"Mental müde, emotional müde, physisch müde": Bayern-Trainer Tuchel sorgt sich um seine Nationalspieler
München - Shenzhen ist eine Metropole im Südosten Chinas. Zeitverschiebung plus sieben Stunden, rund 9.000 Kilometer Luftlinie, die Flugzeit von Peking nach München beträgt knapp elf Stunden. In Shenzhen hat Bayerns Min-jae Kim mit der Nationalelf Südkoreas am Dienstag in der WM-Qualifikation 3:0 gegen Gastgeber China gewonnen - danach ging's flugs ab in den Flieger.
Alphonso Davies und Min-jae Kim im Reisestress
Toronto gehört zur kanadischen Provinz Ontario. Zeitverschiebung minus sechs Stunden, genau 6.626 Kilometer Luftlinie nach München, knapp acht Stunden Flugzeit. Hier unterlag Meilensammler Alphonso Davies mit den Kanadiern trotz seines Führungstreffers Jamaika mit 2:3. Am Donnerstag kehrte auch er an die Säbener Straße zurück, am Freitagvormittag geht's im Privatcharter mit den Bayern-Teamkollegen nach Köln zum Freitagabendspiel (20.45 Uhr live bei DAZN und im AZ-Liveticker) des 12. Bundesliga-Spieltags.
Damit die Spieler noch eine Nacht mehr bei ihren Liebsten haben, reisen die Bayern erst am Spieltag an - trotz Aussicht auf den ersten Wintereinbruch. Am Donnerstag gab's das Wiedersehen der Spieler, die aus allen Himmelsrichtungen kamen. Während sich in Wien Konrad Laimer und die DFB-Kicker um Thomas Müller, Leon Goretzka, Joshua Kimmich, Leroy Sané und Serge Gnabry begegneten und eine kurze Rückreise hatten, waren andere zuletzt in Tansania (der Marokkaner Noussair Mazraoui gewann in Daressalaam 2:0), in Frankreich (Mathys Tel bei der U21), in Nordmazedonien (Harry Kane mit England/1:1) oder in Griechenland (Kingsley Coman und Dayot Upamecano) im Einsatz. Dass Coman beim 2:2 in Athen nur eine knappe halbe Stunde und Innenverteidiger Upamecano gar nicht zum Einsatz kam, war eine gute Nachricht für Thomas Tuchel. Überhaupt seien "alle Spieler gesund, das ist das Wichtigste".
"Tuchel: "Sehr, sehr unglücklichen Ansetzung"
Sind sie auch bereit für die Partie in Köln? Körperlich und mental? Kaum, findet Tuchel, der Leidtragende der Ansetzung, die er auf TV-Rechte zurückführt. Schon vor der Länderspielpause hatte er die Terminierung ironisch als "kleines Bonbon" bezeichnet. Da käme "richtig Freude auf". Am Donnerstagnachmittag wiederholte der 50-Jährige seine Kritik, sprach von einer "sehr, sehr unglücklichen Ansetzung". Kölsche Kamelle eben.
Auch bei der ersten Länderspielperiode der Saison im September hatten die Bayern am Freitagabend zu Hause gegen Leverkusen rangemusst - 2:2. Während damals beide Trainer zig Absenzen beklagten, waren es nun bei Kölns Chefcoach Steffen Baumgart weniger. Darin sieht Tuchel, wenn auch unausgesprochen, den Nachteil für seine Bayern - und weil man eben wieder reisen müsse.
Alle Nationalspieler stehen unter Beobachtung
Ein generelles Problem im Milliarden-Business Fußball. Tuchel holte zu einer kleinen Wutrede aus gegen den Kreislauf, den man auf mehr Spiele, mehr Geld - und umgekehrt verknappen kann. Die jeweiligen Nationaltrainer hätten das Feedback gegeben, "dass die Jungs müde sind. Mental müde, emotional müde, physisch müde". Das Problem: "Die Leute wollen die besten Spieler mit Freude und Lust Fußball spielen sehen. Das ist in dem Kalender an der absoluten Grenze, wenn nicht drüber." Und wird von Jahr zu Jahr schlimmer und schlimmer. Tuchel erbost weiter: "Da kommen nächstes Jahr noch zwei Champions-League-Spiele dazu, da kommt ein Turnier im Sommer, das ist einfach an der Grenze." Was er meint: Die aufgeblähte Vorrunde der neuen Königsklasse 2024/25 mit dann acht Gruppenspielen (je nach Platzierung müssen einige Klubs noch vor dem Achtelfinale zwei Playoff-Duelle austragen) und die neue Fifa-Klub- WM 2025 in den USA. Bayern ist sicher dabei, drei Gruppenspiele Minimum.
Um den Spielern für Köln beim Thema Überbelastung kein Blanko-Alibi auszustellen, er sagte: "Wir werden nicht drauf rumreiten, sondern müssen uns den Gegebenheiten anpassen." Jamal Musiala und Matthijs de Ligt fallen verletzt aus, hinter dem Einsatz von Raphael Guerreiro (muskuläre Probleme nach der Länderspielreise!) steht ein Fragezeichen. Rein medizinisch stünden alle Nationalspieler "unter Beobachtung", so Tuchel. Kann sein, dass Jetlag und Blutwerte der Profis über seine Aufstellung entscheiden.