Meine Frau fragt: „Warum tust du dir das an?“
München - „Meine Frau fragt mich täglich: ‘Warum tust du dir das an?’ Das kann man nur verstehen, wenn man Herzblut für Sechzig hat“, sagt Peter Cassalette. Was seine Frau Viola meint: Ihr Mann will Oberlöwe werden. Sollten ihn die Fans am 15. November bei der anstehenden Mitgliederversammlung wählen, wird Cassalette neuer Präsident des TSV 1860.
Der 62-Jährige Löwe (sein Sternzeichen) erzählt im Hub Impact München, einem Co-Working-Space, den sich kreative Löwen als Mal-was-Anderes-Location ausgesucht hatten: „Ich bin ein echter Bayer und seit frühester Kindheit Löwen-Fan. Mein Vater hat mich anfangs zu den Spielen geschleift, bald war ich Hardcore-Fan und bin es bis heute geblieben.“
1860-Präsidenten-Casting: Cassalette - "Entscheidet Euch endlich!"
Die Meisterschaft 1966 habe er hautnah miterlebt, sei danach vom Grünwalder jubelnd mit wehender Löwen-Fahne auf dem Radl in die Stadt gefahren. 1977 sah er das sensationelle Rückspiel der Bundesliga-Relegation gegen Bielefeld, als 1860 nach einem 0:4 im Hinspiel mit demselben Ergebnis ein Entscheidungsspiel erzwang – und siegte. „Danach war klar: Jetzt muss ich Mitglied werden. Ich habe genauso mitgelitten wie andere Fans, war zu Bayernliga-Zeiten im Stadion auch beim Aufstieg 1994 in Meppen. Zwei Jahrzehnte hatte ich eine Kutte an – und besaß eine Dauerkarte“, erzählt er, jetzt kaufe ich mir meistens Stehplatz-Karten.“ Cassalette, der Kurven-Präsident.
Bald soll der gebürtige Münchner als Löwenboss in den VIP-Bereich wechseln. „Ich kann allen Fans nur sagen: Ich bin einer von euch!“ Die vorerst siebenmonatige Amtszeit sei kein Problem: „Ich sehe das als Probezeit.“ Doch zuvor muss er erstmal am 15. November gewählt werden.
Seine Standpunkte zu den brennendsten Themen:
Die bedrohliche sportliche Lage
„Man kann nicht so blauäugig sein und denken, man steigt nie ab. Wenn wir am Sonntag gegen Duisburg nicht gewinnen, dann haben wir ein Problem. Wir müssen uns in jedem Fall im Winter zusammensetzen. Und wir müssen zweigleisig planen.“ Heißt: Im Gegensatz zum letzten Jahr sollte man auf alles vorbereitet sein.
So lief die Vorstellung von Sechzig-Kandidat Cassalette
Die Stadionfrage
„Am Anfang war ich pro Arena, habe mich Freude, dass wir in so einem tollen Stadion spielen können“, sagte Cassalette, der aber weiß: „Es hat sich alles negativ entwickelt. Wir sind nur noch der Knecht vom FC Bayern. Wir brauchen eine neue, eigene Löwen-Heimat.“ Klares Signal: raus aus der Arena. Der potenzielle Präsident weiter: „Ein Verein wie 1860 muss irgendwann im eigenen Stadion in der Bundesliga spielen.“
Das Verhältnis zu Investor Hasan Ismaik
„Das Verhältnis hat sich zuletzt gebessert, aber es ist dennoch problematisch und nicht zufriedenstellend. Ich will erst einmal versuchen, mich baldmöglichst mit Herrn Ismaik zu treffen. Ich bin Optimist und denke, dass ich gut mit Menschen kann. Ich will ihn erst einmal kennenlernen. Dann muss man weitersehen und eine Lösung finden – in die eine oder andere Richtung.“ Heißt: Auch eine Trennung kommt infrage.Cassalette: "Ich bin einer von Euch!"
Sportliche Leitung
„Man hat gerade erst einen neuen Trainer geholt. Die Geschäftsführer habe ich schon kennengelernt. Ich denke, Herr Rejek ist als ehemaliger BVB-Funktionär über alle Zweifel erhaben, Noor Basha ist noch neu und muss sich erst einarbeiten. Ich wäre ja Präsident des Gesamtvereins und werde nicht ins operative Geschäft der KGaA eingreifen, aber es sicherlich ansprechen, wenn mir etwas auffällt.“ Würde fast an ein Wunder grenzen, wenn er ausgerechnet dort nichts bemerken sollte, wo seit Jahrzehnten Chaos herrscht.
Eine mögliche Magath-Verpflichtung
„Im Moment haben wir keinen Handlungsbedarf. Ich bin generell nicht dagegen, mich mit Magath zu unterhalten und zu fragen: Warum ist es so gelaufen, warum wurde er nicht ins Boot geholt? Ich rede mit jedem, der gut für den Verein ist.“
Und dazu gehört für den Vermutlich-bald-Präsidenten auch der Meistertrainer.