Tuchel mit Schiri-Kritik: Nicht gegebener Elfmeter "einfach unglaublich"
München - Es war die erhoffte Leistungssteigerung. Beim FC Arsenal zeigte der FC Bayern, dass auf internationalem Terrain ein anderer Wind weht. Durch ein 2:2 im Emirates Stadium sicherte sich die Mannschaft von Thomas Tuchel (50) eine durchaus plausible Ausgangslage für das Viertelfinal-Rückspiel in der Allianz Arena. Zufrieden war der Bayern-Trainer trotzdem nicht. "Ich denke, wir hätten gewinnen können", resümierte Tuchel nach der Partie am Amazon-Prime-Mikro.
Kimmich über vermeintlichen Elfmeter: "Habe ich noch nie gesehen"
Gründe, warum seine Mannen das Emirates Stadium nicht mit einem Sieg verlassen haben, wusste der 50-Jährige aufzuzählen: "Wir hatten einen sehr guten Gegner, extrem gute Zuschauer für Arsenal und einen unterdurchschnittlichen Schiedsrichter." Vor allem auf Letzteren hatte es Tuchel abgesehen, Glenn Nyberg. Der Unparteiische aus Schweden machte vor allem bei einem Handspiel nach einem Abstoß laut dem Bayern-Coach eine unglückliche Figur.
Arsenal-Keeper David Raya zögerte bei einem Abstoß. Nach dem Pfiff von Schiedsrichter Glenn Nyberg passte Raya zu Verteidiger Gabriel, der den Ball im eigenen Fünfmeterraum in die Hand nahm und den Abstoß erneut ausführte. Sofort reklamieren die Bayern, der Schiedsrichter ließ weiterlaufen.
"Ich glaube, es gab einen hundertprozentigen Elfmeter, den wir nicht bekommen haben", erklärte Tuchel. Und weiter: "Er sagt zu den Spielern, es sei ein Kinderfehler und so etwas pfeife er nicht im Champions-League-Viertelfinale. Das ist eine ganz neue Form der Regelauslegung, das ist einfach unglaublich. Das tut auf dem Niveau weh."
Unterstützer seiner Ansicht fand er dabei bei seinen Spielern. "Für mich ist es ein Elfmeter. Für mich pfeift der Schiedsrichter den Abstoß an, der Torwart spielt den zum Verteidiger und nimmt den nochmals in die Hand und eröffnet dann das Spiel. Das habe ich noch nie gesehen", so Joshua Kimmich.
FC Bayern: Müller mit deutlicher Kritik an Schiedsrichter Nyberg
Doch der wollte keinen Elfmeter geben. "Er meinte, wir sind im Champions-League-Viertelfinale. Er pfeift jetzt nicht so einen Kinderfehler. Für mich ist es kein Kinderfehler, sondern am Ende spielentscheidend und bitter, dass wir den nicht bekommen", wurde der Rechtsverteidiger des FC Bayern in seiner Wortwahl klar.
Während es für Kane "der klarste Elfmeter war, den ich je gesehen habe", konnte auch Müller seine Verwunderung über die Auslegung der Situation nicht zurückhalten. "Der Schiedsrichter hat es klar gesehen, ihm war der Fehler nur zu blöd, zu kleinlich, um einen Elfmeter zu geben. Ich verstehe ihn im Sinne des Spiels, aber der Schiedsrichter ist dazu da, die Regel umzusetzen." Daher meinte der 34 Jahre alte Routinier: "Ich glaube nicht, dass er sich über die Gesetze hinwegsetzen darf. Das kann mit spielentscheidend sein, das können wir uns eigentlich nicht gefallen lassen." Laut Regelwerk müssen Schiedsrichter einen Abstoß nicht anpfeifen, womöglich hat der Pfiff Torhüter und Verteidiger irritiert.
Müller ging sogar noch einen Schritt weiter, sagte: "Es ist vielleicht das, was Matthias Sammer des Öfteren erwähnt hat: Deutsche Teams und die Lobby bei Collinas (Pierluigi Collina, ehemaliger Schiedsrichter und aktueller Boss der Fifa-Schiedsrichterkommission, d.Red.) Kollegen, die ist schon zu hinterfragen. Das, was in den Strafräumen da gepfiffen wird."
Sammer: "In der Situation bin ich eher froh, dass es keinen Elfmeter gegeben hat"
Anders als die aufgebrachten Bayern bewertete Ex-DFB-Nationalspieler Sammer, in London im Einsatz als Experte für "Prime", bewertete die Elfer-Szene: "Regeltechnisch diskutabel. Aber im Sinne des Fußballs, wo gar nichts passiert und auf diesem Niveau gebe ich das nicht. Ich habe immer eine deutsche Brille auf und setze mich immer dafür ein, gar keine Frage. Aber in der Situation bin ich eher froh, dass es keinen Elfmeter gegeben hat."
Der frühere Schiedsrichter Markus Merk sagte am Mittwoch dazu: "Sinn und Geist des Fußballs sprechen gegen eine Elfmeterentscheidung. Für alle, die von größter Fehlentscheidung oder gar von Betrug sprechen: Wer möchte in dieser Situation einen Elfmeter gegen sich haben?"
Tuchel hadert mit schwedischem Unparteiischen: "Jeder Körperkontakt wurde weggepfiffen"
Der vermeintliche Handelfmeter war aber nicht die einzige Schiedsrichter-Entscheidung, die man beim FC Bayern hinterfragen wollte. "Die ganzen Kleinigkeiten gingen alle in eine Richtung. Jeder Körperkontakt wurde weggepfiffen", bemängelte Tuchel. "Die Spieler von Arsenal konnten reklamieren, wie sie wollten. Wir haben sofort beim Abwinken eine Gelbe Karte bekommen."
Selbst beim vermeintlichen Last-Minute-Elfmeter für Arsenal, als Flügelflitzer Bukayo Saka bei Manuel Neuer (38) einfädelte, hatte Tuchel etwas auszusetzen. Und das, obwohl er mit der Entscheidung von Nyberg, den Elfmeter nicht zu geben, einverstanden war: "Für mich war es nur ein Kontakt, aber viel zu spät, weil der Ball war weg. Er läuft in das Bein von Manuel rein und plötzlich hat er abgepfiffen. Da wusste auch keiner so genau, ob es geprüft wurde. Das hat dann ein bisschen dazu gepasst."
Gute Nachricht für Tuchel: Nyberg ist im Rückspiel gegen den FC Bayern nicht an der Pfeife
Klar ist: Am kommenden Mittwoch braucht der FC Bayern einen Sieg, um das heißbegehrte Halbfinalticket zu lösen. "Wir spielen bei uns zu Hause, wir brauchen die gleiche Atmosphäre von den Zuschauern und wir brauchen die gleiche Hingabe, Leidenschaft und Qualität", so Tuchel. Gut ist für den Trainer der Münchner auch, dass der Schiedsrichter nicht der gleiche sein wird.