Ex-Festung Grünwalder Stadion: Auch daheim stimmen die Löwen-Ergebnisse nicht mehr
München - Hach, was waren das noch für Zeiten bei den Löwen. Neun Siege, vier Remis und fünf Niederlagen in 18 Spielen in der Saison 2021/22, macht 31 Punkte. Im Vorjahr waren es acht Siege und acht Remis bei nur drei Pleiten, also satte 32 Zähler. Es waren stabile Jahre in Sachen Heimbilanz, denn in den letzten beiden Spielzeiten glich das Grünwalder Stadion noch einer Festung. Und jetzt?
Neuerlicher Rückschlag für die Löwen gegen Dortmund II
Die blamable 1:4-Schlappe des TSV 1860 am vergangenen Sonntag gegen Borussia Dortmund II am 29. Spieltag der Dritten Liga war schon die sechste Heimpleite der laufenden Saison. Verlieren die Löwen noch zwei Mal, wären es so viele verlorene Duelle wie in den letzten beiden Jahren zusammen.
Doch schon jetzt ist es nach dem Rauswurf von Ex-Trainer Michael Köllner und der jüngst verspürten Aufbruchsstimmung von fünf Punkten aus drei Spielen ein jäher Rückschlag: Auch unter Neu-Chefcoach Maurizio Jacobacci will der Heim-Fluch einfach nicht enden. Auf Giesings windig gewordenen Höhen steht aktuell eher eine Sandburg herum.
"Wir haben daheim seit Wochen keinen Sieg mehr geholt", meinte Offensivspieler Albion Vrenezi zerknirscht über die miserable Bilanz von nur einem Pünktchen aus den vergangenen fünf Heim-Duellen: "Die Fans sind jede Woche da für uns, feuern uns an. Das tut uns Spielern dann auch leid." So leid, dass sie in der Westkurve ihre Trikots abgaben.
Schmach und Schande: Mannschaft gibt Trikots ab
Nach AZ-Informationen zwangen die Ultras und ein einstiger Anführer der seit Jahren aufgelösten Gruppierung "Cosa Nostra" die Mannschaft aber nicht, ihre Löwen-Leiberl auszuziehen, weil sie ihr Wappentier nicht mehr wert seien. Das wäre eine nie zuvor gesehene Eskalation im Grünwalder gewesen.
"Es gab sogar eine ganz schöne Aktion", meinte Stadionsprecher Basti Schäch bei dem Versuch, die Trikot-Abgabe im Fantalk der Blauen noch in ein besseres Licht zu stellen: "Unser ehemaliger Vorsänger Marco hat gesagt: Alle Kinder an den Zaun und jeder von der Mannschaft soll ihnen sein Trikot für die Kids spenden!"
Der Nachfolger von Sechzger-Stimme Stefan Schneider über den Hintergrund der Aktion, der Winter-Neuzugang Raphael Holzhauser als erster Spieler nachgekommen war: "Für die Kinder ist es doppelt bitter: Die stellen sich bei eisigen Temperaturen und Regen in die Kurve – und werden dann wenigstens noch mit dem Trikot belohnt."
Wieder eine Heimpleite: Kein guter Start für Jacobacci
Gesprächspartner Quirin Moll, der sein Jersey ebenfalls an die Junior-Fans verschenkte, zeigte Verständnis: "Es ist das Mindeste, dass wir den kleinen Jungs die Trikots geben. Uns tut es auch für jeden Fan leid, der sich bei dem Wetter ins Stadion stellt, anfeuert und wir leider nicht gewinnen können."
Zum Verdruss von Fans, Mannschaft wie Verantwortlichen reiht sich Jacobacci fürs Erste hinter Vorgänger Michael Köllner und Interimscoach Günther Gorenzel ein: Köllner holte nur noch einen Heimsieg aus den letzten vier Partien, Gorenzel eine herbe 0:3-Klatsche gegen den SC Verl. Der Schweizer Jacobacci bezog nun im dritten Spiel schon seine zweite Heimpleite (bei einem Remis).
Niklas Lang: "Die ersten 20 Minuten waren scheiße"
Unabhängig vom Spielergebnis geht es der Anhängerschaft auch ums Auftreten ihrer Mannschaft mit dem Löwen auf der Brust: Orientiert sie sich an ihrem Wappentier? Kratzen, beißen, kämpfen? Verteidiger Niklas Lang brachte es auf den Punkt: "Die ersten 20 Minuten waren scheiße, da brauchen wir nichts gut reden. Da haben wir versagt", meinte der 20-Jährige mehr als deutlich: "Wir haben hier ein volles Stadion gegen eine zweite Mannschaft und geben einfach nichts zurück."
Jacobacci hat nun die mühevolle Aufgabe, wieder von vorne anzufangen: neue Überzeugungsarbeit leisten, damit sich das Team trotz der endgültig verlorengegangenen Aufstiegs-Resthoffnung noch mal aufrafft. Das Ziel des 60-Jährigen ist es, im kommenden Jahr einen neuen Anlauf unternehmen zu dürfen. Dafür muss das altehrwürdige Sechzgerstadion so schnell wie möglich wieder transformiert werden – in eine uneinnehmbare Bastion.