"Jetzt brennt der Baum": So verheerend wäre ein Abstieg für den TSV 1860 München wirklich
München - Ein Hoch auf die Schützenhilfe der bayerischen "Freunde", die eigentlich eher Rivalen sind für die Blauen: Dank Hachings glücklichem Sieg in Halle und Ingolstadts Last-Minute-Punkt gegen Mannheim hat sich Sechzigs Ausgangslage im Abstiegskampf kaum verschlechtert – und doch ist sie bedrohlich.
Der TSV 1860 taumelt nach dem 1:2 gegen Borussia Dortmund II weiter Richtung Regionalliga, denn: Zu Sechzigs Super-GAU fehlen "nur" noch zwei Pleiten gegen Aufstiegsaspirant Rot-Weiss Essen am Freitagabend (19 Uhr) und in einem womöglich nervenaufreibenden Abstiegsfinale gegen Arminia Bielefeld (13.30 Uhr) – wenn, ja wenn Halle (38 Punkte) die beiden letzten Spiele gewinnt und auch Mannheim (40) und Bielefeld (42) den TSV (43) noch überflügeln.
"Jetzt brennt der Baum", sagte Torhüter Marco Hiller nach der 17. Saison-Pleite (neuer Drittliga-Negativrekord für 1860) konsterniert. Doch was würde im Fall des Worst-Case-Szenarios überhaupt passieren? Die AZ beleuchtet das, was auf Giesings Höhen keiner auch nur denken will – und macht den Abstiegs-Check:
Der TSV 1860 droht vollkommener Zerfall bei Abstieg
Kader-Zerfall: Sollte Sechzig nach 2017 erneut in die Regionalliga Bayern absteigen, würde der aktuelle Kader auseinanderbrechen. Neben 15 auslaufenden Verträgen, von denen im Abstiegsfall kaum einer verlängert würde, hätte nach AZ-Informationen nicht einmal die kürzliche Verlängerung von Spielführer Jesper Verlaat Gültigkeit. Auch sein niederländischer Kollege, Torjäger Joel Zwarts und weitere Leistungsträger wären nicht zu halten. 1860 müsste um einige Youngster und Akteure aus der zweiten Mannschaft (derzeit Tabellensiebter in der fünftklassigen Bayernliga Süd) herum ein völlig neues Team aufbauen. Trainer Argirios Giannikis wäre ebenfalls Geschichte.
Knallhart-Sparkurs: Die vielbeachtete, kürzlich vom Geschäftsführer-Duo Oliver Mueller und Christian Werner zu einem ungünstigen Zeitpunkt gehaltene Sparkurs-Präsentation müsste wohl noch einmal überarbeitet und zudem verschärft werden: 1860 soll schon jetzt den Gürtel enger schnallen, in der Vierten Liga würde dies erst recht zutreffen. Die garantierten TV-Gelder (in der laufenden Saison gut 1,3 Millionen Euro) würden wegfallen.
Volles Grünwalder Stadion gegen Aubstadt oder Illertissen? Fraglich
Dauerkarten-Einbruch: Der TSV 1860 hatte wohl damit gerechnet, inzwischen bereits gerettet zu sein. Nicht anders ist zu erklären, dass die Giesinger bereits den Dauerkartenvorverkauf für die nächste Saison gestartet haben. Kurios: Die Fans wissen Stand jetzt noch nicht, für welche Liga sie ihre Dauerkarte kaufen. Kommen weiterhin Dresden, Saarbrücken und Co. nach Giesing oder doch Aubstadt und Illertissen? Fraglich, ob 1860 in Liga vier weiterhin bei jedem Heimspiel ein ausverkauftes Haus vermelden könnte.

Trotz der Ungewissheit sollen die Anhänger Rekordpreise bezahlen, die Sitzplatz-Tickets werden nochmal teurer. Dabei ruft 1860 schon jetzt höhere Ticketpreise auf, als ein Großteil der Bundesligisten. Bei den Fans ist der Aufschrei groß, manchem Anhänger leuchtet ein, dass die Aussage von Ex-Geschäftsführer Marc-Nicolai Pfeifer, das Grünwalder Stadion sei für Mieter 1860 im jetzigen Zustand ein finanzieller Wettbewerbsnachteil, nicht von der Hand zu weisen ist.
Dem TSV 1860 würde der emotionale Schwung von 2017 komplett fehlen
Zurück-zu-den-Wurzeln-Effekt: Nach dem Absturz aus der Zweiten Liga im Sommer 2017 entstand durch die Heimkehr ins altehrwürdige Sechzgerstadion eine neue Euphorie, eine Art Zurück-zu-den-Wurzeln-Effekt. Dieser Effekt würde nun verpuffen, schließlich spielt Sechzig ja seit fast acht Jahren wieder dahoam und hat seitdem wie eben geschildert festgestellt, dass die Spielstätte in wirtschaftlicher Hinsicht an ihre Grenzen gelangt ist. Ein Umbau steht weiter in den Sternen – auch wenn es zuletzt wieder Annäherungen zwischen Stadt und Verein gegeben hatte. Ob Muellers angekündigte Analyse einen Fortschritt bringt?
Bevor wir uns noch dezidierter mit dem Szenario auseinandersetzen, das schlichtweg nicht passieren darf, sei daran erinnert: 1860 braucht "nur" noch einen einzigen Punkt oder weitere Patzer von Halle, Mannheim oder Bielefeld, um kräftig durchzuatmen – und für die Dritte Liga planen zu können.