Interview

Rodlerin Berreiter im AZ-Interview: "Wir brauchen unsere Bahn"

Anna Berreiter holte in Yanqing die Silbermedaille. Am Königssee erzählt die Rodlerin der AZ von speziellen Mitbewohnern im Olympischen Dorf, Nachbar Georg Hackl und einem Sanierungswunsch.
Martin Wimösterer |
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Im Kreisel fing alles an: Anna Berreiter kehrt nach ihrem Olympia-Silber zur Rodelbahn am Königssee zurück. Bei Unwettern im Sommer stürzte ein Teil der Rinne ein, sie ist derzeit komplett ohne Eis.
Im Kreisel fing alles an: Anna Berreiter kehrt nach ihrem Olympia-Silber zur Rodelbahn am Königssee zurück. Bei Unwettern im Sommer stürzte ein Teil der Rinne ein, sie ist derzeit komplett ohne Eis. © Martin Wimösterer

München/Könissee - AZ-Interview mit Anna Berreiter: Die 22-jährige Sportsoldatin aus Bischofswiesen hat Olympia-Silber im Rodeln geholt.

AZ: Frau Berreiter, dieses Gespräch findet im Echostüberl statt, einem Restaurant direkt am Zieleinlauf Ihrer heimatlichen Rodelbahn am Ufer des Königssees.
ANNA BERREITER: Es ist ein geschichtsträchtiger Ort. Das Echostüberl ist für die Bahn bekannt, da haben sich nach den Weltcups und Weltmeisterschaften schon viele Jubelfeiern abgespielt.

An den Wänden hängen gerahmte Bilder von siegreichen Rodlern. Sind Sie da auch schon verewigt?
Tatsächlich noch nicht. Vielleicht schaffe ich es ja auch noch mal hier rein. (lacht)

Ein neues Ziel für die nächsten Jahre, nach Silber in Peking.
Die meisten Fotos sind von Schorsch, unserem All-time-Hero.

"Das wichtigste ist die Temperatur im Eis"

Georg Hackl, nach wie vor der berühmteste Rodler. Er stand als Verbandstrainer auch bei Olympia mit Rat und Tat zur Seite. Sie beide wohnen im gleichen Ort, Bischofswiesen.
Genau. Schorsch wohnt Luftlinie ein paar 100 Meter von mir weg. Er ist unser bester Ansprechpartner, was das Setup unserer Schlitten angeht. Er hat die meiste Erfahrung und auch das Gespür. Wir tauschen uns mit ihm aus. Wir haben auch noch einen zweiten wichtigen Mechaniker, Christian Thurner, unser Jungspund. Eine gute Mischung.

Lesen Sie das Eis, um den richtigen Kufenschliff auszusuchen?
Ja, das hat viel mit dem Eis zu tun, wie scharf die Kanten sind und wie der Winkel der Schienen ist. Oft hängt das Setup nur vom obersten Belag ab, ob er rau ist oder sehr weich ist - und es nach den ersten Zentimetern kälter wird. Das Wichtigste ist die Temperatur im Eis.

"Habe mich daheim auf eine gescheite Brotzeit gefreut"

Auch dank dieses Wissens ist Rodeln eine Medaillenbank?
Ja, der Eiskanal hat bei Olympia neun von zehn möglichen Goldmedaillen geholt. Das kommt nicht von irgendwoher. Wir haben offenbar immer noch einen großen Vorteil, was das Material angeht. Wobei man sagen muss, dass da auch bei den anderen Nationen viel passiert ist. Wir wussten nicht, ob das noch lange unser Vorteil sein wird - aber schlussendlich haben wir es zu Olympia wieder geschafft, unser Bestmögliches rauszuholen. Dieser Erfahrungsschatz ist ein wichtiger Grund für den Erfolg.

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Und wie Ihr Kollege Tobias Arlt im BR erzählte auch eine Pizza vor dem Doppel-Rennen.
Die hat schon sein müssen. (lacht)

Hatte das DOSB eigene Köche vor Ort? Vorab wurde ja davor gewarnt, das örtliche Fleisch zu essen, weil man sonst unter Umständen durch die Dopingprobe fallen könnte.
Wir hatten keine eigene Küche, dafür wäre im Olympischen Dorf auch kein Platz gewesen. Wir sind in die große Kantine gegangen, in der alle Sportler zum Essen gegangen sind. Das Essen war in Ordnung, es hat eine große Auswahl gegeben und klassische Sachen gegeben wie Spaghetti mit Bolognese-Soße. Ich persönlich habe Abstand vom Fleisch genommen, ich habe es mal probiert und mir hat es nicht geschmeckt. Es war nicht schlimm für mich, mal zwei Wochen auf Fleisch zu verzichten. Aber natürlich habe ich mich daheim auf eine gescheite Brotzeit gefreut.

"Können froh sein, dass es Sportler gibt, die für andere Sportler einstehen"

Und gab's die?
Das Erste, was ich gegessen habe, war ein Salamibrot, mit einem frisch gebackenem Brot. Das war für mich das Highlight. (lacht)

Wie geht es mit dem Jet-Lag?
Damit hatte ich keine Probleme, weder in China noch hier nach der Rückkehr. Ich habe Tabletten mit dem Schlafhormon Melatonin genommen. Das hatte ich schon beim Weltcup in China im November ausprobiert und das hat gut geklappt.

"Haben auf dem Gang angestoßen"

Insofern hatte der Weltcup bei all den schlechten Bedingungen damals was Gutes mit Blick auf Olympia.
Die Aktionen, Interviews und Gespräche mit dem IOC, die danach vor allem von Natalie und den Tobis (die Olympiasieger Geisenberger, Wendl und Arlt; d. Red.) haben viele Anpassungen bewirkt, gerade, was das Quarantänehotel anging. Dass wir im November dort so eine scheiß Zeit gehabt haben, hat dazu geführt, dass sich für alle Sportler etwas geändert hat. Wir können froh sein, dass es Sportler gibt, die für andere Sportler einstehen.

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Wie haben Sie Ihre Medaille denn eigentlich gefeiert?
Mit meinen Freundinnen daheim bin ich Abendessen gegangen. In China war es schade, dass es wegen der Pandemie kein Deutsches Haus, kein Kufenstüberl gab - wir haben dann auf dem Gang angestoßen. Aber wir haben leise sein müssen wegen der anderen Sportler im Haus.

"Wenn wir sie nicht zum Laufen bringen, werden nicht mehr so viele Medaillen rausspringen"

Wie haben Sie gewohnt?
Es waren größere Häuser, in denen mehrere Nationen drinnen waren. Wir hatten zwei Stockwerke mit den Skifahrern und Skeletonis. Ich habe direkt einen Tag nach meinem Rennen ausziehen müssen, weil sie zu wenig Platz gehabt haben. Ich bin dann ins Hotel gezogen. Im Olympischen Dorf war ich in einer Wohnung mit Natalie, die auf vier Leute ausgelegt war, aber es war gut, dass wir zu zweit waren, wir hatten unsere Schlitten auf der Bude.

Den Rodel als Mitbewohner!
Ich bin sogar mit zwei Schlitten gereist. Das nimmt einiges an Platz weg. Die Transportkisten haben wir im Gang gelagert, sonst hätte ich ein Bett rausschmeißen müssen. Wir haben die Schlitten im Vorraum für das Rennen vorbereitet.

Ihre Heim-Bahn am Königssee ist seit Juli beschädigt. Wie beeinflusst Sie das?
Wir brauchen unsere Bahn. Wenn wir sie nicht zum Laufen bringen, werden nicht mehr so viele Medaillen rausspringen. Ich habe meine Fahrkünste da gelernt. Es war ein Glück, die Bahn so nah bei mir zu haben. Wenn sie nicht saniert wird, frage ich mich, ob es tragbar ist, noch hierzubleiben.

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