Cassalette: "Für 1860 ist es vielleicht die letzte Chance"

Vor seinem Trip zu Hasan Ismaik spricht Löwen-Präsident Peter Cassalette über den Streit mit dem Investor. Über ein Geben und Nehmen. Und darüber, wie sich der Konflikt letztlich lösen lässt.
Interview: Matthias Eicher |
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Können sie gemeinsam den TSV 1860 retten? Peter Cassalette (rechts) neben Investor Hasan Ismaik.
sampics/Augenklick Können sie gemeinsam den TSV 1860 retten? Peter Cassalette (rechts) neben Investor Hasan Ismaik.

Peter Cassalette ist seit November der Präsident des Zweitliga-Vorletzten TSV 1860. Der 62-jährige Ex-Unternehmer reist jetzt zu Gesprächen mit dem jordanischen Löwen-Investor Hasan Ismaik nach Abu Dhabi. Nicht zuletzt deshalb, um sich mit Blick auf dessen angebliches England-Engagement Klarheit zu verschaffen. Für ihn steht fest, "dass wir Kommunikationsbedarf haben". Denn er weiß genau um die schwierige Situation des Klubs. "Wir können nicht immer sagen: Hasan zahlt schon."

AZ: Herr Cassalette, "Warum tust du dir das an?", hat Sie Ihre Frau Viola vor der Wahl zum Präsidenten des TSV 1860 gefragt. Wie oft bekommen Sie den Satz noch zu hören?

Peter Cassalette: "Immer wieder. Sie hat sich aber besser damit abgefunden. Manchmal will sie mir sogar Ratschläge geben, das ist für mich die Höchststrafe (lacht). Doch klar ist auch: Mir wurde das Amt als Halbtages-Job verkauft – das ist unmöglich. Aber ich will nicht jammern. Mir macht es Spaß, und ich hoffe, dass ich etwas bewegen kann.

Wie verlief Ihre Einarbeitungsphase?

Ich habe mich in den letzten sechs Wochen viel mit der Vergangenheit auseinandergesetzt. Ich war mit Dieter Schneider beim Essen, auch um ihn wieder als Sponsor für die Jugend zu gewinnen. Ich habe mich auch mit Sigi Schneider und Karl Auer unterhalten. Der Einzige, mit dem ich noch keinen Kontakt hatte, ist Gerhard Mayrhofer. Ich habe auch die Abteilungsleiter des e.V. getroffen, war bei vielen Fans, zuletzt habe ich ein Sechzger-Museum in der Einsteinstraße besucht. Dort hat ein Fan eine Drei-Zimmer-Wohnung in ein blaues Museum umgebaut. Mir ist es eiskalt den Rücken runtergelaufen. Dort ist die Identität von 1860.

Lesen Sie hier: So lief das Löwen-Jahr 2015

 

Cassalette: Ohne Ismaik jetzt irgendwie in der vierten Liga

 

Nun sollen Sie als Streitschlichter zu Investor Hasan Ismaik fliegen. Wie kam es dazu?

Ich habe Ismaik am Montag eine lange E-Mail geschrieben und erklärt, dass wir Kommunikationsbedarf haben. Ich habe ihm auch meinen höchsten Respekt ausgesprochen für das, was er für Sechzig schon geleistet hat. Ein paar Stunden später kam seine Einladung nach Abu Dhabi.

Gespräche hätten schon früher stattfinden sollen. Ismaik zog es aber vor, unverrichteter Dinge abzureisen und in London öffentlich seinem Unmut Luft zu machen.

Das hat mich auch überrascht, aber ich verstehe den Mann. Wenn er uns 2011 nicht gerettet hätte, würde 1860 jetzt irgendwo in der vierten Liga kicken. Er hat von "Wake up the lions" gesprochen. Vielleicht war die Aktion sein letzter Versuch, alle aufzurütteln.

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Es geht um die Existenz der Löwen

 

Die pädagogische Maßnahme, wie er es nannte, seine Darlehen von 3,5 Millionen Euro nicht in Genuss-Scheine umzuwandeln, dürften Sie weniger nachvollziehen können.

Ismaik hat uns schon vor seinem London-Aufenthalt erklärt, dass diese Umwandlung in diesem Jahr nicht in seine Bilanz passe. Wir haben alles versucht, ihn umzustimmen. Er weiß genau, was passiert, wenn er nicht unterschreibt. Das kostet 750 000 Euro, die wir lieber in Winter-Transfers investiert hätten. Dazu geistert auch noch eine Million Euro für neue Spieler herum. Bisher gab es leider noch keinen Zahlungseingang.

Haben Sie sich einen Plan zurechtgelegt? Es geht ja um die Existenz der Löwen.

Deswegen sitze ich im Präsidentenzimmer, anstatt mit meiner Frau ein paar Tage wegzufahren. Ohne untertänig zu sein, muss man Ismaik das Gefühl geben, dass 1860 bereit ist, in den sauren Apfel zu beißen und imstande ist, Veränderungen vorzunehmen. Wir können nicht immer sagen: Hasan zahlt schon. Wenn wir mit ihm zusammenbleiben wollen, müssen wir an Dinge rangehen, die auch schmerzhaft sind. Hasan hat mir mal erzählt, dass er sich oft als Geldautomat sehe. Wenn er nachfragt, für was das Geld eigentlich ist, wird ihm gesagt: „Hasan, wir machen das schon.“ Die Verlässlichkeit muss aber von beiden Seiten kommen. Ich will von ihm wissen: Welche Veränderungen will er? Zu welchen Konditionen? Für 1860 ist dieser Besuch eine Chance – vielleicht die letzte –, die wir nicht verstreichen lassen dürfen.

Was stimmt Sie positiv, ihn überzeugen zu können?

Ich glaube, dass Ismaik als Geschäftsmann den Super-GAU verhindern will. Er würde bei einer Insolvenz ja auch viel Geld verlieren. Mir persönlich ist auch kein Interessent bekannt, der seine Anteile kaufen will. Außer Gerüchten habe ich nichts gehört.

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Fan-Petition gegen Ismaik: "Und was ist die Alternative?"

 

Geht es nach den Fans, könnte Ismaik wohl gehen. Im Internet kursiert eine Petition gegen ihn.

Und was ist die Alternative? Amateur-Fußball? Dann ist unser Nachwuchsleistungszentrum weg, die ganzen Strukturen, alles geht den Bach runter. Wollen wir dann mit der aktuellen U17 und ein paar Neuzugängen aus Pullach spielen? Die Fans sind unser höchstes Gut, aber solche Umfragen sind auch nur Momentaufnahmen. Ich werde alles dafür tun, dass wir nicht Insolvenz anmelden müssen. Dafür muss jeder an die Grenzen des Machbaren gehen.

Einen sportlichen Lichtblick gibt’s immerhin: Stürmer Sascha Mölders kommt vom Bundesligisten FC Augsburg.

Dieser Transfer ist vom Psychologischen her sehr wichtig. Für die Mannschaft, für Trainer Benno Möhlmann und auch für die zwei, drei Spieler, die Sportchef Oliver Kreuzer noch auf dem Zettel hat. Nach dem Motto: Hoppla, bei Sechzig geht doch noch was.

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Chance auf den Klassenerhalt besteht

 

Geht denn bei Sechzig tatsächlich noch was?

Wir sind zwar Vorletzter, die Chance auf den Klassenerhalt besteht aber noch. Wir haben noch 15 Spiele. Da ist alles möglich.

Kürzlich hatten Sie Ihren Antrittsbesuch beim FC Bayern. Worum ging es?

Am Tag nach dem 0:3 gegen Freiburg war ich mit Geschäftsführer Markus Rejek bei Präsident Karl Hopfner. Das war Smalltalk, nur 30, 45 Minuten. Am Ende wollte er wissen: "Was ist denn mit euch, wenn ihr absteigt?" Ich habe geantwortet: "Dann können wir nicht mehr in der Arena spielen." Am Ende hat er mir seine Karte gegeben und gesagt: "Wenn ich Ihnen helfen kann, dann rufen Sie mich an!"

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