Thomas Tuchel gegen den FC Bayern: Die Sechser-Frage wird zum wunden Punkt
München – Wie sieht das Mittelfeld des FC Bayern in der kommenden Saison aus? In den Testspielen und auch im Supercup gegen RB Leipzig (0:3) legte sich Thomas Tuchel auf eine Doppelsechs aus Joshua Kimmich und Konrad Laimer fest.
Gleichzeitig machte er durchweg, vor allem intern, klar, dass diese Paarung nur eine Übergangslösung sein kann. Für die neue Saison wünscht sich Bayerns Coach einen defensiven Sechser, einen Julian Weigl, einen Marquinhos oder N'Golo Kanté, die er bei seinen Ex-Klubs hatte.
Nicht zum ersten Mal: Tuchel contra FC-Bayern-Vorstand
Wie die "Sportbild" berichtet, ist Tuchel jedoch der Einzige im Transferausschuss, bei dem das Thema weit oben auf der Agenda ist. Zuerst möchte man die Torhüter-Thematik geklärt wissen.
Anschließend ginge es darum, den abwanderungswilligen Benjamin Pavard zu verkaufen. Die Bosse des FC Bayern wären demnach etwas genervt von Thomas Tuchels konstanten Forderungen nach einem neuen Mittelfeldspieler.
Dass sich Tuchel mit seinen Vorgesetzten anlegt, ist übrigens kein neues Muster. Bei Borussia Dortmund ging seine Beziehung zu Hans-Joachim Watzke über den Umgang mit dem Champions-League-Viertelfinale gegen Monaco, nach dem schrecklichen Anschlag auf den Mannschaftsbus in die Brüche.
Auch mit Antero Henrique, dem Sportdirektor von PSG gab es Zoff in Transferfragen. Zu seiner Zeit bei Chelsea sagte Tuchel, nach einem 0:4 gegen Arsenal in der Saisonvorbereitung: "Wir haben dieselben Probleme, weil wir dieselben Spieler haben". Soweit ist es diesmal (noch) nicht.
FC Bayern: Joshua Kimmich ist "ein Sechser" – oder doch nicht?
Dabei scheint das Problem eigentlich bereits gelöst. Nach dem 4:3 gegen Liverpool sagte Kimmich in der Mixed Zone: "Ich bin ein Sechser!" Also doch, Kimmich, Laimer – und ab in die Saison? Nicht ganz. In der Pressekonferenz vor der Partie betonte Tuchel noch, Kimmich sei "ein Leader, er will überall helfen" – aber nicht das Spielerprofil, nach dem der Bayern-Coach vor seiner Defensive sucht.
"Was wir nicht haben, ist ein defensiver Sechser, der die Position hält, defensiv denkt, verstärkt auf die Absicherung achtet und darauf, was im hinteren Drittel des Platzes passiert", so Tuchel. Matthijs de Ligt, der genau dort agiert, schloss sich Tuchel an: "Wir haben das im Moment nicht, das ist die Wahrheit. Wenn du einen defensiven Sechser hast, ist das gut. Wenn nicht, musst du mit anderen Spielertypen arbeiten."
Tuchels eindeutige Botschaften an Goretzka – Was passiert mit Gravenberch?
Trotzdem würde es bei den Bayern-Bossen zu einem Umdenken in der Sechser-Causa wohl nur kommen, wenn zuvor ein bis zwei Spieler noch abgegeben würden. Mit Joshua Kimmich, Leon Goretzka, Jamal Musiala, Thomas Müller, Ryan Gravenberch sowie den Neuzugängen Konrad Laimer und Raphaël Guerreiro, die beide sowohl auf den Außenverteidigerpositionen als auch zentral spielen können, gibt es momentan ein Überangebot im Mittelfeld.

Leon Goretzka war, seit dem Abgang von Thiago im Sommer 2020, an der Seite von Kimmich gesetzt. Dass Thomas Tuchel nicht auf ihn baut, ist ein offenes Geheimnis. Seinen Stammplatz hat der 28-Jährige erstmal verloren. Mit Ausnahme des Testspiels gegen Monaco (4:2) in dem Kimmich eine Pause bekam, war der Nationalspieler durchweg Reservist. Beim Debakel gegen RB kam Goretzka als Letzter erst gut zehn Minuten vor Schluss, als die Partie bereits entschieden war.
Auch im Meisterschaftsendspiel in Köln (2:1) wechselte Tuchel seine Nummer acht in Minute 71 für Ryan Gravenberch ein – und fünf Minuten vor Schluss für Mathys Tel wieder aus. Verletzt war Goretzka nicht. Dennoch spielte er nur rund eine Viertelstunde. Goretzka selbst betonte mehrfach, dass er gern bleiben würde und wie sehr er an München hängt. Dennoch muss auch er an die Heim-EM kommendes Jahr denken. Manchester United wurde punktuell als möglicher Abnehmer genannt.
Gravenberch ist das zweite große Fragezeichen im Mittelfeld. Zwar lobte Tuchel auf der Pressekonferenz vor dem Bundesliga-Auftakt in Bremen: "Wenn er eingewechselt wurde in den Vorbereitungsspielen, war er sehr gut. Seine Stärken sind mit dem Rücken zum Tor und im Dribbling."
Jedoch fügte er gleich danach hinzu: "In den Testspielen kam er nur von der Bank und das ist im Moment seine Rolle." Gravenberch selbst sieht das etwas anders und soll einem Wechsel nicht abgeneigt sein. Hier führt die heißeste Spur nach Liverpool.
Salihamidzic-Entlassung: Goretzka und Gravenberch haben ihre Fürsprecher beim FC Bayern verloren
Sowohl Gravenberch als auch Goretzka vereint, dass sie am Ende der vergangenen Saison mit Hasan Salihamidzic einen großen Fürsprecher verloren haben. "Brazzo" hielt große Stücke auf den Niederländer. Goretzka war, im Sommer 2018, sein allererster Transfer für den FC Bayern.
Egal, was sich bis Monatsende, wenn das Transferfenster schließt, noch tut: Das Sechser-Thema um Kimmich und Tuchels Wunsch nach der berühmten "Holding Six" bleibt ein Brennpunkt. Besonders, wenn sich der Vorstand endgültig entscheiden sollte, auf der Position überhaupt nicht mehr tätig zu werden.