Weggabelung in Salzburg: Jetzt muss Bayern sein echtes Gesicht zeigen
München - Busfahren gehört nicht zu den Leidenschaften von Fußballprofis. Ständig wird man zum Stadion, zum Hotel und zum Flughafen kutschiert. Kompressionsstrümpfe sind dabei stets im Gepäck.
Am Dienstagnachmittag machte sich der FC Bayern nach dem Abschlusstraining an der Säbener Straße auf zum Achtelfinal-Hinspiel der Champions League bei RB Salzburg, zur kürzest möglichen Auswärtsfahrt, was europäische Wettbewerbe betrifft.
FC Bayern: Sinne schärfen im Sheraton Grand Salzburg
Über die sehr stauanfällige Autobahn A8 ging es in rund eineinhalb Stunden kurz hinter die Grenze nach Österreich. Zunächst hatte man im Verein überlegt, erst am Spieltag, dem Mittwoch (21 Uhr, DAZN und im AZ-Liveticker), rüberzufahren. Doch um nicht den Anschein eines Testspieltrips zu erwecken, wählte man die Variante Gewohnheit und buchte eine Übernachtung im Hotel Sheraton Grand Salzburg.
Was angesichts der derben 2:4-Pleite beim VfL Bochum die Sinne für die große Bühne und das große Ziel Henkelpott noch einmal schärfen sollte.
Thomas Müller: "Erlebnis in Bochum war katastrophal"
Glaubt man den Worten der Beteiligten, dann hat die Lektion Bochum gesessen. "Das Erlebnis in Bochum war katastrophal. Natürlich wird da die Ehre von uns jetzt ein bisschen gekitzelt", sagte Thomas Müller und erklärte: "Weniger als 100 Prozent reichen in der Bundesliga nicht, daran wurden wir schmerzhaft erinnert."
Nach seiner bereits fünften Pflichtspiel-Pleite im 31. Saisonspiel meinte Trainer Julian Nagelsmann: "Du kannst viele Dinge vorwegnehmen, wenn du die Gier hast. Die hatten wir gegen Bochum nicht." Das 2:4 war für ihn ein "Aussetzer".
Champions League: Heiße Phase für den FC Bayern gewinnt
Wiederholung verboten - schon gar nicht jetzt, da es ernst wird in der Champions League. "Es beginnt der Startschuss für eine Phase, die für uns und für den Verein sehr wichtig ist", betonte Müller, "wenn es Richtung Finale geht, ist die Qualitätsdichte sehr hoch."
Das Hinspiel in Salzburg, das erste der K.o.-Phase, wird eine richtungsweisende Partie für die Bayern. War der "Aussetzer" von Bochum nur ein Ausrutscher? Folgt direkt eine Reaktion?
Salzburg bedeutet nun eine Weggabelung der Saison, gleicht einer scharfen Ausfahrt.
Upamecano muss wohl für Tolisso weichen
Nagelsmann, der nach Bochum für seine plötzliche Umstellung von Dreier- auf Viererkette (zur Pause nach 1:4 rückgängig gemacht) kritisiert wurde, verteidigte sich am Dienstag: "Ich werde meine Herangehensweise nicht ändern." Wohl aber die Aufstellung. Der am Samstag indisponierte Innenverteidiger Dayot Upamecano wird Mittelfeldspieler Corentin Tolisso weichen müssen, die Taktik wieder ein 3-2-4-1 sein.
Auf die Kritik von Ex-Bayern-Profi und Rekordnationalspieler Lothar Matthäus an Upamecano und Lucas Hernández ("Das Preis-Leistungs-Verhältnis stimmt bei beiden nicht, Upamecano wirkt ein bisschen wie ein Fremdkörper") reagierte Nagelsmann leicht angefressen: "Ich kann nicht anfangen, jede Experten-Meinung, die ohne Druck aus dem Ledersessel geäußert wird, zu kommentieren. Wir müssen uns selbst ankreiden, dass wir eine Plattform für die Experten gegeben haben." Abgesehen von den Klatschen in Bochum und im Pokal in Mönchengladbach (0:5) habe man sich "defensiv stabilisiert", so Nagelsmann.
30.000 Fans: Red-Bull-Arena ausverkauft
Bayerns Ehrenpräsident Uli Hoeneß monierte via "Servus TV, es gäbe "zu wenig Reibung" in der Mannschaft - woraus ein Spannungsabfall resultiere. Hobbyphilosoph Müller meinte dazu: "Die Frage ist immer: Wie stark will man leiden? Wir wollen schon wieder da hinkommen, dass wir uns selbst quälen und dafür nicht den Druck von außen brauchen."
Der wird kommen. Von knapp 30.000 Fans in der ausverkauften Red-Bull-Arena. In Österreich traten bereits weitreichende Corona-Lockerungen in Kraft. "Das wird spannend, das haben wir lange nicht gehabt", so Nagelsmann, "da gibt's eine positiv-aggressive Stimmung gegen uns."
Und Müller, der deutsche Rekordspieler in der Champions League mit 130 Einsätzen (50 Tore), bekannte: "Wir sind jetzt heiß auf das Spiel. Auch wenn wir solche Niederlagen wie in Bochum nicht immer als Vehikel für künftige Siege nutzen wollen."