38 oder 82? Wende oder Ende für Deutschland
Natürlich unterschätzt heutzutage keiner mehr eine Mannschaft, die an einer Weltmeisterschaft teilnimmt. Das konnte man dem DFB-Team nach der 1:2-Pleite im Auftaktspiel gegen Japan auch nicht wirklich vorwerfen.
Wende oder Ende für Deutschland
Man stelle sich vor, folgende Aussage vom damaligen Bundestrainer Jupp Derwall aus dem Jahr 1982 würde heute so ähnlich fallen. "Meine Spieler würden mich für doof erklären, wenn ich ihnen was über die algerische Mannschaft erzählen wollte", sagte Jupp Derwall im Vorfeld der WM in Spanien und kündigte dann auch noch vollmundig an: "Ich fahre mit dem Zug nach Hause, wenn wir verlieren sollten."

Das Auftaktspiel endete sensationell - 1:2 gegen den WM-Debütanten. Und Derwall? Der blieb dann doch. Trotz der Auftakt-Schlappe erreichte die deutsche Nationalmannschaft um Kapitän Karl-Heinz Rummenigge, Toni Schumacher und Co. das Endspiel, das aber mit 1:3 gegen Italien verloren ging.
Die Wende kam im zweiten Spiel
Die Wende kam im zweiten Spiel, wieder in Gijón. Ein 4:1 gegen Chile, in dem der angeschlagene Rummenigge gleich drei Tore erzielte und alle vorherigen Zweifel ("So deprimiert war ich noch nie, und noch nie stand ich unter einem derart extremen Druck") mit dem Dreierpack wegwischte.
Ein Knackpunktspiel.
Klick machen soll es schleunigst auch beim aktuellen Nationalteam. Doch es geht nicht gegen Chile, sondern am Sonntag gegen Angstgegner Spanien (20 Uhr, ZDF, MagentaTV und im AZ-Liveticker). "Wir haben einen schlechten Moment, aber das Spiel kann der Turnaround für uns sein", sagte DFB-Stürmer Kai Havertz und bekräftigte: "Wir haben davon geträumt, solche Spiele zu spielen."
Aber sicher nicht von solch einer Ausgangslage. Eine weitere Niederlage gegen den Siebten der Fifa-Weltrangliste würde bereits das Vorrunden-Aus bedeuten, falls Japan in seinem Match zuvor gegen Costa Rica (11 Uhr) punktet - was nicht wirklich unwahrscheinlich klingt.
"Wir sind in einer Scheiß-Situation", sprach Julian Brandt und bekräftigte seine eigene Aussage: "Ja, sind wir. Spanien kommt mit einem 7:0 im Rücken ins Stadion. Aber das ist eine Chance für uns. Das kann viel Energie freisetzen."
Kann, ja. Der Kantersieg der Iberer gegen Costa Rica als Angstmacher oder Auslöser für eine Jetzt-Erst-Recht-Stimmung im deutschen Lager? Havertz meinte dazu: "Wir wissen, dass die Spanier eine hohe Qualität haben, aber wir verstecken uns nicht."
Nach den Worten braucht es Taten (und Tore)
Den Worten müssen Taten (und Tore) folgen. Um die Ausgangslage deutlich zu verbessern und die Stimmung zu drehen.
"Ich kann verstehen, dass bei vielen Fans Negativität aufkommt", sagte Havertz angesichts der Ausgangslage und der Bilanz von nur drei Siegen in zehn Spielen in diesem Kalenderjahr (bei zwei Niederlagen und fünf Remis) und entgegnete ebenso genervt wie trotzig: "Ich weiß, dass immer viel gegen uns geschossen wird und nicht jeder hinter uns steht." Und das 0:6 gegen Spanien vor ziemlich genau zwei Jahren in der Nations League? Havertz deutlich: "Es ist mir egal, was in der Vergangenheit war, wir richten unseren Fokus auf das Spiel am Sonntag. Jetzt geht der Blick nach vorne."
Rein rhetorisch klingt es so, als wüssten Mannschaft und Trainerstab, was die Stunde gegen Spanien, seit fünf Pflichtspielen für die DFB-Auswahl unbezwingbar, geschlagen hat. "Wir haben keinen Schuss mehr frei, den Fehlschuss hatten wir schon", sagte Bundestrainer Hansi Flick während Routinier Thomas Müller vom "Beginn der K.o.-Runde" sprach.

Direkt mit dem Achtelfinale begann die WM 1938 in Frankreich. Warum das hierhergehört? Weil die deutsche Nationalelf wenige Wochen nach dem "Anschluss" Österreichs an Hitler-Deutschland gegen die Schweiz nach einem 1:1 nach Verlängerung (Elfmeterschießen war noch nicht erfunden!) das Wiederholungsspiel mit 2:4 verlor. Nach nur zwei Spielen war Feierabend, nie verabschiedete sich eine DFB-Auswahl so früh aus einer WM, nicht mal 2018 in Russland.
Oh, oh, Nachtigall, ick hör dir trapsen. . .