1860-Präsident Mayrhofer: Vom Blues erwischt

100 Tage ist Gerhard Mayrhofer Löwen-Präsident. Die Bilanz: Er hat Geschäftsführer Robert Schäfer und Trainer Alexander Schmidt gefeuert, Friedhelm Funkel geholt, das Verhältnis zu Investor Hasan Ismaik verbessert – doch viele Fans bleiben der Arena weiter fern.
von  Filippo Cataldo
1860-Präsident Gerhard Mayrhofer.
1860-Präsident Gerhard Mayrhofer. © sampics

100 Tage ist Gerhard Mayrhofer Löwen-Präsident. Die Bilanz: Er hat Geschäftsführer Robert Schäfer und Trainer Alexander Schmidt gefeuert, Friedhelm Funkel geholt, das Verhältnis zu Investor Hasan Ismaik verbessert – doch viele Fans bleiben der Arena weiter fern

München - 95,8! Am Anfang stand eine Zahl, die Verheißung und Verpflichtung zugleich ist. 95,8 Prozent der anwesenden Mitglieder wählten am 14. Juli Gerhard Mayrhofer zum neuen Löwen-Präsidenten. Eine fabelhafte Zustimmungsquote, wie sie sonst nur die Castros, Kims oder Bundeskanzlerin Angela Merkel (zumindest in ihrer CDU) dieser Welt haben. Am Montag ist Mayrhofer 100 Tage im Amt. Zeit, eine Zwischenbilanz zu ziehen:

Rock’n’Roll oder Löwen-Blues? Der Motörhead-Fan Mayrhofer wollte den Löwen-Blues abschaffen, plädierte für mehr Rock’n’Roll. Doch nach dem sportlichen Absturz der letzten Wochen hat der Blues die Löwen längst wieder im Griff. In seinem letzten Facebook-Eintrag postete Mayrhofer einen Link zum Motörhead-Song „Iron Fist” (Eisenfaust) mit dem Kommentar: „Und damit uns der Löwenblues nicht wieder völlig erwischt, hier ein Gegenmittel”. Auch Mayrhofer scheint mitgenommen. „Es ist überaus anstrengend, es kostet extrem viel Energie”, sagte er. Sein Amt nannte er einen „Knochenjob”.

Präsidiale Einsichten: Mayrhofer ging gänzlich unvorbelastet ins neue Amt, er gehörte nicht dem üblichen Funktionärs-Klüngel an. Nach seiner Wahl beobachtete er die Dinge zunächst und analysierte die Probleme. Die Schlüsse, die der Präsident dann zog, waren allerdings bis jetzt nicht ganz neu. „Was in diesem Verein veranstaltet wird, ist absurd”, erkannte er am Freitag. Mayrhofer, von der AZ in Anlehnung an Ex-Boss Karl-Heinz Wildmoser „Mayrmoser” getauft, ist auch nicht der erste Präsident, der Reporter mit Liebesentzug bestraft und diese als Teil des Problems bei 1860 ansieht. Neu ist aber, dass Mayrhofer dafür offizielle Pressekonferenzen nutzt.

Sportlich: Nach den ersten Spielen hielt Mayrhofer den Aufstieg machbar mit dem Kader, nach dem 0:3 in Kaiserslautern schrieb er davon, die Mannschaft habe sich „angeboten, umgebaut zu werden”, bei einer Fanklub-Versammlung sagte er dann, der Kader sei, wie das gesamte System 1860, auf Platz acht bis zehn ausgerichtet. „Wir sind Mittelmaß in der Zweiten Liga. Für mich ist das Ziel aber weiter der Aufstieg”, sagte Mayrhofer nun am Freitag. Der Zuschauerschnitt sank auf 17.200. Kalkuliert wurde mit 24.000.

Personalwechsel: Aus dem Urlaub heraus beurlaubte Mayrhofer zusammen mit Investor Hasan Ismaik Trainer Alexander Schmidt. Nachdem dann Geschäftsführer Robert Schäfer nach einigen Sticheleien Mayrhofers in der AZ seine Bereitschaft zum Rückzug signalisierte, wurde auch er prompt beurlaubt. Auch Sportchef Florian Hinterberger kann sich seines Amtes nicht mehr sicher sein. Neuer Trainer wurde Friedhelm Funkel, unter dem die Mannschaft in vier Spielen drei Tore schoss. „Ich bin froh, dass wir den Trainer haben”, sagt Mayrhofer.

Verhältnis zum Investor: „Der größte Erfolg bislang ist, dass wir mit Hasan Ismaik ein lebbares Verhältnis haben, aus dem eine sehr gute Beziehung werden kann”, sagt Mayrhofer selbst. Tatsächlich sucht Mayrhofer demonstrativ die Nähe zum „Mehrheitsgesellschafter”, wie er Ismaik bezeichnet, und seinem Münchner Statthalter Noor Basha. Ismaik ist an allen Entscheidungen beteiligt. Ob er einen Anteil leisten wird bei der weiteren Finanzierung seiner Gesellschaft, ist noch offen. 

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