Erinnerung an die Meisterschaft: Der blaue Urerfolg
München - Vor 50 Jahren haben sie sich unsterblich gemacht, noch heute sitzt ein Teil von ihnen in der Arena, um ihrem Herzensverein, dem TSV 1860, die Daumen zu drücken. Peter Grosser, Fredi Heiß, Hans Reich, Hans Rebele und Bernd Patzke – dieses Quintett ist es zumeist, das den Weg zu den Heimspielen des Meisters von 1966 findet.
„Es freut mich, dass wir vom Verein noch heute eine Ehrenkarte bekommen. Schön, dass ich die Herren Grosser, Heiß, Reich und Rebele bei den Heimspielen noch immer treffen kann. Wir zittern immer noch mit unseren Löwen“, erzählt Patzke der AZ. Bis heute ist der frühere Innenverteidiger mit 18 Einsätzen Sechzigs deutscher Rekord-Nationalspieler.
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Klar, dass beim 73-Jährigen und den Kollegen am Stammtisch die glorreichen Zeiten von anno dazumal nach wie vor oft ein Gesprächsthema sind: „Den Titel, die gemeinsame Zeit und unsere Erinnerungen, das kann uns keiner nehmen“, sagt Patzke. In der AZ erinnert er sich wie Kollege Hansi Rebele, Präsident Peter Cassalette und andere Zeitzeugen an den größten Erfolg der 1860-Historie.
Meisterlöwe Bernd Patzke
Die Meisterschaft? Eine tolle Sache. Ich hatte vorher das Glück, mit Lüttich belgischer Meister zu werden. Der Titel mit Sechzig war aber besonders. Wir haben uns durch einen großen Teamgeist ausgezeichnet – wir mussten ja zusammenhalten, weil mit Max Merkel nicht immer alles einfach war. Als Berliner habe ich Merkel als Österreicher anfangs sehr schlecht verstanden. Er schrie mir in meinem dritten oder vierten Training mal zu: „Bernd, age hearsd, geh viare!“ Ich weiß noch, wie ich Hansi Reich fragte: „Was meint er denn? Wer ist Nummer vier?“ Er hat es mir „übersetzt“. Bairisch habe ich bis heute nie richtig gelernt, aber auf dem Platz hat das schnell keine Rolle mehr gespielt.
Meisterlöwe Hansi Rebele
Als wir es endlich geschafft haben, waren wir auch total geschafft. Ich weiß noch, wie der Radi (Petar Radenkovic, d. Red.) bei der Siegerehrung neben mir stand und die Schale nahm. Sogar er war total platt, und ich genauso fertig. Dann ging’s zur Meisterfeier ins Rathaus am Marienplatz und danach im Löwenbräukeller. Ein paar Bier mehr als normal haben wir schon getrunken, aber überschäumend war es nicht – dazu waren wir zu kaputt.
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Präsident Peter Cassalette
Am vorletzten Spieltag, als wir 2:0 beim BVB gewonnen und den Titel damit fast schon klargemacht haben, bin ich mit einem Spezl mit dem Radl durch die Stadt gefahren. Eine Löwen-Fahne mit Holzstock am Gepäckträger. Am Tag der Meisterschaft, dem 1:1 gegen den HSV am 28. Mai vor 50 Jahren, waren wir natürlich im Stadion und haben neben dem Grünwalder gewartet, bis die Spieler kamen. Dann radelten wir hinter dem Meisterkorso her. Es hat fürchterlich geregnet, aber das war uns wurscht. Die Spieler hatten Hüte und Regenmäntel, wir waren klitschnass. Und hatten trotzdem die höchste Gaudi.
Trainerlegende Werner Lorant
Damals hatte ich als junger Bursche andere Gedanken im Kopf als die Löwen, habe ja selbst Fußball gespielt. Man hat’s natürlich mitgekriegt: An die wilden Ausflüge von Radi aus dem Tor erinnere ich mich gut. Der hat immer was Besonderes gemacht. Ich bin kein Sänger, aber „Bin i Radi, bin i König“ konnte sogar ich. Aber was war danach? Außer der Meisterschaft und den guten Jahren, als wir den Aufstieg in die Bundesliga gepackt haben, war nix. Ist doch jedes Jahr das Gleiche. Ich hoffe, irgendwann geht’s wieder in die andere Richtung.
"Radi" Radenkovic: Der König der Löwen
Kulttrainer Karsten Wettberg
Ich muss gestehen: Ein hundertprozentiger Löwe wurde ich erst später. Damals war ich HSV-Anhänger, weil mein Vater Hamburger war. Ich hatte ein Faible für Uwe Seeler. Ich war aber auch bei vielen Heimspielen der Löwen in dieser Zeit. Man musste damals im Grünwalder zwei Stunden vor dem Spiel in die Stehhalle, um einen Platz zu kriegen. Nach Spielende bist du nicht mehr dort gestanden, wo du am Anfang warst. Die Stimmung? Sensationell!
Allesfahrer Franz Hell
Ich sah damals die Idole meiner Kindheit. Das ganze Leben hat sich für mich als kleiner Bub um Sechzig gedreht. In der Schule, daneben, immer. Bis heute ist es so geblieben. Es war überragend, was die Spieler damals geschafft haben. Fast alles, was bei uns auf den Fahnen heftet, ist in dieser Zeit geschehen. Diese Erfolge haben auch mich zu diesem Verein gebracht. Wer hatte denn in seinen Reihen solche Stars? Sechs Stürmer, alle Nationalspieler, das hatte sonst keiner. Sechzig war damals, was der FC Bayern heute ist. Ich glaube nicht, dass wir eine so treue Anhängerschaft hätten, wenn wir diese Urerfolge nicht gehabt hätten.
Teil 1 der AZ-Meisterlöwen-Serie: Die Meisterlöwen im Porträt
Teil 2 der AZ-Meisterlöwen-Serie: Fredi Heiß im AZ-Interview - "Die schönste Zeit meines Lebens"
Teil 3 der AZ-Meisterlöwen-Serie: Schleifer, Provokateur, Autokrat - Max Merkel im AZ-Porträt