Nach dem Rauswurf von Thomas Tuchel: Die größten Trainer-Missverständnisse beim FC Bayern
München - 25 verschiedene Trainer übernahmen seit dem Aufstieg des FC Bayern in die Bundesliga in der Saison 1964/65 als Chefcoach oder Interimstrainer das Ruder bei den Münchner, einige von ihnen, wie Jupp Heynckes, Ottmar Hitzfeld oder Giovanni Trapattoni sogar mehrmals.
Die meisten von ihnen konnten ihre langjährige Trainerlaufbahn bei den Bayern mit einigen Titel schmücken, anderen wiederum war keine langer Zeit als Coach in München beschieden. Manche scheiterten an den sportlichen Ergebnissen, andere wiederum, trotz vorzeigbarer Erfolge, am Zerwürfnis mit der Mannschaft, wie zuletzt wohl auch Thomas Tuchel, des Karriere in München nach nicht einmal zwei Spielzeiten schon wieder zu Ende geht.
Folgende Trainer konnten sich nicht lange beim FC Bayern halten.
Gyula Lóránt (Dezember 1977 bis Dezember 1978)
Das ein Trainer von Eintracht Frankfurt zum FC Bayern München wechselt, ist nichts Ungewöhnliches, wie schon das Beispiel Niko Kovac zeigt, aber dass es einen Trainertausch gibt, war in der Saison 1977/78 ein Novum in der Bundesliga. Nach dem 16.Spieltag stand der FC Bayern nach fünf Niederlagen in Serie auf dem 12. Tabellenplatz. Anfang Dezember 1977 tauschten dann Bayern-Coach Dettmar Cramer mit seinem Frankfurter Pendant Gyula Lóránt die Trainerbank. Doch mit dem tyrannischen Ungar kamen die Münchner Spieler alles andere als klar. Bayern-Star und 1974er-Weltmeister beschloss sogar "so lange Stunk zu machen, bis der weg ist".

Seine erste Saison in München sollte Lóránt auf dem Platz beenden, auf dem er die Bayern übernommen hatte. Platz 12 war das bis dato schlechteste Saisonergebnis in der Geschichte des FC Bayern. Das Ende seiner zweiten Saison sollte der ungarische Trainer gar nicht mehr erleben. Die Mannschaft verbündete sich gegen Lóránt. Gegen seine Anweisungen spielten das Team am 9. Dezember 1978 bei Fortuna Düsseldorf mit Abseitsfalle und kassierte eine bittere 1:7-Niederlage. Danach musste Lóránt nach 43 Spielen und einer Bilanz von 16 Siegen, elf Remis und 16 Niederlagen gehen und wurde durch seinen Assistenten Pál Csernai ersetzt.
Max Merkel (1979)
Obwohl oder vielleicht weil er kein einziges Training abgehalten hat, kann Max Merkel als der wohl größte Trainer-Flop des FC Bayern gelten. Nachdem Gyula Lóránt im Dezember 1978 gefeuert und zunächst durch Pál Csernai ersetzt wurde, wurde der als knallharter, selbstherrlicher "Schleifer" bekannte Merkel vom damaligen Präsidenten des FC Bayern München, Wilhelm Neudecker, im Alleingang als Trainer unter Vertrag genommen. Die Bayern-Spieler weigerten sich jedoch, Merkel als Trainer zu akzeptieren. Auf dem Rückflug von einem Auswärtsspiel kam es zu einer Abstimmung, bei der sich das Team deutlich mit 16:0 Stimmen gegen Merkel und für Csernai aussprachen. Diese Affäre schaffte es damals sogar als Top-Nachricht in die Tagesschau.

Als Reaktion auf diesen Aufstand des Teams trat Neudecker nach 17 Jahren als Bayern-Präsident von seinem Amt zurück. Als quasi letzte Amtshandlung fertigte er noch den Vertrag von Pál Csernai als neuen Bayern-Trainer aus.
Und Max Merkel? Obwohl der Österreicher nicht ein einziges Mal als Coach auf dem Trainingsplatz stand, erfüllte der FC Bayern die im Zweijahresvertrag eingegangenen Verpflichtungen. In der offiziellen Auflistung der Bayern-Trainer ist der Name Max Merkel dennoch nicht zu finden.
Sören Lerby (Oktober 1991 bis März 1992)
Als Spieler kann Sören Lerby auf eine erfolgreiche Zeit beim FC Bayern zurückblicken. In den drei Jahren in München konnte der dänische Mittelfeldspieler zwei Mal die Deutsche Meisterschaft (85/85 und 85/86) (und zwei Mal den DFB-Pokal (83/84 und 85/86) gewinnen.
Von weniger Erfolg war sein kurzzeitiges Intermezzo auf der Trainerbank des FC Bayern gekrönt sein.

Am 9. Oktober 1991 als Nachfolger des entlassenen Jupp Heynckes als Übungsleiter geholt, war die Trainerkarriere des Dänen nach nur fünf Monaten und 17 Spielen am 10. März 1992 schon wieder beendet. Mit fünf Siegen, fünf Remis und sieben Niederlagen ist Lerby der einzige Bayern-Coach, der eine negative Bilanz vorzuweisen hat. Für Lerby sollte der FCB die einzige Trainerstation in seiner Karriere sein. Nach seinem Rauswurf in München wurde er Spielervermittler.
Otto Rehhagel (Juli 1995 bis April 1996)
Als es den Bayern-Bossen gelang Otto Rehhagel nach 14 Jahren als Trainer bei Werder Bremen an die Isar zu lotsen, da trugen bei dessen Vorstellung in München Franz Beckenbauer noch eine Kappe mit der Aufschrift "Otto... find ich gut". Dieses modische Statement sollte allerdings nicht von allzu langer Dauer sein.
Zwar stellten die Bayern unter seiner Leitung mit sieben Siegen in Folge einen neuen Bundesliga-Startrekord auf, doch nach dem Pokal-Aus in der zweiten Runde gegen Fortuna Düsseldorf und einer 1:3-Pleite gegen Borussia Dortmund am 8. Spieltag wurden die ersten Risse zwischen Rehhagel und seiner Mannschaft sichtbar. Die Spieler warfen ihrem Trainer mangelnde Kommunikation sowie ideenloses Training vor und kritisierten seine Taktik. Schon wenige Monate, nachdem Rehhagel in München das Ruder übernommen hatte, sprachen die ersten Stars über Abwanderungsgedanken.

So Sagte Mehmet Scholl gegenüber dem "Kicker": "Ich ziehe das konsequent durch: Rehhagel oder ich. Jetzt tut’s einen Schlag. Und wenn sie mich rausschmeißen ist es mir auch wurscht. Dann gehe ich. […] Fakt ist, wir spielen seit acht Wochen und haben noch immer keine Taktik. Wir stehen doch nur so gut da, weil wir so gute Einzelspieler haben.."
Doch auch Rehhagel übte wiederholt harsche Kritik an seiner Mannschaft: "Hier habe ich festgestellt: Einige Spieler haben keinen Teamgeist. Die sind viel zu egoistisch, narzisstisch", sagte er bereits nach vier Monaten bei den Bayern.
Durch Sätze wie diese verlor Rehhagel im weiteren Verlauf der Saison nicht nur den Rückhalt seiner Spieler, sondern auch die Rückendeckung durch die Vereinsführung. Die persönlichen Differenzen sollten am Ende auch den Ausschlag für die Entlassung von Otto Rehhagel geben. Zwar konnte er den FC Bayern nach einem Erfolg gegen den FC Barcelona ins Finale des Uefa-Pokals führen, die Lorbeeren dafür durfte er aber nicht mehr ernten.
Nach einer 0:1-Niederlage gegen Hansa Rostock am 30. Spieltag musste Rehhagel nach 42 Spielen seine "Otto, find ich gut"-Kappe nehmen. Interimsmäßig übernahm Franz Beckenbauer bis zum Saisonende, mit dem der FC Bayern gegen Girondins Bordeaux erstmals in der Vereinsgeschichte den Uefa-Pokal gewinnen konnte. Nachfolger von Rehhagel bei FC Bayern wurde sein Amtsvorgänger Giovanni Trapattoni.
Jürgen Klinsmann (Juli 2008 bis April 2009)
Mit den Vorschusslorbeeren des "Sommermärchen"-Machers bei der Heim-WM 2006 lotste man den ehemaligen Bayern-Star Jürgen Klinsmann zurück nach München, diesmal als Coach. Doch während seine zweijährige Zeit als Stürmer in München mit dem Erfolg im Uefa-Pokal (1995/96) und dem Sieg der Deutschen Meisterschaft (1996/97) Folgen für den Briefkopf des FC Bayern hatte, konnte Klinsmann als Bayern-Trainer seiner Vita keine weiteren Titel beisteuern.
Obwohl dem ehemaligen Weltklassestürmer laut Uli Hoeneß "die größte Machtfülle, die je ein Trainer bei Bayern München bekommen hat" zugestanden wurden, blieb der große Erfolg aus. Ein taktisches Konzept war unter Klinsmann nicht zu erkennen und auch sportlich lief es nicht so wie erhofft. Im DFB-Pokal wurde man am 4. März 2009 im Viertelfinale von Bayer Leverkusen mit 2:4 geschlagen, sechs Wochen später wurde man vom FC Barcelona im Viertelfinale aus der Champions League geworfen.

Als man am 29. Spieltag nach der 0:1-Pleite gegen Schalke 04 hinter Spitzenreiter Wolfsburg und Hertha BSC mit drei Punkten Rückstand nur noch auf Platz drei der Tabelle lag, zogen die Bayern-Bosse nach 43 Spielen die Reißleine und ersetzten Klinsmann durch Jupp Heynckes, der wenigsten noch die Titelverteidigung retten sollte. Doch am Ende reichte es für den Double-Gewinner der Vorsaison nur zum zweiten Tabellenrang und einer titellosen Spielzeit.
Jahre später gab Uli Hoeneß zu, dass er sich eigentlich schon mit Jürgen Klopp über eine Verpflichtung einig war, sich dann aber von Karl-Heinz Rummenigge zu Jürgen Klinsmann als Bayern-Trainer überreden ließ.
Carlo Ancelotti (Juli 2016 bis September 2017)
Carlo Ancelotti darf mit Fug und Recht als einer der erfolgreichsten Fußballtrainer bezeichnet werden. Mit dem AC Mailand, Chelsea London, Paris Saint-Germain, dem FC Bayern und Real Madrid gelang dem Italiener das einzigartige Kunststück, in fünf verschiedenen Ländern Meister zu werden. Als Nachfolger von Pep Guardiola setzte man an der Säbener Straße große Hoffnungen an den Weltklasse-Trainer.

Zwar konnte Ancelotti in seiner ersten Saison in München die Meisterschaft gewinnen, doch in der Nachfolgesaison konnte der Italiener weder sein Team noch die Vereinsbosse von seinem Tun überzeugen. Viele Spieler kamen mit dem "Laissez-faire"-Führungsstil Ancelottis nicht zurecht, warfen dem Trainer sogar vor, zu wenig und zu lasch trainieren zu lassen. Des Weiteren wurden dem Italiener Disziplinlosigkeiten in der Kabine und eine fehlerhafte Personalplanung unterstellt.
Zwar liest sich die sportliche Bilanz von Ancelotti beim FC Bayern durchaus beachtlich, von 60 Pflichtspielen unter seiner Führung konnten 43 Partien gewonnen werden, bei sechs Remis und neun Niederlagen. Und auch von einem Punkteschnitt von 2,28 würden viele Bundesliga-Trainer träumen. Dennoch war nach einer 0:3-Niederlage gegen PSG in der Champions-League-Gruppenphase für Ancelotti Schluss in München. Seine 15 Monate beim FC Bayern nannte der Italiener einige Jahre später mal als eine "einzige bittere Erfahrung."
Niko Kovac (1. Juli 2018 bis November 2019)
Ex-Spieler als Trainer zu installieren, hat beim FC Bayern eine lange Tradition. So auch Niko Kovac, der vom Sommer 2001 bis zum Sommer 2003 seine Fußballschuhe für die Münchner schnürte. 15 Jahre später kehrte der Kroate als frischgebackener DFB-Pokalsieger mit Eintracht Frankfurt (im Finale wurde der FC Bayern mit 3:1 geschlagen) an die Säbener Straße zurück.

Mit dem Gewinn des Double aus Meisterschaft und DFB-Pokal verlief seine erste Saison als Bayern-Trainer auch äußerst erfolgreich. Die Spielzeit danach sollte für Kovac aber alles andere als erfolgreich verlaufen. Mit teils nicht nachvollziehbaren Personalentscheidungen und Äußerungen verlor der Kroate den Rückhalt in der Kabine. Im Oktober 2019, als Kovac den Leistungsträger Thomas Müller aus der Startelf nahm, sagte er über Müller: "Wenn Not am Mann sein sollte, wird er mit Sicherheit auch seine Minuten bekommen" und degradierte damit den langjährigen Bayern-Akteur und 2014er-Weltmeister indirekt zum Notnagel. Spätestens zu diesem Zeitpunkt hatte Kovac bei seinen Spielern keinen guten Stand mehr. Wenige Wochen nach seiner „Notnagel"-Aussage und einer 1:5-Klatsche gegen sein altes Team von Eintracht Frankfurt war für Niko Kovac das Ende seiner Karriere als Bayern-Trainer angebrochen. Ersetzt wurde er von Hansi Flick, der mit dem FC Bayern das Sextuple aus Meisterschaft, dem Gewinn des DFB-Pokals, der Champions League, dem Uefa-Supercup, dem deutschen Superpokal und der Fifa-Klub-Weltmeisterschaft gewinnen konnte.
Julian Nagelsmann (Juli 2021 bis März 2023)
Mit 33 Jahren als zweitjüngster Trainer der Vereinsgeschichte und für eine Rekordablöse von kolportierten 20 Millionen Euro holte der FC Bayern im Sommer 2021 Julian Nagelsmann als Nachfolger von Hansi Flick, der den Posten des Bundestrainers annahm.
Nagelsmann startete seine Zeit als Bayern-Trainer mit einen 1:1 gegen Gladbach zu Saisonbeginn und dem Erfolg im DFL-Supercup-Finale gegen Borussia Dortmund vier Tage später. Während in seiner Premierensaison in München nach einer 0.5-Klatsche gegen Gladbach in der zweiten DFB-Pokal-Runde bereits Schluss war, konnte der FC Bayern unter Nagelmann mit sechs Siegen eine perfekte Champions-League-Gruppenphase absolvieren. Nachdem im Achtelfinale RB Salzburg noch bezwungen werden konnte (1:1 und 7:1) war jedoch im Viertelfinale gegen den FC Villareal früh Schluss in der Königsklasse. Nach einem 3:1-Erfolg gegen Borussia Dortmund konnte Nagelsmann am 31. Spieltag jedoch den zehnten Meistertitel der Bayern in Folge sichern.

Die zweite Saison verlief für Nagelsmann und die Münchner vielversprechend. Im ersten Pflichtspiel sicherten sich die Münchner den deutschen Supercup mit einem 3:5-Erfolg gegen RB Leipzig. Im erste Saisonspiel wurde Frankfurt mit 1:6 abgefertigt, nach einem 2:0 gegen Wolfsburg wurde am 3. Spieltag Bochum mit 7:0 nach allen Regeln der Kunst demontiert.
Auch in der Champions League sollte das Kunststück einer perfekten Gruppenphase wiederholt werden. Nach dem man Paris Saint-Germain im Achtelfinale ausgeschaltet hatte, im Viertelfinale des DFB-Pokals stand und trotz 1:2-Niederlage gegen Bayer Leverkusen in der Bundesliga, mit nur einem Zähler Rückstand auf Borussia Dortmund auf Platz zwei stand und damit noch in allen drei Wettbewerben aussichtsreich im Rennen lag, wurde Julian Nagelsmann am 24. März 2023 überraschend als Bayern-Trainer entlassen und durch Thomas Tuchel ersetzt, der statt dem möglichen Triple am Ende nur mit Glück den Meistertitel nach München holen konnte.
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