Ex-Löwe Thomas Miller: Vier Faktoren für den aktuellen 1860-Erfolg
München - Zehn Spiele, 23 Punkte, 23:12 Tore, Spitzenreiter. Auch, wenn das jüngste, weil fade Remis bei Borussia Dortmund II am vergangenen Samstag nicht allzu viele Löwen verzückt haben dürfte, grüßt Sechzig nach gut einem Saisonviertel von der Tabellenspitze und liegt mit einem bärenstarken Punkteschnitt von 2,3 Zählern auf Aufstiegskurs.
1860-Trainer Köllner: "Eine Mega-Bilanz"
"Sieben von zehn Spielen zu gewinnen, das ist eine Mega-Bilanz! Ich glaube, das hätten nur die ganz, ganz großen Optimisten erwartet – und nicht mal davon gibt es ganz so viele", meinte Trainer Michael Köllner nach dem 1:1-Unentschieden seines TSV 1860 bei der Zweitvertretung des BVB im Signal-Iduna-Park. Eine dankbare Steilvorlage und ein guter Zeitpunkt, um einen einstigen Aufstiegshelden, Publikumsliebling und gnadenlosen Optimisten um ein Zwischenfazit zu bitten.
Zwischenfazit von Thomas Miller
"Ich bin sehr zufrieden mit meinen Löwen. Ich hätt' ja gedacht, dass sie wegen der vielen Neuzugänge Startschwierigkeiten haben und erst im Laufe der Saison besser ins Rollen kommen. Umso besser, dass es von Anfang an so gut läuft", meint Thomas Miller im Gespräch mit der AZ.

Der 59-Jährige weiß, wie es geht: Der gefürchtete Verteidiger marschierte zwischen 1992 und 1994 mit den Sechzgern unter Trainer-Ikone Werner Lorant aus der Drittklassigkeit bis in die Bundesliga. Jetzt ist er begeisterter Zuschauer des TSV 1860: "Gegen Oldenburg war ich im Stadion und am Samstag gegen Ingolstadt lasse ich mich wieder blicken. Ich hoffe, dass auch dann ein Sieg hergeht!"
Faktor 1: der Charakter des Teams
Als Erfolgsgründe führt Miller hauptsächlich vier Aspekte an. Erstens: der Charakter des Teams. "Die Mannschaft hat eine gute Mischung. Die Spieler haben Kampfgeist, das Spiel hat Struktur", lobt Miller, der auch abseits aller Spielkünste eine neue Qualität erkannt hat: "Wir wissen alle: In München und bei den Löwen stehst du unter Druck, du musst was erreichen. Jetzt halten die Jungs dem Druck stand."
Faktor 2: der Kader
Zweitens: der Kader. "Durch die neun Neuen ist die Mannschaft in der Spitze und in der Breite besser geworden. Sogar den Ausfall von Torjäger Marcel Bär haben sie gut weggesteckt", sagt Miller: "Auch ein paar andere Spieler sind ausgefallen, aber der Rest hat das gut kompensiert." Zu nennen sind hier Marius Willsch, Semi Belkahia, Phillipp Steinhart, Daniel Wein und Kapitän Stefan Lex aufgrund von Verletzungen sowie Tim Rieder (Rot-Sperre).
Fällt ein Löwe aus, springt ein anderer in die Bresche. "Und sie treffen auch", so Miller über die zweitbeste Offensive hinter Elversberg (25). Der Bärenanteil geht auf die Kappe von Neu-Löwe Fynn Lakenmacher (sechs Saisontore).
Faktor 3: der Chefcoach
Drittens: der Chefcoach. Der gebürtige Fürstenfeldbrucker sagt über Köllner: "Der Trainer passt einfach nach wie vor bestens zu Sechzig. Er hat meiner Meinung nach einen sehr großen Anteil am Erfolg." Köllner gefällt bei den Giesingern durch seine positive, mitreißende Art als Menschenfänger und Motivator. Daran konnten auch die beiden enttäuschenden vierten Plätze in Folge nichts rütteln: Der Coach ist in seinem Handeln sogar noch konsequenter geworden.
Faktor 4: das "brutale" Umfeld
Viertens: das "brutale" Umfeld. "Im Verein ist Ruhe. Das gibt's bei Sechzig nur selten", meint Miller lachend. Auch, wenn es kürzlich Diskussionen um das durchgestrichene Konterfei von Investor Hasan Ismaik in der Westkurve und das fragwürdige Wirken seines Statthalter Anthony Power gab: Im Großen und Ganzen stehen die Blauen zusammen, das Image als Chaosverein gehört der Vergangenheit an. Anstelle sich gegenseitig in die Haare zu kriegen, erkennt Miller ein hohes Maß an Geschlossenheit: "Die Fans halten zusammen und feuern Sechzig brutal an."
Miller hat daher einen Mutmacher für die Mannschaft parat: "Auch, wenn jetzt Duelle mit Ingolstadt, Osnabrück oder Wehen anstehen: Sowas sind doch die schönsten Spiele! Ich glaube, dass es am Schluss langt für ganz oben!"