Thomas Müller: Der Siegesserientäter des FC Bayern

München - Es gibt mehr als 60 Ausdrücke im Englischen, um zu beschreiben, dass jemand im Sport bezwungen wurde, niedergerungen, geschlagen, besiegt. Eines der populärsten Verben, das eine Niederlage gegen eine deutsche Mannschaft beschreibt (und davon gab es ja bekanntlich nicht wenige), lautet: mullered. Also: gemüllert.
Die naheliegende Annahme, die Bezeichnung „mullered“ habe ihren Ursprung in Gerd Müller, dem unvergessenen Bomber der Nation, und dessen legendären Toren gegen England – etwa bei der Weltmeisterschaft 1970 in Mexiko – ist falsch. Das „mullered“ kommt von „to mull“, was so viel wie pulverisieren oder zermalmen bedeutet. Selbst der „BBC“ schmerzt es in einem Artikel auf ihrer Homepage, dass es nichts mit dem Bomber, der am Dienstag seinen 70. Geburtstag feierte, zu tun hat.
Dennoch wird „mullered“ fleißig verwendet von den britischen Reportern, heutzutage vor allem in Bezug auf einen: Thomas Müller, der zum 4:1 der deutschen Nationalmannschaft im Achtelfinale der WM 2010 in Südafrika zwei Treffer zum 4:1-Triumph über England beisteuerte. „The Three Lions“ wurden „mullered“ – zerlegt, zermalmt, pulverisiert.
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Dieser Müller! Einer tut den Briten eben immer weh. Wenn Thomas traf, siegten die Bayern gegen den FC Arsenal London: im Februar 2014 (2:0) genauso wie im selben Monat nur ein Jahr zuvor (3:1) – jeweils im Nordlondoner „Emirates Stadium“. In den drei der letzten fünf Aufeinandertreffen, bei denen der Angreifer nicht traf, konnten die Bayern dafür jeweils nicht gewinnen. 0:2 (2013), 1:1 (2014), beide Male zu Hause und 0:2 vor zwei Wochen in London.
Die Lex Müller
Muss Arsenal London um Weltmeister Mesut Özil also an diesem Mittwoch (20.45 Uhr, ZDF und Sky live, Liveticker auf az-muenchen.de) wieder Müller fürchten? Der Mann, der in 320 Pflichtspielen für seinen Herzensverein FC Bayern bereits 134 Tore und 107 Vorlagen beigesteuert hat, kann eine mehr als beeindruckende Serie sein Eigen nennen. Die Lex Müller nämlich. Immer, wenn der Mann mit der (Glücks-)Nummer 13 trifft, gewinnt der FC Bayern: 44 Mal in der Bundesliga und neun Mal in der Champions League. Das letzte Spiel auf Europas Bühne, bei dem Müller traf und Bayern NICHT gewann, war das 2:3 gegen Manchester City im Dezember 2013. Unglaublich, aber Müller.
„Das ist eine wirklich schöne Statistik und zeigt: ich sollte treffen. Das würde der Mannschaft auf jeden Fall helfen“, sagte der Serientäter kürzlich und lachte sein lautes, gewinnendes Müller-Lachen. Unter Trainer Pep Guardiola galt der gute, alte Spruch von Entdecker Louis van Gaal („Müller spielt immer“) anfangs nicht mehr. Vor allem in seinem ersten Jahr ließ der Spanier den so unorthodoxen Offensivspieler oftmals zunächst draußen, etwa in den beiden Champions-League-Halbfinals gegen Real Madrid (0:1 und 0:4). Doch der heute 26-Jährige hat sich den Respekt und das Vertrauen von Guardiola über die Jahre erkämpft, erarbeitet.
Seit Anfang August machte Müller in 20 Pflichtspielen für den FC Bayern und die Nationalmannschaft stolze 18 Tore. Letztes „mullered-“Opfer war der VfL Wolfsburg im Pokal, als er doppelt traf. Diese Saison gehört er fast immer zur Bayern-Startelf, er saß nur bei Darmstadt 98 (3:0), gegen Dinamo Zagreb (5:0) und zuletzt bei Eintracht Frankfurt draußen (0:0). Gegen Arsenal London wird er wohl wieder auflaufen wie auch Thiago und David Alaba, die für Kingsley Coman, Arturo Vidal und Rafinha in die Mannschaft kommen dürften.
Bayern lehnte das Angebot aus Manchester ab
Kolportierte runde 100 Millionen Euro Ablöse lehnten die Bayern-Bosse im August von Manchester United ab. „Thomas Müller hat kein Preisschild“, sagte der Münchner Vorstandsboss Karl-Heinz Rummenigge. Der Mann ist unverkäuflich – vor allem als Fanliebling und perfekter Repräsentant des FC Bayern. Müllers Vertrag läuft bis 2019, es soll bald Gespräche über eine Ausdehnung und Aufbesserung des Arbeitsvertrages geführt werden.
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„Raumdeuter“ nennen sie ihn im Team, „man findet keinen, der ähnlich komisch spielt wie ich“, sagt Müller gerne über sich selbst. Und Kapitän und Weltmeister-Kollege Philipp Lahm meinte, er sei vor dem Tor „kalt wie eine Hundeschnauze“. Müllers Sturmkollege, der Torjäger Robert Lewandowski sagte wiederum am Montag vor dem Champions-League-Schlager gegen Arsenal: „Ich verstehe mich wirklich sehr gut mit Thomas. Wir könnten uns wahrscheinlich mit geschlossenen Augen anspielen.“ Blindes Verständnis.
Der Rekord von Gerd Müller
Zu den 533 Treffern in 585 Spielen für Bayern von Namensvetter Gerd fehlt Thomas noch ein wenig. Er kann es also noch kräftig mullern lassen. Der Raumdeuter hat noch Luft nach oben.