Kurzporträts der Meisterlöwen - "Wir wurden Helden"
München - Etwas beschämend ist es schon, dass wir mit dieser tollen Mannschaft nicht noch mehrere Meistertitel drangehängt haben. Aber: Ganz unangenehm war der eine natürlich nicht. Wir wurden damals Helden“, sagt Peter Grosser der AZ.
Der frühere Kapitän des TSV 1860 und seine Kollegen, sie hatten sich am 28. Mai 1966, also vor fast genau 50 Jahren, unsterblich gemacht: Grosser und Co. holten drei Jahre nach Einführung der Bundesliga die erste Meisterschale nach Giesing.
Bis heute ist es der einzige Meistertitel jenes Traditionsvereins, der gestern seinen 156. Geburtstag feierte (die Fußballabteilung wurde erst 1899 gegründet). „Es erfüllt mich mit Stolz, dass wir immer wieder im Rampenlicht stehen – und das dürfte ja auch noch einige Zeit so bleiben“, scherzt Grosser. Anlässlich des Jubiläums widmet die AZ den Meisterlöwen bis zum Tag des Titelgewinns eine Serie mit vielen Erinnerungen an den größten Erfolg der Vereinsgeschichte – und (siehe links) täglich einer alten AZ-Seite aus der Meistersaison.
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Im ersten Teil der Serie: Alle Spieler, die auf dem Weg zum Titel eingesetzt wurden, und Meistertrainer Max Merkel im Kurzporträt – inklusive Grossers Einschätzung.
Die Meisterlöwen im Kurzportrait
Petar Radenkovic (34 Saisonspiele/null Tore): Jugoslawischer Kult-Keeper, Entertainer, Star der Mannschaft. „Radi war seiner Zeit damals weit voraus, nicht nur was die Qualität des Torwartspiels betrifft. Er hat die gesamte Mannschaft dirigiert und war der Grundstein für den Erfolg“, sagt Grosser.
Bernd Patzke (28/0): Beinharter Verteidiger und einziger Meisterlöwe, der später Profitrainer bei 1860 wurde (1983-1984). Grosser: „Ein super Bursche und ein toller Verteidiger, auch technisch und taktisch sehr gut.“ Sechzigs deutscher Rekord-Nationalspieler (18 Einsätze).
Rudi Steiner (9/0): „Ein Laufwunder. Er wurde von Merkel vom Stürmer zum Verteidiger umfunktioniert“, erklärt Grosser. Verstarb im Dezember 2015 an den Folgen eines schweren Sturzes.
Manfred Wagner (26/0): Der Urlöwe schlechthin. „Gute Seele der Mannschaft und des ganzen Vereins“, sagt Grosser, „als Verteidiger aber eisenhart.“ Im Februar 2015 an den Folgen eines Herzinfarktes verstorben.
Rudi Zeiser (12/0): „Er war der perfekte Wachhund, wenn es galt, einen gegnerischen Stürmer auszuschalten.“ Zeiser wurde 1993 unter mysteriösen Umständen von einer S-Bahn überfahren.
Otto Luttrop (22/1): Wegen seines harten Schusses „Atom-Otto“ genannt. Grosser dazu: „Wenn wir einen Freistoß bekamen, haben die Abwehrspieler des Gegners schon gezittert.“
Zjelko Perusic (34/0): Dauer(b)renner im Mittelfeld. „Er war Mädchen für alles und hat überall ausgeholfen, wo Not am Mann war.“
Hans Reich (26/0): Mit „Radi“ der Abwehr-Organisator. „Seine große Stärke war das Stellungsspiel. Bei Kopfbällen nicht zu überwinden.“
Peter Grosser (32/18): Kapitän der besten Offensive der Meistersaison (80 Treffer). Mit 49 Toren fünftbester Torschütze der Vereinsgeschichte. Also: Grosser über Grosser. „Das Kapitänsamt spielte damals neben dem Platz keine große Rolle. Im Spiel schon: Da war ich als Taktgeber und Denker gefragt. Der ein oder andere Schuss ist auch reingegangen“, so der Mittelfeld-Lenker.
Hennes Küppers (19/4): Einstiger Halbstürmer. „Er war ein guter Vorbereiter. Er hat sich schwer getan, in eine funktionierende Mannschaft zu kommen, weil er anfangs lange verletzt war.“ Wilfried Kohlars (19/0): Der Umgeschulte. „Erst im Sturm dank seiner Kopfballstärke nominiert. Wegen seiner Härte aber als Verteidiger prädestiniert.“
Alfred Heiß (31/10): Rechter Außenläufer. „Fredi hat überraschend viele Tore geschossen, er war ja eigentlich Flankengeber. Er war ein guter Dribbler und hat viel mit Körpertäuschung gearbeitet.“
Hans Rebele (22/5): „Das Pendant zu Heiß auf links“, sagt Grosser über den gelernten Mittelfeldspieler, „er spielte dann linker Außenstürmer, weil im Mittelfeld kein Platz war. Hat er sehr gut ausgefüllt.“
Timo Konietzka (33/26): Schütze des ersten Bundesliga-Tores überhaupt, bester 1860-Torjäger der Meister-Saison. „Für mich der cleverste und coolste Spieler im gegnerischen Strafraum, vor allem alleine vor dem Torwart.“ Wählte 2012 krebskrank den Freitod.
Rudi Brunnenmeier (27/15): Mit 66 Treffern noch immer drittbester Torjäger der Löwen-Historie. „Ein Kämpfer bis zur 90. Minute, der gut bei den Fans ankam.“ Trauriger Absturz nach frühem Karriereende, 2003 in München verstorben.
Max Merkel: Der 2006 verstorbene Trainer war Vater des Erfolgs. Von 1961 bis 1966 im Amt – zuletzt brauchte Sechzig in einer solchen Zeitspanne zehn Trainer. „Er war untrennbar mit dem Erfolg verbunden“, erzählt Grosser, „dass er ein harter Hund war, ist eine andere Geschichte.“ Matthias Eicher
Teil 2 in der Meister-Serie: Fredi Heiß im AZ-Interview