Thomas Müller: Der Weltfußballer vom TSV Pähl
Zum Abschluss der elfteiligen AZ-Serie über die Triple-Helden des FC Bayern: Ein Heimatreport aus einer Ammersee-Gemeinde, wo Thomas Müller aufgewachsen ist und ihm heute alle nacheifern.
Pähl - Ungläubig schaut einen der achtjährige Noah an: Ob Thomas Müller Weltfußballer des Jahres werden könne? Noah zeigt sein Federmäppchen, wo neben den Lernwörtern ein Bild seines Idols steckt und sagt voller Überzeugung: „Ja, leicht!“ Er muss es wissen, spielt er doch auf der selben Position: irgendwo zwischen Sturm und Mittelfeld. Und er kickt im selben Verein, in dem der junge Müller einst mit dem Fußballspielen anfing: beim TSV Pähl.
2326 Menschen leben in dem kleinen Ort in der Nähe des Ammersees, wo der Triple-Sieger Thomas Müller aufgewachsen ist. Wie viele Einwohner die Meinung von Noah teilen, ist im Rathaus unbekannt, aber was die Jungs und Mädels aus der 3. Klasse angeht, da dürfte der Prozentsatz der Müller-Fans bei grob geschätzt 100 Prozent liegen. Wobei: Stellt man hier die Frage nach dem nächsten Weltfußballer, bekommt man zur Antwort: „Der Vinzent wird’s! Der ist unser Bester!“ Noch so einer vom TSV.
Ein paar Meter neben der Grundschule hat der Bürgermeister sein Büro: Werner Grünbauer – der nächste TSVler. Seine Kicker-Karriere läuft gerade bei den Alten Herren aus, sein Herz hängt am TSV: „Heuer hat uns der Simon, der Bruder vom Thomas, vor dem Abstieg aus der Kreisliga bewahrt. Der könnte locker Dritte Liga spielen, ist aber total heimatverbunden – zum Glück!“ Heimatverbunden ist der Müller Thomas auch, aber die große Karriere war in Pähl nicht zu machen. Dass der Durchbruch kommen würde, war Grünbauer früh klar: „Vor der WM in Südafrika hab’ ich mit seinem Vater um eine Kiste Bier gewettet, dass Thomas mit zur WM darf und dort eine bedeutende Rolle spielt – die Wette hat er gnadenlos verloren.“ Der Müller aus Pähl wurde WM-Torschützenkönig.
Und nun steht er in einer Reihe mit den ganz Großen. Aber Weltfußballer? Grünbauer sagt: „Als Pähler sage ich ja, aber realistisch betrachtet ist er noch zu jung. Aber ein Bayer muss es in jedem Fall werden! Da kommt die Fifa heuer nicht dran vorbei.“ Der Bürgermeister tippt auf Bastian Schweinsteiger, wie auch Roger Gemähling, Standesbeamte der Gemeinde: „Der Thomas wächst noch bei den Bayern. Das mit dem Weltfußballer dauert vielleicht noch zwei Jahre.“ Anfragen nach dem berühmten Sohn der Gemeinde gibt es schon genug, sagt Gemähling: „Ein paar Mal am Tag klingelt das Telefon und Leute wollen wissen, ob wir nicht die Adresse oder die Telefonnummer von ihm hätten. Und oft stehen Touristen in der Tür und fragen nach Autogrammkarten.“ Papa Müller bringt ab und zu einen Stoß Karten vorbei.
Auch in der Bäckerei Scholz ist Gerhard Müller regelmäßig zu Gast. „Jeden Morgen vor der Arbeit kommt er vorbei und holt sich noch was Süßes“, erzählt Norbert Scholz. Müllers Sohn hat er schon länger nicht mehr gesehen: „Nach der WM war er zum letzten Mal bei uns drin.“ Den Titel des Weltfußballers traut ihm der Bäckermeister jedenfalls zu: „Er hat alles, damit er’s schaffen kann und ist sicherlich die nächsten Jahre mit dabei. Ich würd’s ihm wünschen. Es gefällt mir richtig, dass er so weit gekommen ist. Der lebt den FC Bayern.“ Wenig Leben ist dagegen im Restaurant „Müllers-Lust“. Zu vermieten ist der Laden, der zwar eine runde Fußballtafel vor der Tür stehen, mit den Müllers aber nichts zu tun hat. Vor dem Restaurant lag auch der zweieinhalb Tonnen schwere Stein-Fußball, den der Künstler Christian Tobin nach der WM zu Ehren des Torschützenkönigs fabriziert hatte. 15000 Euro hätte die Gemeinde für das Trum zahlen sollen, was man im Rathaus ablehnte. Nun liegt das Denkmal, der steinerne Ball, wieder beim Künstler vor der Haustür, irgendwo am Ammersee. Bürgermeister Grünbauer sagt: „Es ist auch nicht gut, wenn man eine Person so glorifiziert. Wir wollen keinen Hype um Thomas. Es gibt ja auch noch den Privatmenschen Müller.“
Den Fußballer Müller haben sie bei den Finals in Wembley und Berlin beim Public Viewing im Pfarrgemeindezentrum bejubelt. Dabei ist der Pfarrer einer der wenigen im Ort, die mit Fußball gar nicht so viel anfangen können. Pater Sajimon Panankala ist Inder.
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