Höchste Crash-Gefahr in Giesing

Hasan Ismaik sagt den geplanten Besuch bei 1860 ab. Löwen-Präsident Schneider wundert sich über den Investor und dessen Verwandte. Drohkulissen werden aufgebaut.
München - Die zweite Halbzeit im Spiel gegen Paderborn war in vollem Gange, als der Besuch aus Abu Dhabi dringend weg musste. Abdel Rahman Ismaik, Bruder von Löwen-Investor Hasan Ismaik und Noor Adnan Basha, dessen Cousin und designierter Nachfolger des zurückgetretenen Aufsichtsrats Hamada Iraki, verließen die Allianz Arena ohne großen Verabschiedungsarien. Und so saß ihr neuer Familienfreund Sven-Göran Eriksson plötzlich alleine auf der Ehrentribüne. Erst nach ein paar Minuten gesellten sich Geschäftsführer Robert Schäfer und Iraki zum nicht wirklich willkommenen Löwen-Gast. Die beiden hatten erst da realisiert, dass Eriksson noch da war.
Gar nicht erst aufgetaucht in München war Hasan Ismaik selbst. In der Nacht auf Dienstag hatte der Investor seinen Trip zum Spiel abgesagt – und den drohenden Showdown mit 1860-Präsident Dieter Schneider kurzerhand vertagt.
Spätestens am Montag hatte Ismaik feststellen müssen, dass die Löwen gar nichts von seinen Phantasien um Eriksson und baldigste weitere Schuldenaufnahme in Millionenhöhe halten. Präsident Dieter Schneider und sein Vize Franz Maget hatten die von Ismaik eiligst nach München geschickten Verhandler, Bruder und Cousin, auflaufen lassen. Statt über weitere Investitionen zu phantasieren, solle Ismaik erstmal zumindest Bankbürgschaften über die mündlich zugesagten Darlehen bis 2015 hinterlegen, teilten die Löwen-Verantwortlichen den Ismaiks unmissverständlich mit. Die Ismaiks verstanden dies als Affront, zogen sich aber nun erstmal zurück – um die Situation neu zu bewerten.
Schneider kündigte zwar an, „sicherlich zügig das Gespräch mit Ismaik“ zu suchen. Wenn es nach Ismaiks Bruder Abdel Rahman ginge, besteht aber keine Eile. „Wir haben keine Probleme miteinander“, sagte er. Nichts von dem, was in den letzten Tagen in den Zeitungen gestanden habe, sei wahr gewesen.
Da hatten sie die Rechnung ohne Schneider gemacht. Der bestätigte vor dem Spiel mehrfach, dass es unterschiedliche Sichtweisen gibt über die Zukunft. „Ismaik hat gewisse Vorstellungen entwickelt und mit Sven-Göran Eriksson einen Fachmann geholt, der sich eine Meinung über das Team machen soll. Daraus hat sich ein Gedankenspiel entwickelt, das daraus mehr werden könnte. Auch das war Thema bei den Vorgesprächen“, sagte Schneider etwa bei „Sky“. Den von Ismaik wohl angedrohten Investitionsstopp, sollten seine Forderungen nicht erfüllt werden, wollte Schneider aber nicht als Erpressungsversuch werten. „Da prallen Kulturen aufeinander, das läuft etwas heftiger und emotionaler ab. Man kann da nicht immer mit mitteleuropäischen Maß messen“, sagte er.
Doch klar ist, dass noch immer höchste Crash-Gefahr in Giesing herrscht. „Ich kann überhaupt keine positive Entwicklung in der Sache erkennen“, sagte Schäfer.
Doch zu erschrecken scheint Ismaiks Drohkulisse die Löwen nicht wirklich. Bis 2015, so sagte schon Iraki der AZ, könnten die Löwen eine schwarze Null in ihrer Bilanz stehen haben. Nötig wäre dafür nach AZ-Informationen eine Reduzierung des Spieleretats auf rund sieben Millionen Euro, ein in etwa gleichbleibender Zuschauerschnitt von 21.000 bis 23.000 – und ein gewisser sportlicher Erfolg der Mannschaft. Diese müsste im Saison-Durchschnitt mindestens Sechste sein – dann würde sie wohl ausreichend TV-Gelder einspielen. „Wir sind alle Kaufleute und werden natürlich alle Modelle durchrechnen“, sagte Schneider. Bei der Delegiertenversammlung am Mittwoch wolle er das Thema Ismaik allerdings nur „bei Nachfragen“ aufs Tapet bringen. „Ich möchte ungern über ungelegte Eier sprechen“, so Schneider. Auch eine Rede habe er nicht komplett ausgearbeitet.