung "für die Sachen übernimmt, die nicht gut gelaufen sind". Die Lehre aus dem Untersuchungsausschuss sei, dass auch in Krisenzeiten gewisse Grundregeln beachtet werden müssten.

Der Ausschuss-Vorsitzende Winfried Bausback hingegen ist der Meinung: "Der Pauschalverdacht gegenüber allen, die es geschafft haben, diese Pandemie bestmöglich zu bewältigen, wurde klar widerlegt. Das Gebot der Stunde war, Verantwortung zu übernehmen und dabei schnell und entschieden zu handeln." Der Abschlussbericht des Gremiums soll im Frühjahr vorliegen.

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3 Kommentare
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  • Der wahre tscharlie am 17.12.2022 16:39 Uhr / Bewertung:

    "Das war wohl die schwerste Zeit für Bayern nach dem Zweiten Weltkrieg und die forderndste Zeit für mich." Er habe in dieser Phase oft gebetet."

    Tschuldigung, aber diese Aussage von ihm vor dem Ausschuß, "er habe oft gebetet", trägt naturlich unglaublich zur Wahrheitsfindung bei
    Ich könnte ja jetzt eine ironische Vermutung anstellen, warum er so oft im Zusammenhang mit den Maskengeschäften gebetet hat, aber ich lass es lieber bleiben......

  • castro am 17.12.2022 05:17 Uhr / Bewertung:

    so läufts in der politik...da sitzen alle in einem boot,darum passiert auch nichts

  • loewenhund am 16.12.2022 14:21 Uhr / Bewertung:

    lach lach wie wenn die CSU schon mal irgend eine amigosache zugegeben hätte alles wird abgestritten auch wenn es bei den masken nachweisbar ist -notfalls findet sich ein richter der alles begräbt

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