Trotz Sieg gegen Dortmund und Tabellenführung: Beim FC Bayern ist noch viel Luft nach oben
München - Erstmals seit dem 28. Spieltag der Saison 2018/19 war der BVB als Spitzenreiter in ein Bundesliga-Spiel gegen den FC Bayern gegangen – damals unterlagen die Dortmunder in München mit 0:5. Diesmal – und daher stammt das Resultat aus der Kategorie "Alle Jahre wieder" – erneut. Nämlich mit 2:4. Auf Schwarz-Gelb ist eben Verlass, wenn sie in der Allianz Arena auflaufen.
Da kann Bayern-Trainer sein, wer wolle. . .
Thomas Tuchel holte bei seinem Debüt auf der Bank gleich mal die Tabellenführung für die Bayern zurück– und das an seinem erst achten Arbeitstag in München. So schnell dreht sich die Gefühlswelt. Der Titelverteidiger und Abo-Meister steuert nun dank des Sieges auf die elfte Meisterschaft in Serie zu. Er hat neben zwei Punkten Vorsprung auch noch das weitaus bessere Torverhältnis.

Bayern-Coach Thomas Tuchel freut sich – aber dezent
Tuchel selbst, mit Kappe und Trainingsoutfit des Ausrüsters ganz dezent gekleidet im Vergleich zu seinem Farbtupfer-freudigen Vorgänger Julian Nagelsmann, feierte die Treffer zwar mit der rechten Faust, aber insgesamt eher dezent und zurückhalten.
Fast schien es, er könne sein Glück kaum fassen. War das alles real? Oder doch nur ein Traum? Nein, Tuchel war im richtigen Film.
"Ich war sehr nervös, eine verrückte Situation", gestand der 49-Jährige und erlebte seine Heimspiel-Premiere als Suchender.

Tuchel stellt wieder auf Viererkette um
Er habe "gar nicht genau gewusst, wo ich meine Co-Trainer in der Kabine finde. Und dann die ganzen Abläufe. Es ging alles Schlag auf Schlag. Und plötzlich stand ich in der Arena und war Trainer für den FC Bayern."
Auch Nagelsmann, vor zehn Tagen entlassen, muss zwei weinende Augen gehabt haben beim immer noch andauernden Après-Ski-Blues.
Tuchel dagegen staunte. Er befand sich laut eigener Aussage eher "in der Beobachterrolle nach eineinhalb Trainingseinheiten" mit dem gesamten Team. Doch die Umstellung auf eine Viererkette und das den Profis über die Jahre bekannte 4-2-3-1-System funktionierte.

Bayern gegen Dortmund: Neun Siege in Folge für die Münchner
Leon Goretzka lobt den "klaren Plan und die sehr klaren Ideen" des Neuen: "Der Trainer hat uns vor dem Spiel richtig heiß gemacht." Das Fazit des Mittelfeldspielers: "Es hat alles gepasst." Na ja, nicht ganz.
Denn es war BVB-Torhüter Gregor Kobel, der seiner Mannschaft nach offenem Beginn in der 13. Minute das erste Ei ins eigene Nest legte als er an einem weiten Ball von Dayot Upamecano mit Schmackes vorbeisemmelte und hinterher kurz und bündig dazu meinte: "Das ist eine schöne Scheiße gewesen." Danach trafen für die teilweise entfesselt aufspielenden Münchner Thomas Müller (doppelt) sowie Kingsley Coman. Seit jetzt neun Pflichtspielen sind die Bayern gegen den BVB nun unbesiegt und damit die Machtverhältnisse in der Liga wieder zurechtgerückt.

Tuchel: "Gibt viele Dinge, die wir besser machen müssen"
Dass aus einem sich anbahnenden Kantersieg "nur" ein 4:2 wurde, ärgerte die Spieler und freute einen ganz besonders: Thomas Tuchel. Denn: Wo ansetzen bei einem 5:0? Man ist an der Spitze – und hat zugleich "viel Luft nach oben", wie er anmerkte. Im ZDF gestand der Fußballlehrer: "Ich bin ganz froh, es ist jetzt nicht super-euphorisch. Wir haben uns zwei Tore gefangen, über die wir uns ärgern. Es gibt viele Dinge, die wir besser machen müssen."
Die nächsten Bayern-Gegner: SC Freiburg und Manchester City
Konkret: Zu Beginn sei es "zu fahrig und ein bisschen zu wild" gewesen, nach dem 4:0 wünschte er sich mehr Ruhe im Spiel und mehr Dominanz. Überhaupt habe man "durchs ganze Spiel hindurch zu schlampig" agiert. Tuchel: "Wir hatten zu viele einfache Ballverluste, die uns das Leben schwergemacht haben." Die zwei Gegentore in der Schlussphase durch Emre Can (72./Foulelfmeter) und Donyell Malen (90.) bezeichnete er gar als "Stimmungsdämpfer".
Den er allerdings ganz gerne mitnahm. . .
Schließlich geht es nun zwei Mal (im Pokal am Dienstag, in der Liga am Samstag) gegen die unberechenbaren Freiburger, danach folgt das gepfefferte Viertelfinale in der Champions League mit ManCity. Bevor er Pep Guardiola wiedersieht, hat er der Mannschaft ganz bewusst etwas Salz in die kleine Wunde gestreut.