Mayrhofer: "Ich betreibe keinen Menschenhandel"
AZ: Herr Mayrhofer, Sie waren am Sonntag beim Fanfest umzingelt von Löwen-Fans...
GERHARD MAYRHOFER: Es ist ein Wunder, dass ich überhaupt noch meine Stimme hab’, so viele Gespräche habe ich geführt. Aber das mache ich gern. Und wenn man mich beschimpfen will – auch okay.
So uneitel?
Solange man mir ins Gesicht sagt, was man von mir hält – kein Problem! Sauer werde ich, wenn das anonym geschieht, in diesen Intenet-Foren. Vor kurzem schrieb da einer dieser selbst ernannten Experten über das Präsidium „diese vier Vollidioten!”. Das geht nicht, das war unfair, da hört’s bei mir auf. Diese Menschen nennen sich Fans, aber sie haben keine Ahnung.
Was für Menschen gehen zu 1860?
Unsere Fanstruktur ist sehr heterogen. Es gibt die einen, die sagen, ’I bin seit 50 Jahren Sechzger’. Das sind auch diejenigen, die mir sagen ’Du bist der erste gute Präsi seit dem Wildmoser’. Das finde ich sehr interessant. Wir haben aber neben diesen Traditionalisten auch viele junge Fans, die auf den Kult stehen. Und wir haben die Grantler, die alles furchtbar finden.
Das sind die, die den Löwen-Blues leben.
Genau. Aber aus meiner Sicht sind das eher die, die von außen kommen, die weit anreisen. Wir müssen wieder dahin, dass wir alle mehr Spaß haben an Sechzig. Der Löwen-Blues muss dem Spaß und Rock’n’Roll weichen.
Sie sind aber unter der Präsidentschaft von Karl-Heinz Wildmoser mal eine Zeitlang sogar aus dem Verein ausgetreten.
Das hatte nichts mit Wildmoser persönlich zu tun. Ich habe den Karl-Heinz sehr geschätzt. Er war ein sehr intensiver Typ. Ich glaube, dass solche Typen heute eher Auslaufmodelle sind – leider.
Wieso dann der Austritt?
Wegen der Allianz Arena. Der Untergang von 1860 hat mit der Allianz Arena begonnen. Darum hab ich damals gesagt, ’ich trete aus, jetzt könnt’s ihr mich gern haben’.
Jetzt haben Sie quasi als erste Amtshandlung den schnellstmöglichen Auszug aus der Allianz Arena postuliert.
Ja, und ganz sicher nicht als Marketing-Gag. Wir brauchen ein eigenes Stadion, um unsere Identität auszuleben. In der Allianz Arena kannst du als Löwe nicht so auftreten wie in einem eigenen Stadion. Außerdem fressen uns die Kosten auf.
Mit Verlaub: Wer soll das neue Stadion bezahlen?
Die Baukosten würden sich auf rund 50 Millionen Euro belaufen, das ist machbar – für Investoren. Sie glauben gar nicht, wie viele Leute gerne ihren Namen hergeben würden für den Löwenkäfig.
Etwa VW, der neue Hauptsponsor?
Gerne VW. Aber darüber haben wir noch nicht gesprochen, so weit sind wir noch nicht. Momentan reden wir eher mit der Messe, der Stadt und dem Freistaat – da geht es um die Planungen.
Wie laufen die Gespräche?
Die Messe, auf deren Gelände der Löwenkäfig ja stehen soll, scheint recht angetan. Bei der Stadt nimmt man uns derzeit eher als regionales Phänomen wahr. Der ein oder andere hat sich ja schon eher belustigt gezeigt über unser Vorhaben...
Sie meinen Christian Ude. Dabei ist der OB doch Löwe!
Das hat er jedenfalls immer behauptet.
Wann könnte das neue Stadion stehen?
Das ist noch nicht absehbar. Aber übergangsweise könnte man auch woanders spielen.
Das wird sofort die Grünwalder-Stadion-Nostalgiker auf den Plan rufen!
Natürlich. Aber das Thema ist wohl leider definitiv durch. Die Stadt hat das Stadion eben nur drittligatauglich renoviert. Immerhin, aber für mich dennoch unverständlich, dass man nicht zumindest versucht hat, das Stadion wieder so herzurichten, dass 20.000 bis 25.000 Menschen dort Platz finden.
Eine weitere Forderung von Ihnen ist: Aufstieg sofort!
Ja, was soll ich denn sonst sagen? Dass wir gerne im Mittelfeld landen würden, Zehnter werden wollen? Mittelklasse ist mit mir nicht zu machen. Wir greifen an, wir steigen auf. Und wenn wir es nicht jetzt schaffen, dann steigen wir eben nächstes Jahr auf.
Für Aufsehen hat auch Ihre Ankündigung gesorgt, dass Sie schnell handeln wollen, sollte sich der Erfolg nicht einstellen.
Wir stehen alle komplett beieinander, das mein ich auch so. Wenn wir aber der Meinung sein werden, dass einer von uns das Gesamtziel Aufstieg gefährdet, weil seine Leistung nicht reicht, dann muss man sich vielleicht trennen. Aber ich werde keinen Menschenhandel betreiben. Wenn man Leute los werden möchte, dann muss man das genau begründen. Wir sind ein Rudel, die Entscheidung muss dann am Ende aber der Oberrudelführer treffen.
Wer ist das?
Der Oberrudelführer bin ich.
Was Investor Hasan Ismaik anders sehen könnte. Wenn Ismaik beim anstehenden Treffen seine Forderungen wiederholen würde, praktisch alle Funktionäre auszutauschen...
Noch mal: Ich betreibe keinen Menschenhandel. Hasan Ismaik ist zweifellos der Retter der Löwen und ihm gehört ein substanzieller Teil unserer Firma. Natürlich ist er eingeladen, bei allen Entscheidungen mitzuwirken und Vorschläge zu. Und wenn er irgendwann wieder Geld investieren will: Sehr gerne. Aber grund- und wahllos Leute zu feuern, das mache ich nicht mit. Jede Personalentscheidung muss begründet sein. Und zwar genauestens.
Wann treffen Sie Ismaik denn nun?
Wir stehen in intensiven Kontakt mit seinem Cousin Noor Basha. Zuletzt war er auch bei einer Präsidiumssitzung dabei. Herr Ismaik ist ständig eingeladen, wieder mitzumischen. Aber wenn er nicht will, dann muss ich das alleine hinkriegen. Noor Basha hat nun den Auftrag, das Treffen mit Hasan Ismaik zu koordinieren. Sobald er uns einen Termin nennt, steigen wir in den Flieger und besuchen ihn.
Den zweiten Teil des Interviews, in dem Mayrhofer über seinen Vegetarismus, seine Leidenschaft für Synthesizer und seine Kinder spricht, lesen Sie am Mittwoch in der gedruckten AZ. Oder online ab Mittwoch Mittag