"Hart aber fair"-Diskussion: Moderator Louis Klamroth von der CDU verblüfft
"Das kriegen wir hin. Das Urteil ist nicht die große Katastrophe": Dass mit CDU-Mann Ralph Brinkhaus ausgerechnet die Opposition angesichts des aktuellen Budgetlochs Optimismus verbreitete, verblüffte Louis Klamroth am Montagabend ziemlich.
Markus Brinkmann bei "Hart aber fair": "Ich bin nicht Markus Söder"
Als Brinkhaus noch dafür plädierte, "die Panik rauszunehmen", wurde es dem Moderator von "Hart aber fair" (ARD) zu bunt. "Panik bringt doch die Union rein", bezog er sich auf Markus Söder, der sich am selben Tag für Neuwahlen ausgesprochen hatte. Letztere wären laut einer Infratest-Umfrage vom 10. November im Sinn von 41 Prozent aller Deutschen. "Ich bin nicht Markus Söder, wie man an meiner Frisur und hoffentlich auch an ein paar Eigenschaften sieht", wollte sich Brinkhaus diesen Schuh aber nicht anziehen.
Zwar hatte er selbst zu Beginn der Diskussion der Ampel vorgeworfen, durch das "unprofessionelle" Vorgehen verunsichert und "aus der Herausforderung eine Krise gemacht" zu haben, eine halbe Stunde später klang er jedoch gemäßigter: "Es hat kein Meteorit eingeschlagen. Ein guter Bundeskanzler und eine gute Bundesregierung zusammen mit der Opposition – und wir werden mitmachen – kriegen das hin", versuchte er sichtlich erfolgreich, insbesondere die Sorgen von Wolfgang Weber, Vorsitzender der Geschäftsführung des Verbands der Elektro- und Digitalindustrie ZVEI, zu nehmen.
16 Milliarden Euro wurden Chip-Herstellern wie Intel oder Infineon aus dem Klima- und Transformationsfonds versprochen, um sich in Deutschland anzusiedeln. Durch das Urteil des Bundesverfassungsgerichts ist jetzt unklar, ob diese Investitionen getätigt werden können. "Die Industrie steht bereit", betonte Weber, "erwartet jetzt aber, dass öffentliche Zusagen eingehalten werden". Ob dies so kommt, blieb zwei Wochen nach dem Urteil bei "Hart aber fair" weiterhin offen.
SPD-Mann Ralf Stegner: "Die Demokratiefeinde nehmen zu"
Auch die Vertreter der Ampel – Ralf Stegner (SPD) und Konstantin Kuhle (FDP) – übertrafen sich beim Versuch, Vertrauen in die Regierung zu schaffen: "Wenn wir etwas verstanden haben und einen Funken Verantwortungsgefühl haben, gehen wir unserer Arbeit nach. [...] Keiner profitiert auch nur irgendwie, wenn wir es sein lassen. Nicht einmal die Union, weil die Demokratiefeinde zunehmen", so Stegner. In der Koalition sehe er die Chance, es gemeinsam zu schaffen.
Ähnliche Worte fand Kuhle und scherzte: "Ich finde es gut, wenn wir uns heute mit Herrn Stegner auf Einsparungen, Subventionsabbau, keine Steuererhöhungen und Festhalten an der Schuldenbremse einigen. Ich finde das ein gutes Ergebnis." Gelächter war die Folge. Den Politikern im Laufe des Abends konkrete Aussagen zu entlocken, geschweige denn sie auf Konzepte festzunageln, darin biss sich nämlich selbst der gewiefte Klamroth die Zähne aus.
Louis Klamroth beißt sich an Politikern die Zähne aus
"Es wäre unseriös, mich damit in eine Talkshow zu setzen", hatte sich Kuhle zu Beginn der Show aus der Verantwortung gezogen. Generell aber sah er im "Urteil aus Karlsruhe [...] eine krasse Ansage zum Sparen". Dass der FDP-Lösungsansatz wäre, "beim Sozialstaat zu sparen", wie Klamroth FDP-Fraktionschef Christian Dürr zitierte, lehnte Kuhle aber als "zu pauschal" ab. Wo er selbst den Rotstift ansetzen wollte, das konnte der Moderator nicht aus dem Liberalen herauskitzeln. "Es gibt keine Tabus", betonte dieser immer wieder. Selbst bei der Erhöhung des Bürgergelds wollte er sich trotz einiger Nachfragen Klamroths auf keine Position festlegen. Deutlicher wurde da schon Ralf Stegner: "Wenn ich in Arbeit investiere, brauche ich keine Sozialtransfers", plädierte er für die Verringerung der Lohnabstandskosten.
Stegner: "Die Zeiten sind nicht normal"
Kontrovers ging es auch beim Thema Schuldenbremse zu. Diese hatte Finanzminister Lindner (FDP) nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts für 2023 notgedrungen ausgesetzt. Diese nachträgliche Maßnahme sei die einzige "Möglichkeit, den Haushalt zu heilen", wie Journalistin Henrike Roßbach bestätigte. "Die Zeiten sind nicht normal", befürwortete Stegner angesichts der Kriege, Inflation und anderen "gewaltigen Herausforderungen" im nächsten Jahr, die Schuldenbremse ebenfalls auszusetzen. Das lehnte Kuhle allerdings kategorisch ab: "Die FDP will es nicht, deshalb wird es nicht passieren."
Mehr Einigkeit herrschte bei den Ampel-Parteien bei der Entscheidung, den 200 Milliarden schweren Wirtschaftsstabilisierungsfonds und damit die Strom- und Gaspreisbremse nicht wie geplant im März 2024, sondern mit Jahresende auslaufen zu lassen. Der Energiemarkt hätte sich stabilisiert, begründete Kuhle und ergänzte, bei einer Änderung "muss man tätig werden". Stegner befürwortete dieses Versprechen eines Eingriffs durch die Regierung. Aus welchem Topf das Geld komme, das werde dann zu prüfen sein. Generell weigerte er sich, "mit Schnellschüssen zu kommen": "Es ist wichtiger, den Bürgerinnen und Bürgern zu sagen, auch in diesen Zeiten halten wir innere, äußere und soziale Sicherheit zusammen", wies er die Kritik von Brinkhaus von sich, zwei Wochen nach dem Bundesverfassungsgerichtsurteil keine konkreten Konzepte zu liefern.
"Hart aber fair"-Moderator Klamroth: "Vom Bundeskanzler kenne ich die Position nicht"
"Es wäre schön, wenn der Bundeskanzler das einmal gesagt hätte", konterte der Oppositions-Politiker. Es war nicht das einzige Mal, dass Olaf Scholz (SPD) sein Fett wegbekam. "Nur vom wichtigsten Mann, dem Bundeskanzler kenne ich die Position nicht", wandte sich Louis Klamroth etwa beim Thema Schuldenbremse 2024 an dessen Parteikollegen Stegner. Besonders neugierig war der Moderator auf den Inhalt von Scholz' Rede am kommenden Tag zur gegenwärtigen Haushaltslage. "Ich soll es bei 'Hart aber fair' nicht verraten", hielt sich Stegner bedeckt. Aber: "Der Bundeskanzler wird morgen zuversichtlich sein und den Weg weisen."