Wladimir Klitschko beendet Karriere: Kein Rückkampf gegen Anthony Joshua
Hamburg - Es war beim Abendessen in einem Hamburger Fischrestaurant, als Wladimir Klitschko am Mittwochabend die Worte fand, die sich in den letzten Wochen, ja, Monaten schon in seinem Kopf, seinem Boxerherzen, seiner Kämpferseele geformt hatten. "Ich werde die Karriere beenden", eröffnete der 41-Jährige seinem Manager und langjährigen Freund Bernd Bönte, "das war’s. In mir brennt nicht mehr das gleiche Feuer."
Das Feuer, das Klitschko zu einem der größten Kämpfer der Box-Historie gemacht hat. Klitschko verzichtet damit auf den wohl größten Zahltag seiner an großen Zahltagen nicht gerade armen Karriere. Das Rematch gegen Weltmeister Anthony Joshua. Gegen den hatte er am 29. April in einer epischen Boxschlacht vor 90 000 Fans im Wembley-Stadion in der elften Runde verloren, nachdem er in der fünften am Boden gewesen war, nur um einen Durchgang später Joshua auf die Bretter, die die Box-Welt bedeuten, zu schicken. "Geld war für Wladimir nie der ausschlaggebende Faktor", sagte Bönte der AZ: "Er hat immer gesagt, dass er aufhört, wenn er in sich die Motivation nicht mehr findet. Es ist zweifellos die richtige Entscheidung."
Abgedankt! 96 Tage nach seiner Niederlage gegen Joshua nun also das Karriereende. Klitschko hatte lang mit dem Ausgang des Kampfes gehadert. "Für mich waren Niederlagen immer absolut. Es hat gedauert, bis ich für mich akzeptieren konnte, dass man auch dann ein Sieger sein kann, wenn man verloren hat", erklärte Klitschko, "wenn man sein Bestes gegeben hat, kann man ein Gewinner sein, egal, wie das Ergebnis ausfällt. Ich habe alles erreicht, was es zu erreichen gibt." So verkündete Klitschko gestern der Öffentlichkeit, dass er die Boxhandschuhe an den berühmten Nagel hängt: "Es gibt im Leben immer einen Punkt, da wird man ein neues Kapitel aufschlagen und eine andere Herausforderung annehmen müssen. Oder wollen. Jetzt ist die Zeit für diesen Wendepunkt in meinem Leben gekommen", erklärte Klitschko, der nun mehr Zeit mit seiner Familie, der Schauspielerin Hayden Panettiere und Tochter Kaya verbringen will, in einer Videobotschaft.
Kein Rematch. Kein Versuch, sich zum dritten Mal zum König der schweren Jungs zu krönen, wie das vor ihm nur Muhammad Ali, Lennox Lewis, Evander Holyfield, Michael Moorer und Bruder Vitali Klitschko geschafft haben. Kein Streben danach, abermals zum großen Zeh Gottes, wie der legendäre Schriftsteller Norman Mailer den Schwergewichtschampion der Welt einst umschrieben hat, zu werden.
Bildergalerie: Die wichtigsten Kämpfe von Wladimir Klitschko
Klitschko hat die Karriere nach der Karriere schon lange vorbereitet. "Ich sage nicht nur Danke und auf Wiedersehen, sondern ich lade alle ein, diesen Weg mitzugehen. Zusammen sind wir die bewegende Kraft." Klitschko hat 2007 mit Bruder Vitali eine Vermarktungsagentur in Hamburg gegründet. "Ich bin Wissenschaftler, Entrepreneur, Motivator, Hotelier, Trainer, Investor und vieles mehr", sagte der promovierte Sportwissenschaftler, der Inhaber der Hotelkette "11 Mirrors" ist.
"Ich habe den allergrößten Respekt vor dieser Entscheidung", sagte Box-Ikone Sven Ottke, der 2004 als ungeschlagener Supermittelgewichtsweltmeister abgetreten ist, der AZ: "Man kann nur sagen: Alles richtig gemacht. Ich bin sicher, dass er nicht in zwei Jahren ein lächerliches Comeback versucht. Dafür ist er zu schlau. Gegen Joshua ist er durch die Hölle gegangen. Und kam fast unverletzt wieder raus. Er hatte eine große Karriere."
Acht Stadionkämpfe hat Klitschko bestritten, vier Mal den legendären Madison Square Garden in New York ausverkauft. Er war zwei Mal Weltmeister (2000 bis 2003 und 2006 bis 2015). Nur Joe Louis regierte das Schwergewicht länger, er bestritt 29 WM-Kämpfe – Rekord. Er war gleichzeitig Weltmeister der Verbände WBO, IBO, WBA. Das Schlusswort gehört dem, der Klitschkos Karriere beendet hat – Joshua: "Wenn ich nur im Ansatz so ein Champion werden kann wie Klitschko, bin ich ein großer Champion."
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