Neues Image: Wie viel Rock'n'Roll steckt in den Löwen?

München - Er will den radikalen Imagewechsel. Nach 153 Jahren des Bestehens will der neue 1860-Präsident Gerhard Mayrhofer dem Klub eine Radikalkur verpassen. Alte Zöpfe sollen abgeschnitten werden, der Verein zu neuen Ufern geführt, in eine erfolgreichere, schönere, friedlichere Zukunft. „Die Marke darf gerne wilder werden. Mit wild sein meine ich: mehr Selbstbewusstsein zu haben, mehr Spaß zu haben. Die Marke gibt’s her. Das Image war viel zu dröge“, sagte Mayrhofer letzte Woche in der „SZ“ – und forderte: mehr Rock’n’Roll, weniger Löwen-Blues.
Die Löwen scheinen es verstanden zu haben. „Das war Rock’n’Roll“, sagte Sportchef Florian Hinterberger über die Schlussphase des ersten Heimspiels gegen Frankfurt, als die Mannschaft, angeführt von der Band-Koryphäe Benny Lauth, das Spiel noch drehte und in der Allianz-Sauna den ersten Saisonsieg einfuhr (2:1).
So soll es weitergehen. Die Löwen sollen harten Rock spielen, statt sich in ihrem dumpfen Komödienstadl in den nächsten Blues zu schunkeln.
Die AZ-Musikkritiker machen den Check, wer bei den Löwen jetzt schon das Zeug zum Rockstar hat.
Alexander Schmidt: Der Trainer ist Komponist und der Mischer der neuen Platte „Jagdsaison“. Er selbst hört am liebsten Charts – und das passt. Schmidt muss es allen recht machen, schnell Erfolg haben mit der Mannschaft, aber eben auch kein One-Hit-Wonder produzieren. Schmidt ist der Jon Bon Jovi der Löwen, der sanfte Rocker, auf den sich der Mainstream verständigen kann, aber dennoch polarisiert – und immer Erfolg haben muss. Bon Jovi mit Glatze, aber mit ähnlicher Affinität zu Italien.
Florian Hinterberger: Der Sportchef sang vom elften bis zum 13. Lebensjahr bei den Regensburger Domspatzen. Spielt heute noch Klavier und Gitarre, hat sich bereits bereit erklärt, die Aufstiegsfeier zu rocken. Er steht total auf die Rolling Stones. Das passt: An Hinterberger kann man erahnen, wie gut Keith Richards heute noch aussehen könnte, hätte er in seinem Leben weniger Drogen genommen und mehr Sport getrieben.
Gerhard Mayrhofer: Der neue Präsident ist der geborene Bandleader, durch und durch ein Boss. Steht auf die Heavy-Metal-Band Motörhead um ihren legendenumrankten Gründer, Leadsänger und Bassisten Lemmy Kilmister, hat aber auch ein Opern- und Theater-Abo. Diese Flexibilität braucht er auch bei den Löwen.
Hasan Ismaik: Gibt nur selten Gigs in München, wenn der Jordanier aber kommt, geht’s hoch her. Dann ist die Stimmung aufgekratzt, dann wird’s richtig laut. Der Investor ist der Löwen-Elvis in seiner späten Schaffensphase ohne die selbstzerstörerischen Drogen- und Schmerzmittel-Exzesse. Ismaik möchte wie Elvis seinerzeit einfach nur geliebt werden, wäre gerne irgendwann King of Giesing.
Moritz Stoppelkamp: Diese Kappen! Diese Frisur! Dieser schnörkellose Ruhrpott- Sprech! Stoppelkamp ist der Freestyler der Löwen, der unerschrocken jedes Dribbling sucht und seinen Beef mit den Rivalen auf dem Platz austrägt. Die Nummer 10 ist der Eminem aus Duisburg, der Gangsta-Rapper der Mannschaft, der am liebsten mit seinem Homie Daniel Adlung chillt.
Benny Lauth: Kapitän ist er nicht mehr, aber als Gesicht der Band auf jedem Album-Cover. Sein Lieblingslied ist „Can’t Stop“ von den Red Hot Chili Peppers. Das sagt schon alles. Lauth ist der massentaugliche Indie-Rocker der Löwen, der sich zuletzt ein bisschen wie im Song von Beck (Loser!) gefühlt haben muss. Sein Trainer dagegen muss ihm vorgekommen sein wie der Radiohead-Song „Creep“ (Fiesling, die Red.). Einziger Löwe, für den ein Lied geschrieben wurde: „Lauth anhören“ von Sportfreunde Stiller.
Christl Estermann: Die Uschi Obermaier der Löwen: Das Chef-Groupie der Kapelle, bis heute auf Du und Du mit allen Legenden des Showgeschäfts. Selbst Franz Beckenbauer erkundigt sich regelmäßig noch nach ihrem Befinden. Im Gegensatz zur echten Uschi verlebt die Christl ihren Lebensabend aber nicht als Schmuckdesignerin am Strand, sondern schuftend im Stüberl.