Vor der heißen Phase: Drei Probleme für Pep
München - Drei Wochen, die den Weg zu drei Titeln ebnen könnten, zum perfekten Ende der Ära Pep Guardiola. Drei Wochen, die aber möglicherweise auch zu drei Enttäuschungen führen. Denn sogar das eigentlich Undenkbare ist weiter möglich: Eine Saison ohne jeden Titel für den FC Bayern. Der April, mit kniffligen Spielen in drei Wettbewerben (in der Liga gegen Stuttgart, Schalke, Hertha und Gladbach; im Pokal gegen Werder Bremen; in der Champions League das Rückspiel gegen Benfica und eventuell das Halbfinal-Hinspiel), wird zum vorentscheidenden Monat für die Bayern. Doch ausgerechnet jetzt knirscht es in Peps Team an einigen Stellen. Die AZ zeigt Guardiolas Problem-Triple auf.
Robert Lewandowski: Da war dieser Pass, der irgendwie alle irritierte. Kurz vor Abpfiff der Viertelfinal-Partie gegen Benfica Lissabon stand der polnische Nationalstürrmer Robert Lewandowski allein vor dem gegnerischen Torhüter. Er hätte nun selbst aufs Tor schießen können, so, wie er, der Fließband-Goalgetter, es ja sonst auch immer tut. Er tat es nicht. „Wahrscheinlich hätte ich einfach egoistischer sein müssen“, sagte der Torjäger später. Doch Lewandowski entschied sich für das Zuspiel nach rechts zu Philipp Lahm, eine eigentlich sinnvolle Wahl, weil der Kapitän völlig frei stand und ins leere Tore hätte schießen können. Aber der Pass geriet viel zu ungenau und Bayerns Wunschergebnis von 2:0 war dahin. „Dieser Chance trauern wir noch ein wenig hinterher“, sagte Thomas Müller. Er war wohl – wie alle Bayern – überrascht ob dieser Aktion Lewandowskis. Es war ein Pass der Unsicherheit, des Zweifelns – und damit untypisch für den sonst so unbeirrbaren Polen. Lewandowski wirkt plötzlich nicht mehr so locker wie in der bisherigen Saison, selbst die einfachsten Pässe gelingen ihm derzeit nicht immer. Warum ist das so?
Lesen Sie hier: Das sagt Vidal zu den Chelsea-Gerüchten
Die „Sport Bild“ meldete kürzlich, Lewandowski habe seinen Vertrag bei Bayern um zwei weitere Jahre bis 2021 verlängert – so wie zuvor schon Thomas Müller, Jérôme Boateng, Javi Martínez und David Alaba. Bestätigt ist das bislang nicht. Der Poker um den Polen scheint weiterzugehen, und Lewandowski beschäftigt diese Unklarheit offensichtlich mehr, als er es zugeben möchte. „Ich habe derzeit keinen Plan für die Zukunft, wo ich spielen möchte. Ich fühle mich sehr gut hier und das ist für mich kein Thema“, sagte er bei Sky. Ein Mini-Bekenntnis, das aber auch zeigt: Lewandowski weiß nicht so recht, was er will. Real Madrid oder doch weiter Bayern? Passen oder selbst schießen? Für die kommenden Wochen wäre es gut, wenn er weniger zweifeln würde.
Borussia Dortmund: Sie lassen einfach nicht nach. Thomas Tuchels Dortmunder siegen immer weiter und bestätigen damit das, was Guardiola vorhergesagt sagt: „Der BVB kann alle restlichen Spiele gewinnen.“ Es ist schon ein paar Wochen her seit der Prophezeiung des Bayern-Trainers, die zunächst als übliches Understatement abgetan wurde. Doch nun erneuert Guardiola sie vor fast jedem Spieltag – weil Dortmund weiter keine Fehler macht. Nur fünf Punkte beträgt der Rückstand in der Meisterschaft, ein Unentschieden und eine Niederlage könnten Bayern tatsächlich noch den vierten Titel in Serie (Bundesliga-Rekord) kosten.
„Dortmund ist zweifellos eines der fünf besten Team in Europa“, sagte Manuel Neuer in einem Interview mit „BT Sport“. Und weiter: „Bei Bayern wussten alle, dass sie nach der schwachen letzten Saison wieder angreifen würden. Es war klar, dass sie unser größter Konkurrent werden würden.“ Ganz so widerspenstig hatten sie den BVB aber dann wohl doch nicht erwartet. Und auch nicht gewünscht. Denn obwohl Dortmund dafür sorgt, dass Bayern sich diesmal keinen Spannungsabfall erlauben darf, würde Guardiola wohl ganz gern mal ein Bundesliga-Spiel erleben, in dem er acht oder neun Stammspieler schonen kann.
Lesen Sie hier: So lange bleibt ein Stürmer beim FC Bayern
Frühjahrsmüdigkeit: Am Mittwoch gab Guardiola seinen Spielern frei. Das hatte natürlich nichts mit dem 33. Geburtstag von Franck Ribéry und einer möglicherweise großen Party zu tun. Sowas mag Pep ja ohnehin nicht. Bayerns Trainer wollte seine Stars einfach nochmal durchschnaufen lassen – ehe die Triple-Jagd am Samstag mit dem Spiel beim VfB Stuttgart weitergeht. Man hat das Gefühl, dass den Bayern momentan jede Pause rechtkommt. Der stürmische Spektakel-Fußball aus dem Herbst ist einem eher nüchternen Frühjahrs-Kick gewichen, der Toreschnitt der Guardiola-Elf sank in der Rückrunde auf zwei Treffer pro Spiel. Zum Vergleich: In der Hinserie lag er noch bei 2,7.
Und sofort muss sich Guardiola wieder die Gretchenfrage gefallen lassen: Warum schwächelt Bayern unter ihm stets im Frühjahr? Als Grund taugt gewiss die Formdelle einiger Stars: Lewandowski, Douglas Costa, Thiago, auch Thomas Müller. Zudem fehlt in Arjen Robben der beste Offensivspieler der Rückrunde, Franck Ribéry lässt nach langer Pause noch Konstanz vermissen. Oder liegt es doch an Guardiolas hochintensivem Stil? An seiner Trainingssteuerung? Die Erklärung, dass der Kader nicht stark genug sei, wird in diesem Jahr jedenfalls nicht ausreichen, sollte Peps Team wieder im Schlussspurt einbrechen.