Neuer zu wichtig und mächtig: Wie Nübels Mission als "Kronprinz" zum Scheitern verurteilt war

Dass der FC Bayern Alexander Nübel verpflichtete, schien 2020 wie ein Geniestreich. Es sollte sich jedoch herausstellen, dass Neuer und das Versprechen an Nübel nach Spielzeit nicht koexistieren können.
Victor Catalina
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Manuel Neuer stellte sich für Alexander Nübel beim FC Bayern als zu wichtig heraus, um zu regelmäßigen Einsatzminuten zu kommen.
Manuel Neuer stellte sich für Alexander Nübel beim FC Bayern als zu wichtig heraus, um zu regelmäßigen Einsatzminuten zu kommen. © IMAGO / Poolfoto

München – Man könnte sagen, dass der Wechsel von Alexander Nübel zum FC Bayern ein Stück weit prädestiniert war. Bei der U21-Europameisterschaft 2019 machte er erstmals richtig aufmerksam. Im Halbfinale traf das DFB-Team auf Überraschungsmannschaft Rumänien. Trotz eigener Führung lag die Elf von Stefan Kuntz, bei knapp unter 40 Grad in Bologna, kurz vor der Pause 1:2 zurück. In der vierten Minute der Nachspielzeit köpfte Doppelpacker George Puscas erneut aufs Tor. Nübel verhinderte mit einem fantastischen Reflex die Vorentscheidung. Ein Reflex, der an Manuel Neuer erinnerte. 

Im Finale setzte Nübel seine Reise durch die Geschichte der großen Bayern- und DFB-Keeper fort, als er einen eigentlich harmlosen Schuss von Fabián Ruiz prallen ließ. Der jetzige Leipziger Dani Olmo hob die Kugel ins Tor. Die Szene war nahezu baugleich zum Patzer von Oliver Kahn im WM-Finale 2002. 

Nübel wurde schon auf Schalke zum "Mini-Neuer"

Trotz des verpassten Titels ging es für Nübel auch beim FC Schalke 04 steil bergauf. Die Entscheidung von Domenico Tedesco, Ralf Fährmann für ihn auf die Bank zu beordern, wurde bereits mit Mirko Slomkas verglichen, als er Frank Rost mit Manuel Neuer ersetzte. Die Gemeinsamkeiten waren einfach zu groß. Beide Torhüter zeigten schon in einem jungen Alter herausragende Fähigkeiten, auf der Linie genauso wie mit dem Ball am Fuß und verfügten über ein außergewöhnliches Selbstverständnis in ihrem Spiel.

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Juli 2020, inmitten der Pandemie und einer sich immer stärker abzeichnenden Triple-Saison, ging der ablösefreie Wechsel Nübels zum FC Bayern offiziell über die Bühne. Neuer im Tor, ein "Mini-Neuer" im Wartestand. Das Tor des Rekordmeisters schien so sicher gehütet zu sein, wie Fort Knox.

Knackpunkt Einsatzminuten: Nächstes Streitthema zwischen Salihamidzic und Flick

Es schien allerdings nur so. Wie jeder andere Youngster brauchte auch Nübel regelmäßige Einsatzminuten, um sein Spiel weiterzuentwickeln und sich stückweise zu etablieren. Der damalige Sportvorstand Hasan Salihamidzic soll ihm diese in den Verhandlungen versprochen haben, noch bevor Hansi Flick übernahm. Weder der Coach noch Neuer selbst waren von der Idee des Jobsharing besonders angetan. Einerseits hat Bayerns Kapitän den Ehrgeiz, selbst das Freundschaftsspiel gegen die Auswahl der Berufsfeuerwehr München zu absolvieren. Gleichzeitig spielte Neuer eine zu große Rolle in Flicks Planungen.

Alexander Nübel geriet ungewollt auch in den Streit zwischen Hasan Salihamidzic (l.) und Hansi Flick.
Alexander Nübel geriet ungewollt auch in den Streit zwischen Hasan Salihamidzic (l.) und Hansi Flick.

Schon lagen Trainer und Sportvorstand, die ohnehin lediglich eine Zweckbeziehung pflegten, in einem weiteren Punkt über Kreuz. Nübel absolvierte nur das Pokalspiel gegen den SV Düren (3:0), die Champions-League-Auswärtspartie bei Atlético Madrid (1:1), als der Gruppensieg bereits feststand, und das Heimspiel gegen Lazio Rom (2:1), in das der Rekordmeister mit einem 4:1-Vorsprung ging.

Nübels Seite sah Salihamidzic' Versprechen damit als nicht erfüllt an und drohte mit einem Abgang. Bayern-seitig hielt man jedoch am Projekt Nübel als Neuer-Nachfolger fest und konnte sich auf eine Leihe zur AS Monaco einigen. Im Gegenzug kam Sven Ulreich vom Hamburger SV als Ersatztorhüter zurück.

"Da sind Leute in Tränen ausgebrochen" – Torwart-Clique stärkt Nübels Standing nicht

Genau damit tat sich jedoch ein weiteres Problem für Nübel auf. Neuer, Ulreich und der damalige Torwarttrainer Toni Tapalovic hatten sich über die Jahre eine äußerst enge Beziehung aufgebaut. "Alle in unserer Torwart-Gruppe hat es zerrissen, da sind Leute in Tränen ausgebrochen", schilderte Neuer in seinem Pathos-Interview mit der "Süddeutschen Zeitung" Tapalovic' Entlassung. "Wir Torhüter sind zwar gewissermaßen ein Team im Team, aber Toni war in der ganzen Mannschaft beliebt."

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Im Fall von Alexander Nübel sah das offenbar etwas anders aus: "Es war nicht viel Kontakt vorhanden. Davor hatten wir ein normales Verhältnis", erklärte er im "Aktuellen Sportstudio". "Ich glaube schon, dass man sich ab und zu hätte austauschen können über die Situation, wie es läuft, aber das war nicht der Fall", so Nübel weiter. Salihamidzic bestätigte diese Ansichten und kündigte interne Gespräche an. 

Neuer hingegen verteidigte seinen Vertrauten: "Tapa (Tapalovic, d. Red.) war damals verantwortlich für den Transfer nach München: Er hat Alex (Nübel, d. Red.) in Schalke gesehen, als noch kein anderer Klub richtig hingeguckt hatte, und ihn empfohlen. Tapa hat später genauso für Alex gearbeitet wie für mich, für Sven Ulreich und Christian Früchtl."

"Habe dort viel Vertrauen bekommen": Wie Nübel das Tischtuch mit dem FC Bayern endgültig zerschnitt

Im Januar hätte Nübels große Stunde beim FC Bayern schlagen können. Nach Neuers Verletzung stand ihm das Tor offen. Die AS Monaco zeigte sich allerdings nicht bereit, die Leihe vorzeitig abzubrechen und auch Nübel selbst machte keine sonderlich großen Anstalten, seinen eigentlichen Arbeitgeber zu unterstützen. "Ich habe Vertrag bis 2025. Aber im Moment bin ich Spieler der AS Monaco und das ist das Wichtigste für mich. Wir haben eine schwere zweite Saisonhälfte vor uns. Ich bin komplett auf Monaco fokussiert", so Nübel auf der Pressekonferenz vor dem Heimsieg gegen AC Ajaccio (7:1). Wer des Fußballdeutschen mächtig ist, weiß, dass genau so eine Absage klingt.

Am 30. Juni lief Nübels Leihe bei der AS Monaco aus. Seine Zukunft ist ungeklärt, ein Verbleib beim FC Bayern äußerst unwahrscheinlich.
Am 30. Juni lief Nübels Leihe bei der AS Monaco aus. Seine Zukunft ist ungeklärt, ein Verbleib beim FC Bayern äußerst unwahrscheinlich. © IMAGO / Panoramic

"Monaco wollte mich nicht ziehen lassen, was auch ein gutes Zeichen in meine Richtung war", legte Nübel im "Aktuellen Sportstudio" nach. Ich muss das ziemlich klar sagen, ich habe von dem Management dort viel Vertrauen bekommen. Das ist der Grund, weshalb ich noch immer dort spiele."

Spätestens dieser Akt war der finale zwischen Nübel und dem FC Bayern. Immer wieder wurde von Nübels Seite ein Argument besonders ausgereizt: "Dass es keinen Sinn für Alex ergibt, zum FC Bayern zurückzukehren, solange Manuel Neuer dort ist", betonte Berater Stefan Backs Ende Juni im Gespräch mit "T-Online". "Er (Neuer, d. Red.) ist wieder fit. Deshalb schaue ich mich nach einem neuen Klub für Alex um – einen, der ihn so weit wie möglich bringen wird."

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2 Kommentare
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  • Max Merkel am 06.07.2023 09:34 Uhr / Bewertung:

    Da hat ja der Berater von Nübel schon einen riesen Fehler gemacht. Er hätte das Angebot vom FCB umgehend ablehnen müssen.

  • Sidey am 05.07.2023 20:47 Uhr / Bewertung:

    Neuer war Nübel nicht nur in der Konkurrenzsituation voraus, sondern auch im gleichen Alter schon viel weiter. Anstatt durch Leistung zu glänzen, kamen immer nur große Töne vom Berater. Man kann nur hoffen, dass er einen Abnehmer findet, welcher noch eine Ablöse zahlt.

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