Interview

Mainz-Manager Heidel über Flick: "Könnte ein sehr, sehr guter DFB-Trainer werden"

Christian Heidel gilt als einer der meinungsstärksten Manager der Bundesliga: Im AZ-Interview spricht der Mainz-Boss über Schalke, Ausstiegsklauseln bei Trainern – und einen Bundestrainer Hansi Flick.
Krischan Kaufmann
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Bald im Trainingsanzug des DFB? (Noch)-Bayern-Trainer Hansi Flick.
Bald im Trainingsanzug des DFB? (Noch)-Bayern-Trainer Hansi Flick. © IMAGO / Eibner

München/Mainz - AZ-Interview mit Christian Heidel: Der gebürtige Mainzer (57) etablierte den FSV in der Bundesliga, wechselte dann 2016 zum FC Schalke und ist seit Anfang des Jahres nun wieder auf der Kommandobrücke bei den 05ern.

AZ: Herr Heidel, eigentlich wollen wir ja über das Spiel des FC Bayern in Mainz sprechen. Aber aus gegebenem Anlass zuerst die Frage: Wie nahe geht Ihnen der Abstieg ihres Ex-Klubs Schalke 04?
CHRISTIAN HEIDEL: Es geht mir sehr nahe, auch weil ich dort noch viele Freunde habe. Aber ich bin schon zweieinhalb Jahre weg von dort, und Schalke soll doch jetzt hier auch nicht das Thema sein.

Den quasi entgegengesetzten Weg zu Schalke hat nun schon seit einigen Wochen Ihr FSV Mainz 05 eingeschlagen...
Für uns läuft in der Rückrunde aktuell alles zusammen, alle ziehen an einem Strang, und das ist die Basis dafür, dass man erfolgreich Fußball spielen kann. Hier sind auch keine Wunderdinge passiert, sondern wir haben einfach analysiert, an was es liegen könnte und dann versucht, einen anderen Weg einzuschlagen.

Heidel: "Es gibt keinen Grund zur Euphorie"

Bislang mit Erfolg.
Wir haben auch nicht damit gerechnet, dass wir 24 Punkte in den ersten zwölf Spielen holen würden. Aber es kann auch ein Vorteil sein, wenn alle einen schon abgeschrieben haben. Mit nur sieben Punkten nach der Hinrunde hat ja bislang noch kein Verein jemals den Klassenerhalt geschafft. Aber gleichzeitig sage ich: Es gibt keinen Grund zur Euphorie, denn ich weiß, wie viele schwere Spiele wir noch haben.

Wenn's am Ende klappt, wäre es dann ja doch wieder eine Art Mainzer Wunder.
Es ist auf jeden Fall ein großer Ansporn für uns. Damit könnten wir Bundesligageschichte schreiben.

Mainz-Manager Christian Heidel.
Mainz-Manager Christian Heidel. © dpa/Tobias Hase

Sie sind zurück beim FSV, haben dort Ex-Coach Martin Schmidt als Sportdirektor installiert und Vereins-Urgestein Bo Svensson zum Trainer berufen – und siehe da: Es läuft wieder. Sogar der ehemals aussortierte Adam Szalai wird in den letzten Wochen immer wichtiger. Es scheint also so etwas wie eine FSV-Erfolgs-DNA zu geben. Wie würden Sie dieses Mainzer "Mia san mia" beschreiben?
Mein Ansatz, als ich hier wieder eingestiegen bin, war es Leute zu finden, denen man Mainz 05 nicht erklären muss, die die Mannschaft kennen – und die gut zusammenpassen. Von Martin weiß ich, dass er dieses Mainzer Fußballdasein versteht. Und bei Bo habe ich schon während seiner aktiven Spieler-Karriere erkannt, dass in ihm ein Trainer steckt. Ich musste ihn zwar erst zum Trainerjob überreden, denn eigentlich wollte er Lehrer an einer Schule in Dänemark werden. Aber ich habe ihn dann zu uns ins Nachwuchsleistungszentrum geholt – und es gibt schlechtere Anfänge für einen jungen Trainer, als seine Karriere in Mainz zu beginnen. Kurzum: Als Martin und Bo zugesagt haben, habe ich gewusst, dass wir diese besondere Mainzer Atmosphäre, die in den letzten Jahren sicherlich ein wenig verloren gegangen ist, wieder zurückbringen können.

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Svensson ist auch kommende Saison Trainer in Mainz

Svensson hat in kürzester Zeit die Wende geschafft, lässt dazu einen erfrischenden Offensiv-Fußball spielen. Kann er in Mainz eine ähnliche Ära prägen wie einst Jürgen Klopp oder Thomas Tuchel?
Mainz 05 ist eine sehr gute Adresse für den Start in eine Trainerkarriere. Wir reden ja nicht nur über Jürgen und Thomas, sondern auch Marco Rose oder Sandro Schwarz haben hier begonnen. Es gibt kaum einen Verein, bei dem so viele heutige Bundesliga-Trainer ihre Karriere gestartet haben. Das liegt aber auch daran, dass wir in Mainz immer Mut bewiesen haben, jungen, unerfahrenen Trainern, die zugleich über viel Potenzial verfügen, die Chance zu geben, sich hier zu entwickeln. Wenn man Jürgen Klopp fragt, was das Wichtigste in seiner Karriere war, sagt er: In Mainz konnte ich Jürgen Klopp werden, hier hat mir niemand reingeredet. Und deshalb darf auch Bo Svensson hier Bo Svensson werden. Der Trainer ist der König in der Kabine – das ist das Geheimnis dieser Trainer-Schule in Mainz.

Angesichts der Entwicklung auf dem Trainermarkt müssen Sie ja Sorge haben, dass Svensson irgendwann dem Lockruf eines sportlich wie finanziell besser aufgestellten Konkurrenten erliegt?
Da mache ich mir aktuell gar keine Sorgen. Mainz ist sein Verein, und ihm war in unseren Gesprächen auch sehr wichtig, dass wir im Falle eines Abstiegs von diesem eingeschlagenen Weg nicht abrücken. Er ist authentisch - übrigens eine ganz wichtige Eigenschaft für einen Trainer -, und ich weiß, dass ich mich auf ihn verlassen kann.

Sie würden mit Bo Svensson im Zweifel auch in der Zweiten Liga einen Neuanfang wagen?
Dass Bo Svensson hier in der nächsten Saison Trainer ist, ist in Stein gemeißelt, egal was passiert. Ich bin von ihm überzeugt, auch wenn wir mal ein paar Spiele verlieren sollten.

"Der Trainer ist die wichtigste Person im Klub"

Was halten Sie von seinen Kollegen Adi Hütter und Marco Rose, die nun Ausstiegsklauseln in ihrem Vertrag genutzt haben, um zu einem Konkurrenten zu wechseln?
Ich finde es unfair, jetzt den Trainern den Schwarzen Peter zuzuschieben, weil sie etwas machen, was sie vorher so mit ihrem Arbeitgeber vereinbart haben. Eine Ausstiegsklausel schreibt man ja nicht in einen Vertrag, um sie dann nicht ziehen zu dürfen. Dass das für den abgebenden Verein natürlich unangenehm ist, weil man sich darauf schlecht vorbereiten kann, ist auch klar. Ich selbst hatte aber so einen Fall noch nicht. Ich weiß auch nicht, ob ich so eine Klausel akzeptieren würde, weil so etwas einen Verein wirklich umhauen kann. Der Trainer ist nun mal die wichtigste Person in einem Klub.

Weil es gerade in München ein Thema ist: Wie viel Mitspracherecht räumen Sie Ihren Trainern bei Transfers ein?
Wir finden, dass der Trainer die Spieler, die wir holen, auch wollen muss, denn er muss sie ja auch aufstellen. Ich weiß aber, dass da die Politik in großen Klubs auch mal anders sein kann.

Ist ein Vetorecht bei Transfers, so wie es Hansi Flick bei Bayern forderte, zu viel verlangt, oder für einen Trainer, der in einer Saison sechs Titel gewonnen hat, nicht doch angemessen?
Bei uns wird das zwar nicht so genannt, aber klar ist: Wenn der Trainer gegen die Verpflichtung eines Spielers ist, wird er nicht geholt. Aber das gilt genauso, wenn ich gegen die Verpflichtung eines Spielers bin. Alles andere ist in meinen Augen sinnlos.

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Inwieweit darf sich ein Verein von seinem leitenden Angestellten abhängig machen?
Dass ein Trainer, der erfolgreich ist, eine sehr starke Position hat, ist normal. Das war aber schon immer so. Bei Bayern wird jetzt ja nur darüber diskutiert, weil Hansi Flick sagt, er würde gerne trotz Vertrags den Verein verlassen. Das ist natürlich eine schwierige Situation für einen Klub, bei allem Verständnis für Hansi Flick. Ich hatte ja einen ähnlichen Fall mit Thomas Tuchel (verließ Mainz 2014 trotz eines laufenden Vertrags, d. Red.).

Der wollte aber nicht Nachfolger von Jogi Löw werden. Würden Sie einen Bundestrainer Hansi Flick begrüßen?
Ich werde da jetzt keine Empfehlung aussprechen. Aber ich kenne ihn schon lange, und man sieht ja an der Arbeit, die er in München geleistet hat, dass er ein sehr, sehr guter Trainer ist. Und ich glaube ein sehr, sehr guter Trainer des FC Bayern könnte auch ein sehr, sehr guter Trainer des DFB werden.

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2 Kommentare
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  • Downy am 25.04.2021 15:36 Uhr / Bewertung:

    Fragt mal in Schalke nach, wie beliebt der Herr Heidel dort ist.

  • Graf Rotz von Falkenschiss am 24.04.2021 14:16 Uhr / Bewertung:

    Der Herr Heidel aus Mainz! Bei ihm kann man schon geteilter Meinung sein. Nachdem ihm der FSV Mainz zu klein geworden ist hat er sich anschließend bei allen anderen Posten wahrlich nicht mit großem Ruhm bekleckert.

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