Interview

Ismaik appelliert an Werner und Mueller: "Halten Sie sich aus politischen Themen heraus"

In Teil 2 des großen AZ-Interviews spricht 1860-Investor Hasan Ismaik über sein Treffen mit den neuen Geschäftsführern Christian Werner und Oliver Mueller, eine nicht gewollte Etaterhöhung, seine Bereitschaft, einen neuen Vertrag auszuhandeln und über die verpasste Chancen bei seinem Einstieg, ihn nur als Sponsor zu gewinnen.
von  Matthias Eicher, Krischan Kaufmann
Hasan Ismaik (vorne) bei seinem Besuch am Trainingsgelände. Hinter ihm unter anderem sein Bruder Yahya Ismaik und sein Statthalter Anthony Power.
Hasan Ismaik (vorne) bei seinem Besuch am Trainingsgelände. Hinter ihm unter anderem sein Bruder Yahya Ismaik und sein Statthalter Anthony Power. © imago/Ulrich Wagner

Sie haben nach der Beurlaubung von Geschäftsführer Marc-Nicolai Pfeifer in einer Stellungnahme von einer „radikalen Minderheit“ gesprochen, die bei 1860 den Ton angibt. Wen genau haben sie damit gemeint: die Fans im allgemeinen – oder speziell die Grünwalder Stadionfreunde und die Organisation Pro1860, die Sechzigs Gremien wie den Verwaltungsrat dominieren?
HASAN ISMAIK: Man weiß ja inzwischen, wie die Dinge bei 1860 laufen, mit Pro1860 im Hintergrund, mit den Ultras, die diesen Kurs des Präsidenten stützen. Ob es die Gremien sind, die Sie genannt haben, die Strömungen oder die Fans in der Westkurve: Die Marschrichtung ist klar: Man will dagegenhalten, gegen den Investor. Dafür werden auch die Fans instrumentalisiert. Das alles ist leichtsinnig, denn jeder Verein braucht sportlichen Erfolg. Entscheidend ist, dass auch diese Gruppen eines Tages erkennen werden, dass viel Unwahres über mich gesagt wurde und das meine Liebe zu 1860 aufrichtig ist.

Ismaik zu den neuen Bossen: „Arbeiten Sie im Interesse des Unternehmens und halten sich daran“

Der e.V. hat seinen Konfrontationskurs Ihnen gegenüber in den vergangenen Monaten intensiviert: Trainer Michael Köllner und nun Finanzgeschäftsführer Marc-Nicolai Pfeifer wurden gegen Ihren Willen entlassen, Trainer Argirios Giannikis und die Geschäftsführer Christian Werner und Oliver Mueller wurden gegen Ihren Willen und sogar ohne Ihr Wissen engagiert. Wie gehen Sie damit um?
Dieses Gebaren ist mittlerweile ein geübtes Spiel. Ganz gleich, wer angestellt wird, für HAM ist es mit allen Funktionären derselbe Umgang: Wir werden über den Aufsichtsrat beobachten, was passiert und unsere Augen darauf haben. Ich habe mich am Donnerstag mit den Geschäftsführern getroffen und ihnen gesagt: „Unsere Spielregeln sind die gesellschaftliche Struktur, der Kooperationsvertrag, die Geschäftsordnung.“ Ich habe ihnen auch einen guten Rat gegeben: „Arbeiten Sie im Interesse des Unternehmens und halten sich daran.“ Wir haben es in den letzten Jahren immer wieder gesehen: Wenn sich ein Funktionär gegen den Verein stellt, wird es schwierig. Für mich ist jeder Geschäftsführer herzlich willkommen.

Der Hauptgrund für Ihren Besuch war also das Kennenlernen mit der neuen Geschäftsführung?
Es ist eine gute Sache, wenn man zur richtigen Zeit „Guten Tag“ sagt.

Welchen Eindruck haben Sie von Werner und Mueller gewonnen – und was haben Sie Ihnen mit auf den Weg gegeben?
Ich habe dem Finanz-Geschäftsführer gesagt: „Herzlich willkommen in der Hölle!“ (lacht) Im Ernst: Ich habe gesagt: „Wir werden jeden Ihrer Schritte verfolgen. Es kann aber auch ganz einfach sein, wenn Sie sich an die Regeln halten. Wenn es nicht der Fall ist, wird es Ihnen vielleicht genauso ergehen wie Ihren Vorgängern.“ Und dem Sport-Geschäftsführer habe ich gesagt: „Verstärken Sie die Mannschaft, konzentrieren Sie sich ausschließlich auf den Sport und blenden Sie alles andere aus.“ An beide gerichtet habe ich noch ergänzt: „Halten Sie sich aus politischen Themen heraus.“ Leider gibt es viel Gift, das der Mannschaft schaden könnte – und dieses Gift kommt nicht von außen, es kommt von innen und ist daher schwerer zu bekämpfen. Ich habe ihnen aber auch meine Unterstützung angeboten.

1860-Investor Ismaik: "Dann können wir uns über den Ausbau des Grünwalder Stadions einigen"

Da würden wir gerne einhaken: Erfolg im Fußball hängt nun mal maßgeblich vom finanziellen Rahmen ab. Haben Sie der Geschäftsführung einen Vertrauensvorschuss gegeben, eine Art Antrittsgeschenk in Form einer Etaterhöhung?
Die Geschäftsführung wollte das gar nicht. Sie haben den Eindruck erweckt, dass sie eine klare Planung haben und die Ziele mit den vorhandenen Mitteln erreichen wollen. Ich hoffe, dass die Geschäftsführung in Ruhe gelassen wird und richte das Wort an alle: „Es soll nicht um Hasan Ismaik oder den e.V. gehen, es soll um Sechzig gehen.“ Ich habe eine Botschaft an alle Funktionäre, alle Gruppierungen und die Fans - an alle: „Wenn das Ziel der sportliche Erfolg ist, bin ich für wirklich alles bereit!“ Kommt, lasst uns zusammensitzen, uns noch einmal einigen, einen neuen Vertrag ausarbeiten und gemeinsam für 1860 sein. Dann können wir uns über den Ausbau des Grünwalder Stadions einigen, – aber da ist auch die Politik gefragt, es gibt baurechtliche Fragen und so weiter. Aber dann würde es nicht an mir scheitern. Wenn es eine Turnhalle ist, dann lasst uns darüber reden. Man muss aber diese Diskussion zusammen führen, die Möglichkeiten studieren und sehen, wie man das Optimum für Sechzig herausholen kann. Ich sage es den Ultras, den Mitgliedern von Pro1860 und allen anderen: Es geht nicht um Hasan, es geht um 1860 München. Lasst uns darauf konzentrieren, wie wir gemeinsam dem Klub wieder die Würde wiedergeben, die er und die Stadt verdient.

Diese Art der Zusammenarbeit ist angesichts der beidseitig verhärteten Fronten aktuell allerdings kaum vorstellbar. In der Fankurve wurden Sie kürzlich auf einem Spruchband sogar als „Feind“ bezeichnet.
Ich bin niemandem gegenüber feindlich gestimmt. Ich bin kein Feind, ich bin ein Partner und möchte unterstützen. Man kann mit mir über alles reden. Voraussetzung für das alles ist, dass der sportliche Erfolg im Vordergrund steht.

Spruchband der Löwen-Fans in der Westkurve an Hans Sitzberger: "Löwengönner, Vizepräsident, der sich plötzlich zur HAM bekennt – wer Brücken Richtung Feinde baut, hat sich sein Denkmal selbst versaut."
Spruchband der Löwen-Fans in der Westkurve an Hans Sitzberger: "Löwengönner, Vizepräsident, der sich plötzlich zur HAM bekennt – wer Brücken Richtung Feinde baut, hat sich sein Denkmal selbst versaut." © imago/Ulrich Wagner

Ein immer wiederkehrender Vorwurf an Sie lautet, dass Sie Ihr Geld als Druckmittel benutzen, um Ihre Forderungen durchzusetzen.
Ich möchte diese Frage mit einer Gegenfrage beantworten: Wenn Sie an meiner Stelle wären – 1860 hat vor meiner Zeit keine Gewinne erzielt –, was würden Sie als Investor von 1860 wollen?

Sportlichen und wirtschaftlichen Erfolg.
Genau! Ich will, dass mein Investment Früchte trägt, dass ich stolz darauf sein kann. Meinen Traum, irgendwann wieder gegen den FC Bayern zu spielen, ist doch auch der Wunsch vieler Fans. Ich gebe Ihnen ein Beispiel: Ich kenne einige andere Klubbesitzer. Manchmal rufe ich diese Freunde an und sage ihnen, dass ich in London oder Madrid ein Spiel anschauen will. Aber keiner meiner Freunde fragt mich, ob er Karten für ein Spiel der Löwen bekommen kann. Das sagt doch schon alles über den sportlichen Erfolg der Löwen. Das macht mich traurig, denn 1860 München hat das Potenzial mit all den anderen Klubs mitzuhalten.

Ismaik: Engagement als Sponsor des TSV 1860 wäre denkbar gewesen

Das erklärt aber noch nicht, warum Sie angeblich die finanzielle Abhängigkeit der Löwen ihnen gegenüber ausnutzen, um Ihre Interessen durchzudrücken.
Der Verein trifft doch mit 50+1 Entscheidungen an mir vorbei. Das alles, um sich gegen mich durchzusetzen. Wieso soll dann mein Geld ein Hebel für mich sein, wenn ich mich am Ende ohnehin nicht durchsetze? Von daher hat diese Behauptung aus meiner Sicht kein Gewicht. In Wirklichkeit geht es hier um Politik, um Macht. Einige Vertreter des e.V. geben das auch unumwunden zu, wenn man mit ihnen persönlich spricht. Machen wir uns nichts vor, 50+1 wird als politisches Machtinstrument für Funktionäre genutzt.

Aus welchen Gründen kommt es dennoch zu den immergleichen Auseinandersetzungen zwischen den Gesellschaftern?
Das Problem ist, dass es meine Art ist, den Leuten ins Gesicht zu sagen, was ich denke. Das ist aber kein mangelnder Respekt, wenn ich das mache. Im Gegenteil. Es zeigt, dass ich respektiere, was ich höre und mir Gedanken darüber mache. Das Problem ist, dass dieser Mut auf der anderen Seite nicht vorhanden ist. Am Anfang, als 1860 vor meinem Einstieg im Jahr 2011 am Abgrund stand, wenn man mir also damals gesagt hätte, dass man finanzielle Hilfe braucht, aber keine Einmischung als Gesellschafter wünscht, wäre ich vielleicht nur als Sponsor gekommen.

Wirklich nur als Sponsor?
Ja, wenn mir damals jemand klar erklärt hätte: „Deine Rolle bei 1860 wird schwierig, das ganze Umfeld, Investor und Traditionsverein – das könnte zu Konflikten führen.“ Für mich ist über die Jahre aus dieser anfänglich reinen Geschäftsbeziehung eine sehr persönliche Angelegenheit geworden, deshalb geht es für mich mittlerweile um Prinzipien – nicht ums Geld. Ich habe auch Fehler gemacht, das gebe ich offen zu. Viele Fehler waren aus der Emotion heraus. Ich wusste mir oftmals nicht anders zu helfen, als zu attackieren, gerade in den ersten Jahren. Durch die zunehmende Kritik, auch in den Medien, habe ich mich schnell in Abwehrmechanismen geflüchtet.

Lesen Sie in den weiteren beiden Teilen :

Anmerkung der Redaktion zum Interview: Ein langer Abend bei Tee und Zigarren (des Jordaniers) – so kam es zum großen Interview mit Hasan Ismaik: Am Freitag vergangener Woche traf die AZ den 46-jährigen Geschäftsmann im edlen Rosewood-Hotel in der Kardinal-Faulhaber-Straße. Tags zuvor hatte die Redaktion den Hinweis bekommen, dass der 1860-Investor in München landen würde. Die AZ wollte mehr über die Hintergründe dieses Kurzbesuches erfahren und wurde zwei Whatsapp-Nachrichten später zu einem Gespräch in die König Maximilian I.-Suite eingeladen – mindestens so spontan wie sein Besuch am Vereinsgelände.

merken
Nicht mehr merken
X

Sie haben den Inhalt der Merkliste hinzugefügt.