TSV 1860 München nach Buchbach-Pleite auf Suche nach Ursachen
München - Ein knappes "Glückwunsch" ging ihm noch über die Lippen. Bevor eine Wutrede folgte, die so jäh endete, wie sie begann. "Genau das ist passiert, was wir nicht wollten", sagte Löwen-Trainer Daniel Bierofka frustriert, "wir sind in Rückstand gegangen. Geht in Ordnung, dass Buchbach gewonnen hat."
Dann wetterte er los. "Was aber nicht geht", so der 1860-Trainer nach dem verdienten 0:1 im dritten Spiel dieser Regionalliga-Saison beim TSV Buchbach: "Hier war eine gute Stimmung, ich habe Respekt vor dem Verein und den Fans. Aber was da in der Kabine abgegangen ist, dass wir als Giesinger Bauern beschimpft werden – das geht nicht. Dankeschön." Zack, weg war er – und ließ Kollegen Anton Bobenstetter vor laufender Kamera stehen.
Frust pur bei Sechzigs Coach, der nach den Auftaktsiegen in Memmingen (4:1) und gegen Wacker Burghausen (3:1) die erste Provinz-Pleite hinnehmen musste. Was ihn zusätzlich störte, war die Buchbacher Siegesfeier. Die Sieger grölten bei offener Kabinentür aus vollen Kehlen, inklusive unschönem Vokabular. "Das tut mir leid. Ich hoffe, dass es nicht öfter vorkommt", erklärte Bobenstetter der AZ am Donnerstag.
Doppeltes Sorry
Der Coach ist nicht nur Löwen-Fan, sondern auch Gründungsmitglied des örtlichen 1860-Fanklubs "Buchbach-Steeg", dessen Vorsitzender Bierofkas Onkel Erwin ist. Daher sah er die "große Sensation" des unerwarteten Sieges auch mit einem weinenden Auge: "Ab sofort soll Sechzig jedes Spiel gewinnen und aufsteigen. Das würde mich als eingefleischtem Löwen freuen – und, wenn sie so unseren Konkurrenten im Abstiegskampf die Punkte nehmen." Ein doppeltes Sorry an die Sechzger also – für die Schmähgesänge und das Kuriosum, dass ein Löwen-Fan die Löwen schlug! Doch auch bei den Giesingern gibt’s Entschuldigungsbedarf, wie die AZ zeigt:
Bierofka für seinen dünnhäutigen Abmarsch: Nach der Pleite schon auf Hundertachzig, dann auch noch die Buchbacher Provokationen. Zu viel für den Coach, der nach seinem Ausraster das Weite suchte und teils von Jubel, teils Pfiffen in die Kabine begleitet wurde. Bobenstetter konnt’s nachvollziehen: "Klar ist ein Trainer angefressen, wenn er verliert. Da bist du manchmal der einsamste Mensch."
Er ließ aber auch durchblicken, dass der Abgang Bierofkas nicht gerade die feine englische Art darstellt: "Ich war überrascht. Aber ich bin seit 30 Jahre Trainer und habe auch schon Sachen gemacht, die ich besser hätte bleiben lassen." Ein Beleg dafür, dass Bierofka mit zweierlei Maß gemessen hat: Tatort Memmingen, Siegesfeier auf dem Zaun: "Scheiß FC Bayern" stimmten die Spieler im Chor mit den Fans wenig respektvoll an. Früher auf dem Platz dürfte Ex-Spieler Bierofka auch nicht immer nur Nettigkeiten ausgetauscht haben. Pressekonferenz abwarten, "Augen zu und durch" wäre souveräner gewesen. Und mal ehrlich: Von der Elf eines 3.000-Seelen-Örtchens mitten auf dem Land als Bauern betitelt zu werden, hat ja fast schon wieder Witz.
Keine Eigenwerbung
Seine Elf für schwache Eigenwerbung: Die Sechzger-Fans nahmen es freudig zur Kenntnis: Sechzigs gab’s im Live-Stream. Und auch die Anhänger im Stadion: Alle hätten Sechzig gerne siegen sehen. Das Gegenteil ist eingetreten, die Giesinger lieferten ein schwaches Spiel ohne eine einzige (!) echte Torchance! Geschäftsführer Markus Fauser: "Es war klar, dass wir mal verlieren. Wir glauben dennoch an die Mannschaft." Und doch: Sorry, Löwen, das war keine Eigenwerbung.
Der Präsident für seine Ansage: Robert Reisinger hatte auf der Mitgliederversammlung erklärt, dass er Bierofka nicht unter Druck setzten wolle, aber man um den Aufstieg spielen müsse. Kein Gefallen für Bierofka. Vielmehr Worte, die beim Trainer gar nicht gut ankamen. Und, wie Bobenstetter erklärt: "Nach der Sache mit Reisinger war er schon angespannt." Kein Wunder also, dass Vulkan Bierofka bei Druck von allen Seiten auch mal explodiert.