Transfer-Offensive am Campus: FC Bayern wildert immer internationaler
München - Als die Vereinsoberen im Sommer Julian Nagelsmann als Trainer von RB Leipzig losgeeist haben, versprach man sich an der Säbener Straße vom 34-jährigen Übungsleiter eine erfolgreiche Ära mit zahlreichen Titeln. Neben weiterer Silber- und Goldware für die Trophäen-Vitrine setzen Oliver Kahn, Hasan Salihamidzic und Herbert Hainer bei Nagelsmann aber noch auf weitere zählbare Erfolge.
Dem Bayern-Coach soll etwas gelingen, woran viele seiner Vorgänger auf der Trainerbank gescheitert sind: talentierte Nachwuchsspieler an die Profis heranführen und im besten Fall dort auch etablieren.
FC Bayern: Junge Talente statt teurer Stars?
Gerade in Pandemiezeiten, in den wegen Geisterspielen der Rubel alles andere als zahlreich rollt, gilt es nun, will man sich nicht hoffnungslos verschulden wie z.B. der FC Barcelona, keinen finanziellen Harakiri zu begehen.
Aus diesem Grund richtet sich der Blick der Bayern-Verantwortlichen mittlerweile nicht nur auf den internationalen Transfermarkt mit seinen teuren Stars, sondern immer häufiger in Richtung junge Talente im vereinseigenen Campus. Zahlreiche junge Spieler, die von einer Karriere als Profi träumen und es bestenfalls in den A-Kader des deutschen Rekordmeisters schaffen.
Die letzten Spielern, denen dies gelungen ist, sind Jamal Musiala, der es mittlerweile sogar bis zum deutschen Nationalspieler gebracht hat und – mit Abstrichen – Josip Stanisic auf der rechten Abwehrseite.
Dass es nicht bei diesen beiden Campus-Spielern bleibt, ist nun eine der Aufgaben von Julian Nagelsmann. Und von Vereinsseite tut man aktuell einiges, damit der Profi-Coach beim Nachwuchs aus dem Vollen schöpfen kann.
Vier junge Talente für den Bayern-Campus
So wurden erst kürzlich drei Talente aus Skandinavien und Südkorea für den Bayern-Nachwuchs verpflichtet. So soll das dänische Juwel Jonathan Asp Jensen im Sommer vom FC Midtjylland an den Bayern-Campus wechseln. Für den Mittelfeldspieler, der am Freitag seinen 16 Geburtstag feierte, soll eine Ablöse von kolportierten 1,5 Millionen Euro im Gespräch sein.
Nagelsmann selbst hat sich bereits positiv über dänische Toptalent Jensen geäußert. "Es ist gut, dass wir solche Transfers tätigen, früh junge gute Talente an uns binden, um einfach da den Tick kreativer zu sein als vielleicht der eine oder andere Klub", sagte er Freitag bei der Presskonferenz in München. Sollte der Wechsel perfekt sein, käme Jensen zunächst für den Nachwuchs in Frage.
"Es ist wichtig, dass wir frühzeitig ein gutes Scouting haben, um gute Talente zu bekommen. Auch danach ist es noch ein weiter Weg", sagte Nagelsmann.
Ein weiteres Talent, das bereits im Winter kommt, ist der schwedische Linksverteidiger Matteo Perez Vinlöf. Bei den Bayern soll der 16-Jährige von Hammarby IF zunächst die U19 verstärken. Vinlöf konnte die Münchner bei einem Probetraining überzeugen und unterschreibt in der bayerischen Landeshauptstadt einen langfristigen Vertrag.
Bayern macht für Talente die Schatulle auf
Der dritte Neuzugang am FCB-Campus ist der Südkoreaner Hyun-ju Lee. Der 18-jährige Kapitän der U18 der Pohang Steelers wird zunächst für ein Jahr ausgeliehen, anschließend besitzen die Bayern eine Kaufoption für den offensiven Mittelfeldspieler.
Auch Lee konnte Campus-Leiter Jochen Sauer und weitere Verantwortliche in einem Probetraining von seinem Können überzeugen und wird künftig das Amateurteam der Bayern in der Regionalliga verstärken.
Ebenfalls fix ist der Wechsel von Lovro Zvonarek vom kroatischen Klub Slaven Belupo Koprivnica. Das 16-jährige Mittelfeldtalent hat bereits im vergangenen September einen Vertrag beim deutschen Rekordmeister unterschrieben und wird ab Sommer 2022 zunächst die zweite Mannschaft der Münchner verstärken.
"Lovro war im Frühjahr bei uns am Campus zum Probetraining. Nicht erst seit diesen Tagen sind wir überzeugt von seinem großen Entwicklungspotential und freuen uns sehr, dass er sich für einen Wechsel zum FC Bayern entschieden hat", so Sauer.
Wie schon bei Jensen machen die Bayern bei Zvonarek, dem jüngsten Torschützen der kroatischen Liga, die Schatulle weit auf. 1,8 Millionen Euro Ablöse sollen die Münchner für das kroatische Talent hingeblättert haben, unter bestimmten Bedingungen kann sich diese Summe auf bis zu 5 Millionen erhöhen.
Zvonarek selbst freut sich schon auf seine Zukunft in München: "Der FC Bayern ist einer der größten und erfolgreichsten Vereine der Welt. Hier in Zukunft spielen und dieses Trikot tragen zu können, erfüllt mich mit Stolz. Und es spornt mich zusätzlich an, jeden Tag hart an mir zu arbeiten."
Aber nicht nur im Ausland, auch hierzulande ist der FC Bayern stets auf der Suche nach Talenten. So soll der 16-jährige Tom Bischof in den Notizbüchern der Münchner sehr weit vorne stehen.
Wanner darf mit 16 schon Bundesliga-Luft schnuppern
Aktuell spielt Bischof noch für die U19 der TSG Hoffenheim, der Vertrag des Mittelfeldspielers läuft aber im Sommer aus. Nagelsmann soll eine hohe Meinung vom deutschen U17-Nationalspieler haben. Und im Werben um den Teenager haben die Bayern ein Ass im Ärmel. In München würde Bischof auf seinen ehemaligen Jugendtrainer Danny Galm treffen, der in der Vorsaison noch im Kraichgau aktiv war und nun die U19 der Bayern trainiert.
Dass man es auch vom Bayern-Campus in den stargespickten Profikader der Münchner schaffen kann, dafür ist der bereits erwähnte Jamal Musiala das beste Beispiel. Aber auch Paul Wanner und Lucas Copado durften zum Rückrundenauftakt gegen Borussia Mönchengladbach bereits ihre ersten Bundesligaminuten sammeln. Zugegeben, ihre Einsätze waren der coronabedingten Personalsituation der Bayern geschuldet, aber es ist durchaus als Zeichen zu verstehen, dass Julian Nagelsmann durchaus dazu bereit ist, dem Nachwuchs eine Chance bei den Profi zu geben.
Und so ist Wanner seit dem 7. Januar 2022 mit 16 Jahren und 15 Tagen der jüngste Spieler, der jemals für die Bayern in der Bundesliga eingesetzt wurde. Diese Bestmarke hat er Jamal Musiala abgeluchst, der mittlerweile nicht mehr aus dem Profikader wegzudenken ist.
Und auch Wanner durfte am Samstag gegen den 1. FC Köln weitere Minuten Bundesligaluft schnuppern.
Chancen für junge Talente waren nie besser
Ebenso Mallik Tillman. Der 19-Jährige wechselte im Sommer 2015 von Fürth nach München und hat sich seitdem von der B-Jugend bis in die zweite Mannschaft gespielt. Unter Julian Nagelsmann darf er nun auch Profiluft schnuppern. Am 16. Spieltag konnte Tillman gegen den VfB Stuttgart sein Bundesliga-Debüt feiern, seitdem lässt ihn Nagelsmann in jeder Partei ein paar Minuten Profierfahrung sammeln.
Die Vorzeichen für den Nachwuchs stehen also so gut wie nie, unter Nagelsmann die ein oder andere Minute bei den Profis mitspielen zu dürfen. Und vielleicht ist Musiala schon bald nicht der letzte Spieler, der den Sprung vom Campus in die Allianz Arena geschafft hat.