Meister-Löwe über die Sturm-Misere beim TSV: „Eine Bilanz des Grauens“

Meisterlöwe Fredi Heiß spricht im AZ-Interview über die Misere im Löwen-Sturm und erklärt, warum er das Duo Okotie/Mölders bevorzugt. „Ich möchte nicht in der Haut von Möhlmann stecken“
von  Matthias Eicher
Fredi Heiß findet klare Worte zur Stürmer-Misere bei den Löwen.
Fredi Heiß findet klare Worte zur Stürmer-Misere bei den Löwen. © Rauchensteiner/Augenklick

Meisterlöwe Fredi Heiß spricht im AZ-Interview über die Misere im Löwen-Sturm und erklärt, warum er das Duo Okotie/Mölders bevorzugt. „Ich möchte nicht in der Haut von Möhlmann stecken“.

München/Teneriffa - Fredi Heiß weilt derzeit auf Teneriffa. Die Neagtiv-Ergebnise des TSV 1860 gehen auch dort nicht an ihm vorbei. Im AZ-Interview geht der Meisterlöwe von 1966 hart mit der derzeitigen Leistung "seiner Löwen" ins Gericht.

AZ: Herr Heiß, haben Sie Zeit für eine Einschätzung zum TSV 1860? Der Rat eines früheren Stürmers ist vonnöten.

FREDI HEISS: Freilich. Ich bin in Teneriffa im Urlaub. Hier bin ich im Winter öfter, wenn es kalt ist. Daheim bei den Blauen versäume ich gerade eh nix.

Die beiden Niederlagen nach der Winterpause gegen Nürnberg und Union Berlin dürften Sie auch mitbekommen haben.

Selbstverständlich, ich hab’s mir hier angeschaut. Die Sechziger sind zur Zeit leider nicht in der Lage, ihre Gegner mannschaftlich zu besiegen.

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Wie erklären Sie sich die schwache Leistung in Berlin, obwohl nach der unverdienten Nürnberg-Pleite jeder auf Besserung gehofft hatte?

Wenn ich das nur könnte. Es ist völlig unerklärlich, wie sich die Leistung so ins Gegenteil umkehren konnte. Gegen den Club habe ich ein Spiel gesehen, das war so gut wie seit Jahren nicht. Das war wirklich Pech. Wenn das 1:0 fällt, oder sogar das 2:0, gewinnst du und hast eine ganz andere Stimmung. Aber so, wie sie diesmal gespielt haben, war das ein totaler Rückfall. Union kocht wirklich nur mit Wasser. Es gab kein Aufbäumen, jeder hat sich von Anfang an ergeben.

Nach 21 Spieltagen sind es nach wie vor nur 14 Punkte – ein neuer Negativrekord.

Bedrohlicher geht es ja fast gar nicht mehr. Jetzt hat Düsseldorf auch noch gewonnen und aus dem Vierkampf ist ein Dreikampf um den Relegationsplatz geworden.

Vor allem in der Offensive haben die Löwen ein Problem: Zuletzt setzte es fünf Niederlagen in Folge, dabei gab es nur einen einzigen Treffer. Nur 15 Tore bedeuten den schlechtesten Sturm der Liga.

Eine Bilanz des Grauens. Man kann das im letzten Spiel nicht nur an einem Akteur festmachen, aber Stefan Mugosa für Rubin Okotie auflaufen zu lassen, war für mich keine Option.

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Trainer Benno Möhlmann hatte den Tausch mit Mugosas guten Trainingsleistungen begründet.

Es nutzt nichts, wenn der Trainer sagt, er hat wunderbar trainiert. Wenn es im Spiel darauf ankommt, schlafen ihm die Füße ein. Der hatte ja keine vier Ballkontakte in der ersten Halbzeit. Mugosa ist schon länger hier und hatte insgesamt noch keine drei Torchancen. Wenn man mich fragt: Man muss an Okotie und Sascha Mölders als Doppelspitze festhalten.

Beide traten zuletzt hauptsächlich durch vergebene Chancen in Erscheinung.

Wir haben aber nichts Besseres. Ein österreichischer Nationalspieler und ein ehemaliger Bundesligaspieler – die beide wissen, wie es geht. Mölders hat zwar gegen Nürnberg versemmelt, in Berlin hätte er getroffen, aber es war Abseits. Okotie erspielt sich wenigstens Torchancen. Klar, die Chancenverwertung war schlecht. Aber er kann es eigentlich. Sie müssen nur endlich treffen, das wird ihnen Auftrieb geben.

Wie gingen Sie früher mit einer Ladehemmung um?

Ganz einfach: Man muss sich sein nächstes Tor erarbeiten. Du musst dir sagen: „Verdammt nochmal, ich gebe nicht auf. Ich mache einfach weiter.“ Es tut natürlich wahnsinnig gut, wenn du triffst. Das gibt dir wieder einen Schub für die nächsten Spiele. Aber um das zu erreichen, muss jeder Einzelne mitarbeiten.

Möhlmann hatte zuletzt vorsichtig die Einstellung seiner Spieler kritisiert.

Ein Trainer tut sich immer schwer, so etwas öffentlich zu sagen, aber: Wie manche das Fußballspielen hier bei Sechzig sehen, ist unglaublich. Die verstecken sich hinter dem Gegenspieler. Wenn eine Mannschaft will und elf Männer das Spiel gewinnen wollen, kann man spielerische Mängel locker wettmachen. Hier haben sie die Hosen voll.

Am Sonntag kommt Bochum. Wie kriegt der Trainer sein Team wieder in die Spur?

Ich möchte nicht in der Haut von Möhlmann stecken, denn das wird nicht einfach. Aber: Die Spieler dürfen den Glauben nicht verlieren, müssen von Spiel zu Spiel denken. Vielleicht gelingt es ihnen, zuhause an die erste Halbzeit gegen Nürnberg anzuknüpfen. Sie dürfen nicht aufgeben, und ich gebe sie auch nicht auf. Ich hoffe nur, dass es noch um was geht, wenn ich wieder komme.

Wann sind Sie denn aus Teneriffa zurück?

Erst im März. Hoffentlich ist bis dahin nicht schon alles zu spät – und meine Löwen leben noch.

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