Hasan Ismaik öffnet Tür für mögliche Trennung von 1860: "Respekt ist der Schlüssel"
München - Ein langer Abend bei Tee und Zigarren (des Jordaniers) – so kam es zum großen Interview mit Hasan Ismaik: Am Freitag vergangener Woche traf die AZ den 46-jährigen Geschäftsmann im edlen Rosewood-Hotel in der Kardinal-Faulhaber-Straße. Tags zuvor hatte die Redaktion den Hinweis bekommen, dass der 1860-Investor in München landen würde. Die AZ wollte mehr über die Hintergründe dieses Kurzbesuches erfahren und wurde zwei Whatsapp-Nachrichten später zu einem Gespräch in die König Maximilian I.-Suite eingeladen – mindestens so spontan wie sein Besuch am Vereinsgelände.
Mister Hasan, am Freitag letzter Woche haben Sie nach vielen Jahren mal wieder einen Fuß auf das Trainingsgelände der Löwen gesetzt. Welche Gefühle sind dabei in Ihnen hochgekommen?
HASAN ISMAIK: Ich unterscheide immer zwischen Sport und Vereinspolitik: Ich habe mich sehr gefreut, das Gelände zu betreten, die Mannschaft zu sehen und den Trainer kennenzulernen. Ich habe den Spielern alles Gute gewünscht und gescherzt, dass ich 20 Kilo abnehmen werde, um mit ihnen in der nächsten Saison spielen zu können. Im Ernst: Ich bin jede Woche gespannt auf das Spiel der Löwen. Je nachdem, wie es ausgeht, bin ich glücklich oder traurig. Ich habe der Mannschaft gesagt: Sie ist es, die uns in Atem hält, die uns Glücksgefühle verschafft, wenn sie gewinnt – und wenn sie verliert, leiden wir mit ihr. Ich freue mich sehr, dass es nun wieder aufwärts geht. Auch, wenn die Löwen derzeit in der Dritten Liga spielen: Mein Traum von der Bundesliga war der Grund, wieso ich mich einst für die Löwen entschieden habe.
Lebt dieser Traum immer noch?
Natürlich. Jeden Tag wird er lebendiger als am Tag zuvor. Es kann noch einige Jahre dauern, aber es wird strukturelle Änderungen geben. Schauen Sie nur auf die neuesten Entwicklungen beim Thema Super League, sie wird auf europäischer Ebene kommen. Da bin ich mir sicher. Und das wird dann bewirken, dass sich zwangsläufig auch auf hierzulande etwas ändern wird.
1860-Investor Ismaik: 50+1-Regel wird in den nächsten fünf Jahren fallen
Da müsste zuerst die 50+1-Regel in Deutschland fallen.
Ich nehme schon länger bestimmte Strömungen wahr. Wenn die Super League kommt, wird 50+1 zwangsläufig fallen. Ob Sie mir zustimmen, oder nicht: Ich denke, in den nächsten fünf Jahren wird dies geschehen.
Wollen wir wetten?
Aber gerne. Um 1000 Euro?
Nein, nur ums Recht.
(lacht) Das ist ja billig für mich. Wenigstens um einen Euro?
Sagen wir 50+1 Euro?
Top, die Wette gilt! Aber im Ernst: Wenn man sieht, wie stark die Ligen in England, Spanien oder Italien sind. Der deutsche Fußball macht im internationalen Vergleich – mit Ausnahme eines Vereines oder zwei – aufgrund dieser strengen Regel einen Rückschritt.
Aufgrund der Einschätzung des Bundeskartellamtes soll 50+1 hierzulande nun auf eine rechtssichere Basis gestellt und damit zementiert werden. Was ist Ihr Plan, wenn auch in den kommenden, sagen wir, in 50+1 Jahren, diese Regel Bestand haben wird?
Dann übergebe ich mein Investment an meinen Sohn (lacht)
Ismaik: "Mein Investment bei den Löwen ist eine Last Gottes"
Sie scheinen das Ganze inzwischen mit Humor zu nehmen.
Ja, das stimmt. Wenn man das ganze ironisch betrachten möchte: Mein Investment bei den Löwen ist eine Last Gottes für beide Seiten – für den Verein und für mich. Wir haben uns gegenseitig an der Backe. In meinem Fall könnte man die Frage stellen: Was hat mich dazu gebracht, bei einem Verein mit solch komplizierten Strukturen zu landen? Und für den anderen Gesellschafter: Womit haben wir einen Mann wie Hasan Ismaik verdient, der so viel Ausdauer hat, so stur ist und niemals aufgeben wird? Auf der anderen Seite kann dieses Investment aber auch ein Segen für beide Seiten sein, wenn die andere Seite mich willkommen heißen würde. Ich lade alle ein, gemeinsam etwas zu erschaffen, worauf wir stolz sein können.
Sie betonen regelmäßig, Ihre Anteile an Sechzigs ausgegliederter Profifußballabteilung unter keinen Umständen verkaufen zu wollen. Von Teilen der Anhänger werden Sie und Ihr Engagement bei den Löwen komplett abgelehnt, zusätzlich ist auch Ihr Mitgesellschafter, die e.V.-Seite, zuletzt deutlich machtbewusster aufgetreten. Kommt es nicht doch irgendwann zu dem Punkt, an dem Sie ihr Investment beim TSV 1860 überdenken?
Ich werde niemals aufgeben, am Ende wird die Wahrheit siegen. Es gibt das Szenario nicht, dass ich sage: „Ich will nicht mehr, ich schmeiße hin, jetzt hab ihr es geschafft!“ Aber es gäbe eine andere Option, wie man das Investment beenden könnte: Wenn sich der Mitgesellschafter mit mir zusammensetzt und zugibt, dass ich nur benutzt worden bin, dass diese Nadelstichpolitik real ist und man mich rausekeln will. Wenn sie diese Fehler gestehen, sich dafür entschuldigen und mir sagen: „Mister Hasan, wir sagen es Dir direkt ins Gesicht: Du sollst aussteigen, der Verein soll den Fans gehören!“ Wenn sie dieses Gespräch mit mir führen – und zwar mit Respekt – dann wäre ich für Verhandlungen bereit. Dann würde ich diese Türe aufmachen.
Ismaik öffnet Tür für mögliche Trennung von 1860: "Respekt ist der Schlüssel"
Nachdem Sie erstmals eine derartige Option ins Spiel bringen, müssen wir nachfragen: Welches Preisschild hängt dran, sollte der Verein auf Sie zukommen – und würden Sie auch tatsächlich verkaufen?
Es geht mir nicht in erster Linie um das Finanzielle. Es geht um meine Würde, um meine Integrität, um meine Prinzipien. Ich kann Ihnen kein Preisschild nennen. Es kommen immer wieder Anfragen. Jedem, der mich fragt, habe ich ihnen gesagt: „Recherchiert gut, was in den letzten Jahren passiert ist und bedenkt, dass der Verein selbst mit einer entsprechenden Anfrage an mich herantreten müsste.“ Bisher ist dann keiner davon wiedergekommen.
Wir fragen auch deshalb, weil aus e.V.-Kreisen zu hören ist, dass erst im vergangenen Sommer in Giesing wieder von einem solchen Verkaufsszenario gesprochen wurde.
Wie ich gesagt habe: Der erste Schritt muss sein, dass der e.V. das, was man mir angetan hat, respektvoll und ehrlich zugibt. Es gibt nur einen Weg: Sie kommen zu mir und gestehen, dass sie mir das Leben absichtlich schwergemacht haben, und zwar in der Öffentlichkeit – vor der ganzen Welt: „Es war ein mieses Spiel von uns und wir wollten, dass du dein Geld verlierst und abhaust.“ Wenn sie ehrlich und menschlich mit mir umgehen, dann können wir verhandeln und uns einigen, welcher Betrag angemessen ist und ob zum Beispiel auch Fans oder Sponsoren die Gelegenheit bekommen, Geld zu investieren.
Respekt ist also der Schlüssel?
Respekt ist der Schlüssel! (klopft auf den Tisch)
Lesen Sie in den kommenden beiden Teilen (folgen an diesem Wochenende):
- Teil 2: Hasan Ismaik über sein Treffen mit den neuen Geschäftsführern Christian Werner und Oliver Mueller, eine nicht gewollte Etaterhöhung, seine Bereitschaft einen neuen Vertrag auszuhandeln und die verpasste Chancen bei seinem Einstieg, ihn nur als Sponsor zu gewinnen.
- Teil 3: Hasan Ismaik über seinen größten Fehler, seine „Schuld“ am Doppelabstieg 2017, seine Einordnung der vereinspolitischen Querelen und seine Pläne mit den Löwen, sollte die 50+1-Regel fallen.
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