Wird Guardiola Spanien-Trainer? Vieles spricht dafür!

Pep Guardiola wird ab kommenden Sommer Manchester City trainieren - so jedenfalls die weitläufige Meinung. Wahrscheinlicher aber ist es, dass der 44-Jährige die spanische Nationalmannschaft übernimmt. Lesen Sie hier zahlreiche Gründe, die dafür sprechen.
von  Sebastian Raviol
Dass Guardiola ab kommenden Sommer die spanische Nationalmannschaft übernimmt, ist wahrscheinlich.
Dass Guardiola ab kommenden Sommer die spanische Nationalmannschaft übernimmt, ist wahrscheinlich. © GES-Sportfoto

München - Der FC Bayern bestätigte den Abschied von Pep Guardiola im kommenden Sommer. Darüber hinaus scheint für viele Experten festzustehen, dass der Katalane sich dann Manchester City anschließt. Für noch mehr Experten scheint zumindest klar, dass der 44-Jährige ab Sommer einen Verein in England übernimmt.

Doch inmitten dieser Vermutungen geht eine Tendenz unter. Spaniens Nationaltrainer Vicente del Bosque kündigte in seiner neuen Autobiografie ("Gewinnen und Verlieren - die emotionale Kraft") seinen Abgang im Sommer an. Als Grund dafür nannte der 64-Jährige gesundheitliche Probleme.

"Wenn sich alles normal entwickelt, werde ich nach der Euro 2016 die Nationalmannschaft und den Verband verlassen", zitieren spanische Medien Teile seines Buches.

Auch wenn del Bosque daraufhin etwas zurückruderte und auf ein noch ausstehendes Gespräch mit dem spanischen Verbandspräsidenten Angel Maria Villar hinwies - sein Abschied im Sommer scheint festzustehen.

Damit würde der 64-Jährige Platz für einen neuen Mann machen. Guardiola passt perfekt in das Profil als Nachfolger. Dafür gibt es mehrere Gründe, die auf Aussagen Guardiolas, seiner Spieler sowie anderen Fakten basieren.

 

Katalane trainiert Spanien - unmöglich?

 

Guardiola ist ein politischer Mensch. Der Katalane setzt sich immer wieder öffentlich für die Abspaltung Kataloniens von Spanien ein. Das würde als Trainer der spanischen Nationalmannschaft natürlich überhaupt nicht zusammen passen. Dabei ist jedoch festzuhalten: Die Abspaltung ist derzeit nicht absehbar. Und: Zwischen Sport und Politik ist zu trennen.

Guardiola hat nie auch nur andeutungsweise seine politische Meinung in seine fußballerische Arbeit getragen. Auch ist der 44-Jährige nicht als Politiker oder Meinungsmensch bekannt, sondern als genialer Fußballtrainer. Auch wenn Sportkommentator Marcel Reif im AZ-Interview sagt, Guardiola sei für die Aufgabe als Spanien-Coach "zu sehr Katalane".

Auch dass er als ehemaliger Trainer des FC Barcelona Spieler des Rivalen Real Madrid benachteiligen würde, kann man ausschließen. Xabi Alonso ließ er beim FCB aus Madrid kaufen und machte ihn zum unentbehrlichen Mittelfeldstrategen der Bayern.

 

Guardiola wollte statt des FC Bayern eine Nationalmannschaft übernehmen

 

Der 44-Jährige wollte statt des FC Bayern schon zuvor die brasilianische Nationalmannschaft übernehmen und zum WM-Sieg 2014 im eigenen Land führen. Humbug? Die Quelle für diese Aussage war sehr nahe am Geschehen dran.

Dani Alves, ehemaliger Schützling Guardiolas beim FC Barcelona und Rechtsverteidiger der Brasilianer bei der WM, berichtete von einem Gespräch mit Guardiola. "Pep hat mir gesagt, dass er uns gerne zum WM-Titel führen möchte und auch schon einen Plan dafür hätte. Aber sie haben das nicht gewollt", erzählte Alves im vergangenen Sommer dem US-Fernsehsender ESPN.

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"Es ging nicht einmal ums Geld. Er wollte nur das erreichen, worauf ganz Brasilien gehofft hatte", berichtete Alves weiter. Doch der brasilianische Verband wollte einen einheimischen Trainer und entschied sich für Luiz Felipe Scolari. Offenbar kam Guardiola daraufhin selbst zur Ansicht, dass Nationalmannschaften nur von einem Inländer übernommen werden sollten (siehe unten).

Sein Engagement bei den Brasilianern hätte im November 2012 begonnen - erst nach dem Scheitern einigte sich Guardiola mit den Bayern.

Guardiola möchte irgendwann einmal eine Nationalmannschaft trainieren. Der Zeitpunkt war für ihn offenbar 2012 schon gut. Welchen besseren Zeitpunkt gäbe es aber, Spanien ab Sommer 2016 mit viel Vorbereitungszeit auf die WM 2018 in Russland vorzubereiten?

 

Zeit für Veränderungen: Umbruch im spanischen Team

 

Die WM 2014 lief für Spanien desaströs. Schon nach zwei Spielen war klar, dass die Spanier in der Gruppenphase ausscheiden würden. Nach dem Turnier beendeten Spieler ihre Karriere in der Nationalmannschaft, die zuvor über Jahre mit Titeln bei Europa- und Weltmeisterschaften eine goldene Ära prägten.

Ohne Xavi (35), Xabi Alonso (34) und David Villa (34) fehlen bei den Turnieren künftig wichtige Taktgeber. Es gilt, neue Spieler - vor allem in das Mittelfeld - einzubinden. Vielversprechende Spieler warten bereits. Auch wäre es mit dem Umbruch ohne Widerstände möglich, dem Team ein angepasstes System zu verpassen.

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Dass Guardiola davor nicht zurück schreckt, zeigte er etwa beim FC Bayern. Dreier-Kette, verkappte Fünfer-Kette - der FC Bayern offenbarte unter ihm bisher unbekannte Spielansätze. Guardiola setzte seine Ideen durch, obwohl der FCB zuvor unter Jupp Heynckes mit seinem 4-2-3-1 mit Javi Martinez und Bastian Schweinsteiger auf der Sechs und Acht äußerst erfolgreich war. Guardiola brachte neue Ideen ein, zeitweise gar Rechtsverteidiger Philipp Lahm ins Mittelfeld. Damit war er zumindest nicht unerfolgreich.

 

Spanien - eine Nationalmannschaft mit technisch hohem Anspruch

 

Unvorstellbar etwa wäre es, dass Guardiola für ein Projekt, wie etwa die Weltmeisterschaft 2018, Gastgeber Russland übernehmen würde. Pep-Fußball ist technisch anspruchsvoll - viele Ballkontakte, viele Kurzpass-Stationen und viele Überraschungsmomente prägen seinen Stil.

Da man in einer Nationalmannschaft bekanntlich keine neuen Spieler beliebig hinzukaufen kann - selbst eine Einbürgerung hilft wie im Fall von Rafinha nicht immer weiter - ist Guardiola auf das vorhandene Spielermaterial angewiesen.

Fußball, in der Art wie ihn Guardiola gerne spielen lässt, führen weltweit derzeit nur Deutschland und Spanien aus. Nationalmannschaften wie Argentinien oder Brasilien wären in der Lage, auf ein solches Niveau zu kommen.

Allerdings gibt es bei den Spaniern den Vorteil, dass wichtige Spieler des Teams Guardiolas Spielidee schon verinnerlicht haben. Beim FC Barcelona trainierte er bereits Gerard Pique, Sergio Busquets, Cesc Fabregas, Andres Iniesta und Pedro. In fast allen Mannschaftsteilen gibt es somit Akteuere, die Guardiolas Fußball bereits bis ins Detail kennen. Andere Spieler sind taktiksch und technisch so hoch begabt, dass sie seine Ideen ohne Probleme umsetzen können.

Zumal das Kurzpassspiel ein Element ist, das die Spanier in der Nationalmannschaft seit Jahren allesamt inne haben.

 

Arbeit als Nationaltrainer passt bestens zu Guardiola

 

Die Arbeit als Trainer einer Nationalmannschaft käme Guardiolas aufreibendem Arbeitsstil entgegen. Beim FC Barcelona spürte der 44-Jährige nach vier Jahren einen derartigen Verschleiß, dass er seinen geliebten Verein verließ und ein Jahr Pause machte.

Seine intensive Vorbereitung auf die Gegner zeigt sich auch beim FC Bayern: Der Katalane musste sich in die Gegebenheiten einer neuen Liga einarbeiten und analysierte den Spielstil kleiner Vereine wie Paderborn oder Darmstadt bis ins Detail. Ein hoher Arbeitsaufwand, der bei einer Nationalmannschaft besser verteilt werden würde.

Zwischen den Spielen liegen dabei oft längere Pausen. Diese könnte Guardiola dazu nutzen, um die Gegner zu analysieren sowie die Trainingseinheiten anhand seiner Spielidee vorzubereiten. Bis auf die intensiven Turniere würde das für Guardiola mehr Entspannung bedeuten als bei der tagtäglichen Arbeit in einem Verein.

 

Guardiolas Ansicht: Ein Nationalteam sollte von Inländer trainiert werden

 

Vor seinem Engagement beim FC Bayern haben mehrere nationale Fußballverbände um Guardiola geworben, wie sein Berater Josep Maria Orobitg sagte. Darunter seien auch große Fußballnationen gewesen. Vorstellbar ist, dass es sich dabei um England gehandelt haben könnte.

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Jedoch hat Guardiola-Experte Guillem Balagué in seinem Buch über Guardiola ("Pep Guardiola– Die Biografie") geschrieben, dass der 44-Jährige überzeugt sei, dass eine Nationalmannschaft nur von einem Landsmann trainiert werden sollte. Ein Trainer, der aus dem Land kommt, kennt die jeweilige Situation bestens und tut sich im Kontakt mit den Medien leichter. Das trifft auf Guardiola und Spanien zu.

 

Guardiola schätzt del Bosque

 

Für Guardiola ist Harmonie wichtig. Beim FCB adelte er seinen Nachfolger Carlo Ancelotti bereits. Über del Bosque sagte er im Okotber diesen Jahres am Rande einer Uefa-Tagung: "Es gibt keinen besseren Trainer als Vicente Del Bosque für die Nationalmannschaft. Mit Vicente werden sie weiter auf hohem Niveau spielen."

Deshalb würde er die spanische Nationalmannschaft nur übernehmen, wenn del Bosque freiwillig das Amt aufgibt. Und das scheint der 64-Jährige im Sommer zu tun. Unter ihm gewannen die Spanier die Weltmeisterschaft 2010 sowie die Europameisterschaft 2012. Nach dem Tiefschlag bei der WM 2014 möchte sich del Bosque mit einem Titel verabschieden. Aber auch wenn ihm das nicht gelingt, wird er sich verabschieden - denn dann ist eine Veränderung auf der Trainer-Position umso nötiger.

 

 

 

 

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