1860-Vizepräsident Hans Sitzberger tritt mit drastischen Worten zurück und wehrt sich

Nach dem Vertrauensentzug durch den Verwaltungsrat des TSV 1860 tritt Vizepräsident Hans Sitzberger zurück und erhebt in seiner Stellungnahme schwere Vorwürfe gegen den Verwaltungsrat.
von  AZ
Musste in den vergangenen Wochen viel Kritik einstecken: Vize-Präsident Hans Sitzberger.
Musste in den vergangenen Wochen viel Kritik einstecken: Vize-Präsident Hans Sitzberger. © IMAGO/Ulrich Wagner

München - Hans Sitzberger ist nicht mehr Vizepräsident des TSV 1860 München. Der 71-Jährige erklärte am Mittwoch mit einer öffentlichen Stellungnahme seinen sofortigen Rücktritt aus dem Gremium. Damit kommt er einer möglichen Abwahl bei einer geplanten außerordentlichen Mitgliederversammlung zuvor.

Die vergangenen Wochen und Monate waren nicht gerade einfach für Sitzberger. Der 71-Jährige war in der Führungsriege beim TSV 1860 um Präsident Robert Reisinger aufgrund seiner vermeintlich zu großen Nähe zur Investorenseite zunehmend isoliert. Mittlerweile hatte ihm der Verwaltungsrat der Löwen öffentlich das Vertrauen entzogen, seine Abwahl bei einer geplanten außerordentlichen Mitgliederversammlung empfohlen.

"Denkmal selbst versaut": Löwen-Fans mit scharfer Kritik an Sitzberger

Der Grund: Der 71-Jährige habe vertrauliche Informationen weitergegeben. Das ließ Sitzberger nicht auf sich sitzen, in einer ersten Stellungnahme erklärte er Ende Januar: "Ich habe zu keinem Zeitpunkt Internat aus vertraulicher Korrespondenz des Präsidiums an die Öffentlichkeit gegeben, weder an die Presse noch an den Mitgesellschafter, an niemanden." 

Beim 1:1 des TSV 1860 schoss die Westkurve gegen Vizepräsident Hans Sitzberger.

Doch die Kritik am gebürtigen Schönberger riss nicht ab. Unter anderem gab es gegen ihn ein Spruchband der Sechzig-Fans im Heimspiel gegen Sandhausen (1:1). "Löwen-Gönner-Vizepräsident, der sich plötzlich zur HAM bekennt - wer Brücken Richtung Feinde baut, hat sich sein Denkmal selbst versaut", stand auf dem Banner in der Westkurve geschrieben.

Nun ist Hans Sitzberger zurückgetreten - vor allem, weil er sich durch eine Diffamierungskampagne des Verwaltungsrates dazu genötigt fühlt!

Das ausführliche Statement von Hans Sitzberger lesen Sie im Folgenden ungekürzt.

TSV 1860: Rücktritt! Das offizielle Statement von Hans Sitzberger

Der Verwaltungsrat hat am 26.01.2024 über die Vereinswebsite des TSV 1860 München meine Abwahl als Vizepräsident empfohlen.
Seit diesem Tag habe ich unheimlich viel Zuspruch von zahllosen Menschen und sehr vielen Seiten erfahren mit der kontinuierlichen Bitte durchzuhalten und mich nicht unterkriegen zu lassen.

Dennoch habe ich mich entschlossen, dem Verwaltungsrat heute satzungsgemäß meinen sofortigen Rücktritt zu erklären.
Ich möchte die Gelegenheit nutzen, meinen Schritt auf diesem Weg zu erklären und dabei insbesondere auf die Punkte eingehen, die mich seit der Abwahlempfehlung des Verwaltungsrats belasten und unkommentiert im Raum stehen.

Der Verwaltungsrat erwähnt in seiner Stellungnahme vom 26.01.2024 eine „Mehrzahl an möglichen Verstößen“, welche ich begangen haben soll.
Drei angebliche Verstöße sind mir durch den Verwaltungsrat eröffnet worden, welche ich in Anbetracht dessen, dass ich derjenige bin, der sie begangen haben soll, zur Wahrung des Informationsinteresses der Mitglieder und interessierten Öffentlichkeit sowie in meinem Interesse zur Beseitigung der durch die Andeutungen des Verwaltungsrats entstandenen Spekulationen im Folgenden darlegen möchte. Nachdem aufgrund meines heutigen Rücktritts dem Verein eine außerordentliche Mitgliederversammlung erspart bleibt, ist mir wichtig, dass die Mutmaßungen ein Ende haben und dass sich insbesondere jedes Mitglied, faktenbasiert, eine eigene Meinung bilden kann:

1. Mir wurde vorgeworfen, dass ich in der letzten Gesellschafterversammlung der KGaA am 21.12.2023 den Aufsichtsrat der KGaA nicht entlastet habe. Diese Entscheidung habe ich getroffen, da mir bis zur Versammlung, vor Entlastung (und im Übrigen bis heute) kein Rechenschaftsbericht des Aufsichtsrates vorlag und ich keinerlei Informationen über das Tun und Schaffen des Aufsichtsrates in den vergangenen Monaten hatte. Da unser Präsident (ebenfalls Teil des Aufsichtsrates) in den letzten Monaten keine regelmäßigen Präsidiumssitzungen mehr einberufen hat und es kaum zu einem Austausch kam, war es mir nicht möglich auf diesem, bisher üblichen Weg einen Bericht der Tätigkeiten und Beschlüsse des Aufsichtsrates zu bekommen. Da ich mich im Zweifel für eine Entlastung gegenüber den Mitgliedern des Vereins verantworten muss, kann ich diese nur aussprechen, wenn mir die dafür nötigen Informationen vorliegen. Basierend darauf fiel meine Entscheidung, den Aufsichtsrat der KGaA nicht zu entlasten.

Ein Mitglied des Aufsichtsrates der KGaA ist zugleich Mitglied des Verwaltungsrates des Vereins. Es scheint, meine Nicht-Entlastung hat bei dieser Person eine solche Empörung hervorgerufen, dass sich nun der gesamte Verwaltungsrat als Gremium einstimmig keine Zusammenarbeit mehr mit mir vorstellen kann.

2. Der Verwaltungsrat hat in seiner Abwahlempfehlung zwei angebliche Verschwiegenheitspflichtverstöße behauptet, einen davon dann auch näher ausgeführt (die E-Mail, welche die AZ veröffentlicht hatte, hierzu gleich). Den anderen angeblichen Verstoß möchte ich nun näher umreißen: Ich habe im Dezember gegenüber einem damaligen Mitarbeiter in Führungsposition eine verbindliche Auskunft über eine Nachricht gegeben, welche ich im Sommer 2023 vom Präsidenten erhalten habe.

Sowohl mit dem Präsidenten als auch mit einem Mitglied des Verwaltungsrates war die Unbedenklichkeit dieser Nachricht auch für die Öffentlichkeit in einem anderen Zusammenhang zuvor besprochen worden.

Es war und ist mir daher nicht ersichtlich, inwieweit mein Verhalten einen Verstoß gegen die Verschwiegenheitspflicht (siehe § 21 der Vereinssatzung) darstellen oder Schaden am Verein verursacht haben soll.

3. Der Verwaltungsrat hatte zum anderen einen „möglichen“ Verstoß gegen die Verschwiegenheitspflicht detailliert ausgeführt, dass ich vertrauliche Korrespondenz an fremde Dritte weitergegeben hätte. Konkret geht es dabei um die vermeintliche Weitergabe der oben erwähnten E-Mail, welche am 25.01.2024 in voller Länge in der AZ erschienen ist.

Ich kann mich hier nur wiederholen: Ich habe zu keinem Zeitpunkt vertrauliche Korrespondenz an außenstehende Dritte weitergegeben.
Bis heute hat der Verwaltungsrat für diese Beschuldigung der angeblichen Indiskretion keine Beweise vorgelegt. Die AZ hat in ihrem Artikel vom 27.01.2024 zudem bestätigt, dass die E-Mail nicht von mir kam.

Der Verteiler, welchen der Präsident für besagte E-Mail gewählt hat, enthielt unter anderem auch die allgemeine Mailadresse meines Unternehmens, und zwar entgegen meinem mehrfach geäußerten, expliziten Wunsch, diese Mailadresse NICHT für Vereinskorrespondenz zu nutzen. Ich selbst hatte diese nicht genutzt.

Nichtsdestotrotz konnte über den Ausgangsserver der Mailadresse des Unternehmens zweifellos festgestellt werden, dass besagte E-Mail nicht weitergeleitet wurde, nicht von mir und auch von niemand anderem in meinem Unternehmen.

Warum also zurücktreten?

Ich habe inzwischen erkannt, dass der Verwaltungsrat um jeden Preis will, dass ich mein Amt niederlege – buchstäblich um jeden Preis. Die Entwicklungen der letzten zwei Wochen gaben mir zunächst Grund zur Hoffnung auf einen gemeinsamen weiteren Weg, auf ein Einlenken des Verwaltungsrates. Ich sah eine Chance für ein Miteinander, eine Zusammenarbeit für unseren Verein!

Und genau dafür, für die Löwen, für unseren Verein wäre ich jederzeit bereit gewesen, an die für mich sehr belastenden Geschehnisse und die öffentliche, ungerechtfertigte Diffamierung einen Haken zu machen. Für die Löwen würde ich bekanntlich (fast) alles tun!

Leider habe ich mich getäuscht: Ein weiteres „Miteinander“ ist für den Verwaltungsrat offenbar keine Option.

Dazu wurde in den letzten Wochen mehrfach und durch unterschiedliche Personen in meinem Bekanntenkreis direkt oder mittelbar an mich herangetragen, dass der Verwaltungsrat offenbar auch versucht, mich auf andere Art und Weise zu diskreditieren, indem er meine geistige Fitness in Frage stellt, mich als verwirrt bezeichnet und auch nicht davor zurückscheut, dies in Kommunikation mit (fremden) Dritten zu äußern.
Ich finde bis jetzt keine Worte dafür, dass dieses Gremium augenscheinlich so weit gehen würde, einen solchen Vorwurf in dieser Tragweite über mich zu erfinden und zu verbreiten, nur um mich loszuwerden.

Mir ist dadurch schmerzlich bewusst geworden, dass der Verwaltungsrat wirklich alle Grenzen überschreiten würde, um mich zum Rücktritt zu drängen, egal wie schmutzig die Methoden.

Ich habe in meinem Leben durch aufrichtige, harte Arbeit, viel Fleiß, eine überdurchschnittliche Zielstrebigkeit und ein außergewöhnlich starkes Durchhaltevermögen sehr viel erreicht. Ich habe mich allen möglichen Herausforderungen zuversichtlich gestellt und viel gekämpft, meist gewonnen, ab und an verloren.

Ich kann mich selbst und meine Fähigkeiten gut einschätzen und ich weiß, welche Schlachten ich gewinnen kann. Ich weiß aber auch, wann ich mich geschlagen geben muss und wenn mein gegenüber Waffen erhebt, für deren Gebrauch ich mich schämen würde, muss ich mich geschlagen geben.

Die Amtszeit des aktuellen Verwaltungsrates endet zur regulären Mitgliederversammlung des Vereins im kommenden Juni 2024.
All diejenigen, die sich mit der aktuellen Besetzung nicht wohl fühlen, fordere ich auf, an dieser Mitgliederversammlung teilzunehmen – nur wer das Vereinsgeschehen durch seine Stimme bei der Mitgliederversammlung aktiv mitgestaltet, kann etwas verändern. Jeder Einzelne von euch zählt! Und genau aus diesem Grund werde auch ich da sein.

Zuletzt möchte ich diese Gelegenheit nutzen, mich bei all meinen Weggefährten der letzten acht Jahre von ganzem Herzen zu bedanken – es war eine so wunderschöne Zeit mit euch!

Danke für die Gespräche mit euch, für die gemeinsamen Feste, für den Humor, das Lachen und das gesellige Beisammensein. Danke für die Reisen, die Auswärtsfahrten, die Emotionen und die gemeinsame Liebe zu den Löwen. Danke für eure Unterstützung, für euren Zuspruch, für eure Stimme. Danke, dass ihr alle auf diesem Weg an meiner Seite wart und diese Zeit erst zu dem wundervollen Lebensabschnitt gemacht habt, der er für mich war.

Ich möchte keine Minute missen. Ich werde euch und all die unvergesslichen Momente und Erlebnisse für immer in meinem Herzen tragen.

Einmal Löwe. Immer Löwe.  

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